Peter Strandberg, Chef von Yara Marine, hat eine klare Meinung zur Zukunftsfähigkeit von Scrubbern – und zur Kritik daran. Er setzt auf wissenschaftliche Argumente und die Öko-Bilanz. Von Michael Meyer

Umweltpolitische Regulierung der Schifffahrt sei zweifelsohne eine wichtige und richtige Sache. Aber: »Ich sehe es als unsere derzeit wichtigste Aufgabe[ds_preview], die Öffentlichkeit und die Politik zu überzeugen, dass ein Scrubber eine gute Lösung ist«, sagt der CEO des norwegischen Unternehmens im Gespräch mit der HANSA.

Angesichts einiger regionaler Open-Loop-Verbote und der Sorge vor Gewässerverunreinigungen durch die Endprodukte der Anlagen glauben diverse Beobachter nicht an die Zukunftsfähigkeit der Technologie. »Ich weiß das, aber man sollte bei der Regulierung auf die Wissenschaft hören, nicht auf unprofessionelle Meinungsäußerungen«, betont Strandberg. Er verweist auf Studien, die die hohe Qualität des sogenannten »Discharge Water«, also des letztlich zurück ins Meer geleiteten Wassers, belegen.

Über den Gehalt, Messbedingungen und Interpretationen solcher Studien wird in der Branche viel gestritten, die Debatte würde Seiten füllen. Bei Yara setzt man daher auf weitere Argumente.

Die Technologie ist in Strandbergs Augen schon jetzt gut, könne aber natürlich immer verbessert werden. Daran arbeite man kontinuierlich, um das Abgas noch stärker zu reinigen. Mit Blick auf die Alternative niedrigschwefeliger Kraftstoff sagt er: »Schwefel ist schädlich. Aber was ist mit den Partikelemissionen beim Diesel? Partikelemissionen sind die größten Gesundheitsgefahren und ihr Ausstoß ist beim Diesel weit größer als bei Heavy Fuel Oil.« Bei Schweröl sei zwar der CO2-Ausstoß bedeutend, aber der könne gefiltert werden. »HFO mit Scrubber würde 80% weniger Partikelemissionen bedeuten«, so der CEO weiter.

Ein weiteres Argument von Kritikern, dass er nicht unkommentiert lassen will, ist der »Business Case«. Weil heute die niedrigschwefeligen Kraftstoffe mangels Masse noch recht teuer sind, lohnt sich die Abgasreinigung. Sobald die Verfügbarkeit der Kraftstoffe wie erwartet global sichergestellt ist… »Es wird auch weiterhin Schweröl geben, als Abfallprodukt der Raffinerien. Das war einer der ursprünglichen Gründe für die Nutzung in der Schifffahrt und das wird es auch bleiben«, sagt der Norweger und fragt: »Wo soll das Schweröl sonst hin? Jemand wird es loswerden wollen und daher wird es günstig sein.«

Die Tochter des Düngemittel-Konzerns Yara versucht seit längerem, deutlich zu machen, dass es bei der Betrachtung von Umweltschutz, Technologie und Kosten sehr oft auf den Einzelfall ankomme. Je nach Region und Wasserbedingungen könne das Urteil unterschiedlich ausfallen. Dabei spricht man sich für weitere, unabhängige Forschung aus, um die Debatte zu versachlichen. Yara selbst beteiligt sich an einigen Projekten, unter anderem zur potenziellen industriellen Nutzung von Scrubber- bzw. Abgasrückständen.

Letztlich aber hängt alles – also der Erfolg für Yara – davon ab, ob man die Öffentlichkeit und die Politik sowie nicht zuletzt die Geldgeber und Banken – die sich verstärkt einen grünen Anstrich geben – , überzeugen kann. Möglich wäre das, »wenn wir es schaffen klarzumachen, dass ein Scrubber eine bessere Alternative ist als Gasöl«, weiß auch der erfahrene Manager, der die politisierte Debatte aufmerksam verfolgt. Auch mit einem Blick auf LNG, das sehr oft als Heilmittel herhalten muss, letztlich aber eine Übergangs-, weil fossile Lösung ist. »LNG ist eine politische Alternative. Es hat zwar keinen CO2-Fußabdruck, aber dafür entstehen bei dieser Antriebstechnologie Methan-Emissionen und das ist weit schlimmer als CO2«, meint Strandberg.

Der Konzern hatte schon im Herbst 2018 auf ein Papier der europäischen NGO Transport & Environment verwiesen, wonach LNG für die Umwelt aufgrund der Methan-Problematik bei Produktion, Lagerung und Verbrennung schädlicher sein kann als Diesel, Petroleum oder Schiffskraftstoff, zumindest langfristig.

Konsolidierung möglich

Im harten Wettbewerb der Scrubber-Hersteller erwartet Strandberg noch eine gewisse Konsolidierung, wenn auch nicht in allzu großem Umfang: Aktuell teilen sich viele Anbieter die Marktanteile, wobei die Top 5 großen Vorsprung haben (siehe S. 48). »Ich glaube, es gibt Platz für jeden. Aber ich glaube auch, dass einige kleinere Akteure schwierige Zeiten haben werden. Viele Anbieter kommen »von Land«, die Umstellung auf das System Schiff ist nicht leicht«, so der Yara-Marine-CEO. Auf einem Schiff gibt es deutliche Größenbeschränkungen, viel muss in die bestehende Struktur integriert werden, »das ist kompliziert«.

Yara selbst liegt derzeit auf Rang 4, kürzlich überholt von Ecospray. Der US-Kreuzfahrtriese Carnival sorgt dort für gute Verkaufszahlen.

2012 hatte Yara das erste Produkt ausgeliefert. Produziert wird in den USA, in Estland und in China. Von zwei installierten Scrubbern pro Monat hat man das Geschäft auf heute 30 Anlagen ausgeweitet und damit vom »Scrubber-Run« der vergangenen Monate profitiert. 80% davon sind Open-Loop-Scrubber, allerdings viele »hybrid-ready«. Sorge vor weiteren Verboten dieser Technologie wie unter anderem in China sowie in Teilen der USA und Europas hat Strandberg nicht. Das gehöre zum Argument »Politik«. Außerdem könne man auch auf close-loop umsteigen, falls erforderlich. »Die Technologie haben wir.« Vorrangig liegt aber weniger Ingenieurs- als mehr Überzeugungsarbeit vor ihm. Dafür investiert nicht nur Strandberg sehr viel Zeit und Aufwand: »Das ist nicht leicht, aber das ist unser Job.« Aus der norwegischen Politik gab es bislang übrigens kein positives Feedback auf sein Ansinnen.


Michael Meyer