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Batterien sind längst zur echten Option an Bord geworden. Abgesehen von Überlegungen hinsichtlich des Einsatzzwecks macht es derzeit keinen Sinn auf bessere Konditionen zu warten – billiger wird es kaum. Die Brennstoffzellentechnologie könnte für noch mehr Schub sorgen

Angesichts der technischen Entwicklungen in Sachen Batterietechnologie und der neuen Emissionsvorschriften hat sich Jan-Erik Räsänen, Head of New Technologies[ds_preview] beim finnischen Schiffsdesign- und Beratungsunternehmen Foreship, die Fortschritte von Energiespeichersystemen und Brennstoffzellen als emissionsfreie alternative Energiequellen für Schiffe näher angeschaut.

»Batterien oder Energiespeichersysteme (ESS) auf Basis von Lithium-Nickel-Mangan-Cobalt-Oxid (NMC) basieren auf einer 45 Jahre alten Technologie, die von einer kontinuierlichen Leistungs- und Kostenoptimierung profitiert hat. NMC ist die Batterie der Wahl für Elektrowerkzeuge, E-Bikes und andere elektrische Antriebsstränge, und diese Dominanz macht es anderen Technologien schwer«, sagt er.

Eine Alternative sei Lithium-Titanat-Oxid (LTO), das NMC bei höherer Leistung übertreffe und dessen schnellere Wiederaufladung sich besonders für Anwendungen mit hoher Lebensdauer, wie beispielsweise Kurzstreckenfähren, eigne. Allerdings habe LTO aus Kostengründen nur langsame Fortschritte gemacht, ohne Skaleneffekte koste die Lösung mehr als das Doppelte des vergleichbaren NMC ESS.

Eine neuere Technologie für industrielle Anwendungen kombiniert LTO mit Lithium-Mangan-Oxid (LMO). »Dieser vielversprechende Hybrid bietet eine höhere Lebensdauer als LTO bei ähnlichen Kosten wie NMC«, sagt Räsänen, der erwartet, dass LMO künftig NMC und LTO ersetzt. Die Technologie werde konservativ geschätzt in sechs bis acht Jahren kommerziell nutzbar sein. Er erwartet, dass die Industrie auf absehbare Zeit die derzeitige Technologie weiter hinsichtlich Leistung und Kosten optimiert, bevor sie zu neuen Chemikalien oder Technologien übergeht. Heute sei die Marktführerschaft von NMC-ESS für praktische Zwecke im maritimen Kontext von höchster Bedeutung. Tatsächlich habe die NMC-Technologie trotz ihrer Reife erhebliche Fortschritte bei der Optimierung gemacht – mit Kapazitäten für weitere Verbesserungen. Die Durchschnittspreise sind Räsänen zufolge in den letzten fünf Jahren um rund 45% gesunken. Zell- und Modulkosten nähern sich aber schon den Rohstoffpreisen, sodass in Zukunft nur noch mit marginalen Reduzierungen zu rechnen ist. Gleichzeitig sinken die Kosten für Kühlung, Racking, Verkabelung, Integration und Zulassung nicht. Sie können laut Räsänens Aussage im Gesamtkontext aber erheblich sein. So scheine es immer weniger sinnvoll, aus Kostengründen noch mit einer Investition zu warten.

Brennstoffzelle als Alternative

Für große Schiffe – insbesondere Kreuzfahrtschiffe – hält Räsänen eine Kombination aus Batterie, Verbrennungsmotor und Brennstoffzelle für das wahrscheinlichste Szenario. Tatsächlich beobachte man bei Foreship ein stark zunehmendes Interesse an Brennstoffzellen, um die Effizienz von Verbrennungsmotoren zu verbessern.

Brennstoffzellen bieten je nach Technologie einen elektrischen Wirkungsgrad von bis zu 65%, bei geringerem Geräusch- und Vibrationsaufkommen. Die derzeit vielversprechendste Technologie ist Räsänen zufolge die Polymerelektrolyt-Brennstoffzelle (PEM), deren Einsatz in der Automobilindustrie einen niedrigeren Preis pro Energieeinheit gebracht habe, als es bei der weniger ausgereiften Festoxid-Brennstoffzelle (SOFC) der Fall sei.

Ein Vorteil der PEM-Brennstoffzelle ist die wesentlich höhere Leistungsdichte. Das könnte sich jedoch ändern: Die SOFC hat das Potenzial für eine Effizienzsteigerung auf 65-70%; derzeit beträgt der Wirkungsgrad der Energieumwandlung von Wasserstoff in Strom einer »konventionellen« PEM-Zelle 40 bis 45%. PEM ist hochempfindlich gegenüber Verunreinigungen im Wasserstoff, wie Schwefel und CO, erfordert ein komplexes Wassermanagement bei moderater Lebenserwartung, wenn andere Primärbrennstoffe als reiner Wasserstoff verwendet werden. »Dies sind nur zwei der Gründe, warum große Anstrengungen unternommen werden, um die Entwicklung der SOFC-Technologie zu beschleunigen. Durch den Betrieb bei hohen Temperaturen (bis zu 800° C) wird erwartet, dass die SOFC in Zukunft einen Wirkungsgrad von bis zu 85% einschließlich der Abwärmenutzung erreichen kann«, sagt Räsänen. SOFC könne innerhalb der nächsten zehn Jahre zu einem bedeutenden Wettbewerber werden.

Mit der SOFC an Bord von Schiffen wurden bereits einige Erfahrungen gesammelt, darunter Tests auf dem Frachter »Forester« im SchiBZ-Projekt. Räsänen erwartet, dass eine einzelne SOFC-Einheit in naher Zukunft von heute 50kW auf 120kW skalierbar sein wird, mit Baugrößen bis zu 10MW, wenn einzelne Einheiten kombiniert werden.

Betrieb mit Brennstoffzellen

Weitere technische Fragen werden aus betrieblichen Gründen entschieden. So ist beispielsweise für die variable Last mit relativ schneller Start-Stopp-Sequenz die PEM-Technologie am besten geeignet. Für stabile Last bei hohem Leistungsbedarf bietet sich wiederum die SOFC-Technologie an. Für beide Lösungen wird oft ein Batteriesystem für Spitzenlasten benötigt, um die Last für die Brennstoffzellen stabil zu halten und so die Lebensdauer zu verlängern. Die höhere Betriebstemperatur von SOFC-Lösungen gegenüber ihren PEM-Pendants (800° C vs. 75° C) führt dazu, dass die Systemkomponenten teurer und komplexer sind, mit deutlich längeren An- und Abschaltzyklen sowie langsameren Lastwechseln.

»Da es mehrere kommerzielle Pilotprojekte im Bereich von Hunderten von Kilowatt pro Anlage gibt, ist davon auszugehen, dass Brennstoffzellen in den nächsten zehn Jahren auf Schiffen immer häufiger eingesetzt werden. Der nächste Schritt sind Installationen im Megawattbereich«, sagt der Experte. Die Leistungsdichte werde sich verbessern, während der Preis pro Kilowatt sinken werde. Beide Technologien hätten jedoch vorerst relativ hohe Kosten gemessen am Energieertrag.

Welcher Brennstoff macht’s?

Heute nutzen alle Brennstoffzellentechnologien Wasserstoff bei der Umwandlung chemischer in elektrische und thermische Energie durch Oxidation. Andere mögliche Primärbrennstoffe sind Erdgas bzw. LNG, Biogas bzw. LBG, Methanol, Ethanol und andere Kraftstoffe mit niedrigem Flammpunkt wie Diesel.

Methanol ist leicht zu handhaben, stabil zwischen -93° C und +65° C und kann intern sowie extern reformiert werden. Preislich liegt es über MGO und benötigt aufgrund des geringen Heizwertes das zweifache Tankvolumen bei gleicher Energiemenge. LNG mit der Hauptkomponente Methan ist der Kohlenwasserstoffkraftstoff mit dem niedrigsten Kohlenstoffgehalt. Wegen des Siedepunkts bei -163° C bei 1 bar benötigt LNG eine isolierte Lagerung. SOFC-Systementwickler bevorzugen LNG, das entweder intern oder extern reformiert werden kann (bei PEM immer extern). »Da Methanol heute hauptsächlich aus Erdgas hergestellt wird, ist der Schritt der Umwandlung ein zusätzlicher Faktor für die Bevorzugung der SOFC-Option im marinen Kontext«, so Räsänen.

Wasserstoff ist mit seinem Siedepunkt von -253° C bei 1bar, schwer zu speichern und hat flüssig (LH2) den vierfachen Platzbedarf von MGO. H2 kann aus Meerwasser durch Elektrolyse oder aus reformiertem Erdgas (wie heute der größte Teil des Wasserstoffs) gewonnen werden, ist aber im IGF-Code noch nicht als Kraftstoff definiert. Zudem hält Räsänen die Speicherung an Bord größerer Schiffe heute nicht für möglich.

Also PEM oder SOFC? Ein Gewinner steht jedenfalls schon fest, sagt Räsänen: »Da sowohl die PEM- als auch die SOFC-Technologie eine stabile, hohe Last erfordern, um effizient zu arbeiten werden Batterien eine wichtige Rolle spielen.«