Es wird viel abgewogen in der nationalen und internationalen Reedergemeinde. Neubau-Aufträge oder Zurückhaltung? Secondhand-Käufe oder Zurückhaltung? Mehr[ds_preview] oder minder feste Kooperationen oder Zurückhaltung?
Das alles ist nicht neu, wurde in der langen Krise zuhauf gemacht, gerade hier in Deutschland. Doch es scheint sich etwas getan zu haben in der jüngsten Vergangenheit, die Überlegung führt wieder öfter zum Entschluss, aktiv zu werden, wenn auch auf bescheidenem Niveau – oder sollte man sagen gesundem Niveau?
Ein Blick in die Containerschifffahrt zeigt: Einerseits wächst die Flotte munter weiter, zuletzt wurde die Marke von 23Mio. TEU überschritten. Jedoch lohnt ein Blick hinter die Kulisse der imposanten Bilder heutiger neuer Schiffe.
Denn andererseits nähert sich das Orderbuch das erste Mal seit langer Zeit wieder einem einstelligen Anteil an der Flotte, im August lag er bei 10,0%. Zum Vergleich: Ende 2018 waren es 12,6%, Anfang 2017 sogar 15,7% und vor genau vier Jahren gar 21,8%, also mehr als doppelt so hoch wie heute.
Es gibt bekanntlich sehr unterschiedliche Meinungen zum optimalen Wachstum, je nachdem welche Interessen der Meinungsgeber hat. Aber unabhängig von der wohl nie endenden Debatte um Sinn oder Unsinn von immer größeren Frachtern – erneut: je nach Interesse der Beteiligten – scheint die Branche Wert auf ein moderates Wachstum zu legen.
Ein Beispiel aus Deutschland ist Hapag-Lloyd: Bei allem Kampf um Marktanteile ist die nächste Neubauserie noch nicht fix. Es wird weiter über 23.000-TEU-Schiffe verhandelt, man will nichts überstürzen, nachdem man ohnehin längere Zeit zurückhaltend war.
Die Schulte-Gruppe hat sich jüngst 500Mio. $ an chinesischem Leasing gesichert. Was damit getan wird, ist noch unbekannt, Neubauten sind eine Option.
Andere deutsche Akteure sind auf dem Secondhand-Markt aktiv, beispielsweise die Reederei Foroohari.
Was das alles für die Befrachtung bedeutet, muss erst noch abgewartet werden. Noch immer kämpfen Eigner gegen die große Marktmacht der schrumpfenden Anzahl an Linien. In diesem Sinne dürfte auch die Fusion der Chartering-Aktivitäten von MPC und Zeaborn zu verstehen sein, die kürzlich für Aufsehen gesorgt hat. Immerhin entsteht ein Makler mit Zugriff auf 160 Containerfrachter.
Die Modernisierung der Flotte wird angesichts zunehmender Regulierung weiter gehen. Das ist notwendig, in der Container- wie etwa auch in der MPP-Schifffahrt. Experten meinen, das die MPP-Branche in dieser Hinsicht noch einiges tun muss. Viele ältere Frachter stehen einem verhältnismäßig kleinen Orderbuch von knapp über 2% gegenüber, jedes fünfte Schiff ist älter als 15 Jahre. Gerade die großen Carrier und Eigner halten sich mit Neubau-Aktivitäten merklich zurück. Darin liegt eine Chance für die vielen kleinen und mittelgroßen deutschen Trampreeder – sofern sie Zugang zu Kapital haben.
Aber das ist, unabhängig von Größe und Geschäftsfeld der Reedereien, eine ganz andere Debatte – auf die wir im Übrigen beim nächsten HANSA-Forum im November zurückkommen werden …
Viel Spaß beim Lesen
Michael Meyer