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Nach der Commerzbank zieht sich auch die NordLB aus der Schiffsfinanzierung zurück. Die Kreditsumme der deutschen Geldinstitute sinkt weiter dramatisch ab. Das verstärkte Engagement kleinerer Banken kann die Ausfälle nicht kompensieren.

Die schiffsfinanzierenden Banken in Deutschland sind weiter auf dem Rückzug. Die Förderbank KfW IPEX ist mit einem stabilen Portfolio die[ds_preview] große Ausnahme, kleinere Banken wie die Deka oder die OVB haben ihr Engagement in der Schifffahrt sogar ausgebaut. In der Mehrzahl aber schmelzen die Kreditvolumina dahin wie Butter in der Sonne.

Im Verlauf des Jahres 2018 wurden die Forderungen der wichtigsten sieben Banken nochmal um gut 12 Mrd. € auf 42,6 Mrd. € verringert. Zum Vergleich: 2010 war die Summe mit 111,5Mrd. € weit mehr als doppelt so hoch.

Es sind die einstigen »Big Player« der globalen Schiffsfinanzszene, die in den Nachwehen der 2008 ausgebrochenen Finanzkrise die radikalsten Schritte ergriffen haben: HSH Nordbank, Commerzbank und NordLB.

Allein diese drei hielten Ende 2010 noch 72,5 Mrd. € an ausgegebenen Schiffskrediten. Knapp zehn Jahre später sind es zusammen weniger als 10 Mrd. €. Bis Ende 2021 bleibt davon vermutlich nur gut die Hälfte und auch nur noch eine ernst zu nehmende schiffsfinanzierene Bank übrig – die Hamburg Commercial Bank (HCOB) als privatisierte Nachfolgerin der skandalumwitterten HSH Nordbank.

Commerzbank

Früher als bei jeder anderen Bank hatte der Vorstand der Commerzbank im Jahr 2012 den Ausstieg aus der Schifffahrt bis 2020 verkündet. Nach der Übernahme der Dresdner und der Schiffsbank war man einst die weltweite Nr. 2 hinter der HSH Nordbank. Dann hieß es: runter von 23 Mrd. € auf »Null«. Eine unumkehrbare Entscheidung, die früher als gedacht umgesetzt wurde.

Über zunächst 11 Mrd. € (2014) und 4,8 Mrd. € (2018) wurden die bestehenden Forderungen gegenüber den Reedern bis Ende 2018 radikal auf 1,4 Mrd. € reduziert. Im ersten Halbjahr 2019 folgte der Ausverkauf. So wurden unter anderem acht bei Claus-Peter Offen laufende MR2-Tanker an den Londoner Investor Tufton Oceanic verkauft.

Laut bis heute unbestätigter Berichte wurden die letzten 38 Schiffe im Wert von 0,4 Mrd. € »en bloc« an den US-Investor Davidson Kempner Capital Management verkauft. Das Abbausegment Asset & Capital Recovery (ACR), in dem auch »faule« Kredite aus den Bereichen Commercial Real Estate und Public Finance gebündelt worden waren, wurde bereits zum Juli 2019 aufgelöst – der Ausstieg ist damit endgültig besiegelt.

Norddeutsche Landesbank

Die NordLB schickt sich an, in die Fußstapfen der Commerzbank zu treten. Lange hatte die Landesbank Niedersachsens und Sachsen-Anhalts am Portfolio festgehalten und den (deutschen) Reedern immer wieder die Treue geschworen. Doch spätestens mit der Übernahme der Bremer Landesbank (BLB) nahmen die Probleme überhand.

Der im Jahr 2018 aufgelaufene Verlust in Höhe von rund 2 Mrd. € war in erster Linie auf die risikobelasteten Schiffskredite zurückzuführen. Letztlich zog der Vorstand die Notbremse:

Die NordLB hielt Ende 2018 noch 10,8 Mrd. € in ihrem Portfolio – 2015 waren es dagegen noch rund 19 Mrd. €. Bis Ende 2021 soll die heute immer noch erhebliche Summe auf nur noch 0,6 Mrd. € zurückgeführt werden. Das gilt vor allem für die »non-performing loans«, also die belasteten Kredite.

Aus dem ursprünglichen Abbau-Bestand von 7,3 Mrd. € wurden bereits im ersten Halbjahr 2019 gut 3 Mrd. € verkauft, darunter das »Big Ben«-Portfolio, das vom Finanzinvestor Cerberus übernommen wurde. Bis Jahresende soll das NPL-Volumen auf 2,5 Mrd. € schrumpfen, bis Ende 2021 soll es gegen »Null« laufen. Für das Gesamtportfolio sind knapp 4 Mrd. € als Zielgröße ausgegeben.

Nachdem der massiv forcierte Ausstieg der Commerzbank bereits zu einem erheblichen Flottenverlust geführt hatte, fürchten gerade die deutschen Reeder nun einen weiteren Ausverkauf. Sowohl Cerberus als auch die NordLB machen erheblichen Druck bei der Verwertung ihrer Schiffskredite. Dem Vernehmen nach ist es einigen Reedereien gelungen, ihre Schiffe bei Cerberus »auszulösen«. Gemunkelt wird von einer Preisspanne von 82%-97 % des Marktwertes.

Parallel braucht die NordLB dringend eine Kapitalspritze in Höhe von 3,5 Mrd. €, um die Auflagen von EU und Bankenaufsicht zu erfüllen und ihren Fortbestand zu sichern. Im Grundsatz haben sich die Länder Niedersachsen und Sachsen-Anhalt im April mit dem Deutschen Sparkassen- und Giroverband auf die nötigen Maßnahmen verständigt. Final umgesetzt sind sie allerdings nicht.

Die Neuausrichtung geht mit einer strikten Verkleinerung der Bank einher. 1.650 bis 1.850 Vollzeitstellen (heute: 5.500) sollen gestrichen werden.

Deutsche Bank

Als »Deutsche Shipping« war die schiffsfinanzierende Sparte der Deutschen Bank über viele Jahre eine feste Größe im Markt. Unabhängig von sonstigen Problemen und Querelen des größten deutschen Geldinstituts ist dieser Bankenbereich nur noch Geschichte. Zum Jahresende 2018 sei »ein Teil der bestehenden Risikovorsorge aufgelöst« worden, heißt es im Geschäftsbericht. Und weiter: »Über das Portfolio wird in Zukunft nicht mehr separat berichtet.«

So steht zu vermuten, dass im Frühjahr 2019 letztmalig konkrete Zahlen kommuniziert wurden. Demnach seien die Forderungen aus dem Kreditgeschäft und Eventualverbindlichkeiten in der Branche »Shipping & other maritime« deutlich von 4,8 Mrd. € auf 3,3 Mrd. € reduziert worden. Auf die klassische Schiffsfinanzierung entfielen noch 2,2 Mrd. €, nachdem im Jahresverlauf rund 1,5 Mrd. € aus dem Portfolio genommen wurden. Der Verkauf eines Portfolios im Wert von 0,8 Mrd. € im Juli war dabei noch nicht einmal vollständig eingepreist. Käufer waren Oak Hill Advisors and Varde.

Ein Komplettausstieg scheint nicht geplant. Das verbleibende Volumen zeige eine verbesserte Kreditqualität und sei zufriedenstellend diversifiziert, heißt es.

KfW IPEX

Als Fels in der Brandung erweist sich einmal mehr die KfW IPEX. Mit zuletzt 14,3 Mrd. € hält sie ihr Portfolio nicht nur stabil – bei leicht wachsender Tendenz. Sie ist nach dem Rückzug von Commerzbank, NordLB und HSH/HCOB mittlerweile die mit Abstand größte und dank dem Neugeschäft in Höhe von 2,1 Mrd. € (Vorjahr 1 Mrd. €) allein im 1. Halbjahr 2019 auch die aktivste Bank im maritimen Sektor.

Zu bedenken ist allerdings, dass die bundeseigene Förderbank für die Exportfinanzierung seit jeher eine Sonderstellung einnimmt, auf das gesamte maritime Cluster ausgerichtet ist und in ihrem Geschäftsmodell daher nicht mit anderen Schiffsbanken verglichen werden kann.

So wurden zuletzt Projekte ausländischer Kunden wie Genting (Kreuzfahrtschiffe / MV Werften), Tallink (Fähre / Rauma Marine Constructions) oder für zwei Zementfrachter der Reederei Baltrader in China (Fujian Southeast Shipbuilding) wie auch die LNG-Neubauten von Aida Cruises (Meyer Werft) finanziert. Neben Neubauten steht auch die ökologische Umrüstung der Schifffahrt im Fokus, darunter der verstärkte Einsatz der LNG-Technologie. Der Finanzierungsanteil im Bereich »Green Finance« sei von 31% im Jahr 2010 auf inzwischen 43% gestiegen.

Erst im vergangenen Jahr war die KfW als erste deutsche Bank der Initiative für »Responsible Ship Recycling Standards« beigetreten. Künftig soll eine Klausel zur umweltgerechten Verschrottung von Schiffen Teil der Kreditverträge werden. Zur Initiative gehören global operierende Banken wie ABN Amro, ING, Nordea, DNB, SEB sowie Export Credit Norway.

Hamburg Commercial Bank

»Totgesagte leben länger?« Das gilt wohl für die Hamburg Commercial Bank (HCOB). Nicht wenige hatten nach dem massiven Abbau des einst weltweit größten Schiffsportfolios von 42 Mrd. € und dem Verkauf der Landesbank Hamburgs und Schleswig-Holsteins an Cerberus, J.C. Flowers & Co das Aus für die Schiffsfinanzierung prophezeit. Es kam anders.

Zwar lässt sich das heutige Kreditvolumen von 5,2 Mrd. € mit den einst »aufgeblähten« Rekordsummen nicht mehr vergleichen. Auch wurde die ehemalige HSH Nordbank mit Milliarden von Steuergeldern vor ihrem Verkauf von ihren Altlasten befreit – ein in dieser Dimension bis heute einmaliger Vorgang.

Doch seither zeigt sich die privatisierte Mittelstandsbank als ein stabiles Element in der erodierenden Bankenlandschaft. Und sie baut ihr Schifffahrtsgeschäft sogar wieder aus, wenn auch auf bescheidenem Niveau. Im 1. Halbjahr 2019 wurde Neugeschäft im Wert von 0,5 Mrd. € geschlossen. Bis Jahresende soll die Marke von 1 Mrd. € erreicht werden. »Wir sind froh, dass wir nicht wie andere aus der Schiffsfinanzierung ausgestiegen sind«, sagt HCOB-Vorstandschef Stefan Ermisch. Dies bleibe ein interessantes Geschäftsfeld, auch in der Nische. Man habe jetzt viel Qualität im Portfolio, das soll auch so bleiben. Neu im Fokus stehen außerdem »Vintage Ships«. Dabei geht es fum die Refinanzierung älterer Schiffe während der Restlebenszeit bis zur Verschrottung. Eine Nische, aber immerhin. Das Resultat sind positive Zahlen: Das Ergebnis vor Steuern lag nach sechs Monaten bei 111 Mio. € und damit deutlich höher als bei den weitaus größeren Segmenten Immobilien (Portfolio: 14,5 Mrd. € / 56 Mio. €) und Unternehmenskunden (12,9 Mrd. € / -12 Mio. €).

»Wir haben noch einen weiten Weg vor uns, aber wir kommen mit der Transformation zügig voran«, betont der Vorstandschef. Der große Aderlass steht aber noch aus: Derzeit gibt es noch 1.630 Beschäftigte, die Zahl soll bis 2022 um 42% auf 950 Vollzeitstellen abgebaut werden.

DZ Bank / DVB

Der nächste Ausstiegskandidat: die DVB Bank. Inzwischen gehört der Spezial-Transportfinanzierer in Gänze zum Mutterkonzern DZ Bank. Der Komplettverkauf der belasteten Geschäftsssparte war bereits beschlossene Sache, scheiterte jedoch am mangelnden Interesse möglicher Investoren vor allem an der Schiffsfinanzierung. Die Bereiche Land Transport Finance, Aviation sowie LogPay fanden dagegen Abnehmer, Derzeit heißt die Strategie »schrittweise Rückführung der Geschäftsaktivitäten«.

So wurden die Forderungen gegenüber Reedereikunden von 11,9 Mrd. € (2016) knapp um die Hälfte auf zuletzt noch 6,9 Mrd. € (1. Halbjahr 2019) reduziert.

DEKA

Eher überraschend hat die Deka-Gruppe ihr Kreditportfolio wieder ausgebaut. Das Volumen ist dank einem signifikanten Neugeschäft im ersten Halbjahr 2019 von 700 Mio. € auf 1,2 Mrd. € angewachsen. Das sogenannte Legacy-Portfolio, in dem vorwiegend Schiffskredite aus der Zeit vor 2010 gebündelt sind, sei hingegen planmäßig auf 0,2 Mrd. € reduziert worden (Ende 2018: 0,3 Mrd. €), heißt es.

Der Anteil des Schiffsportfolios am Brutto-Kreditvolumen stieg infolge eines verstärkten Neugeschäft auf 0,9% (Ende 2018: 0,7%) an. Wegen des weiterhin schwierigen Marktumfelds werde das Schiffskreditportfolio aber kontinuierlich überwacht, schränkt die Deka ein.

Ostfriesische Volksbank

Mehr noch als die Deka ragt die Ostfriesische Volksbank (OVB) heraus. Während die ehemals milliardenschweren Schiffsbanken ihre Portfolios massiv abbauen, rüstet das Geldinstitut gegen den Trend auf. Die in Leer beheimatete Volksbank finanziert vorwiegend mittelständische Kunden in der Region Ems, seit der Übernahme der Volksbank Kehdingen auch im Alten Land.

Das Kreditvolumen wuchs im vergangenen Jahr um beachtliche 15%. 306 Mio. € (2017: 255 Mio. €) sind direkt bei Reedereien in 270 Schiffen angelegt. Eines der Projekte war die Finanzierung einer Neubauserie von modernen MPP-Frachtern für Briese Schifffahrt. Dazu kommt Konsortialgeschäft von weiteren 300 Mio. €. Macht unter dem Strich gut 600 Mio. €.

Dabei war die Schiffsfinanzierung den Angaben zufolge einer der Treiber für das insgesamt positive Ergebnis der Volksbank mit einem Kreditbestand von insgesamt 1,64 Mrd. €. (+10,4%), einer Bilanzsumme von 2,15 Mrd. € (+12,5%) und einem Gewinn von 30 Mio. € (2017: 22Mio. €). Auch im laufenden Jahr soll das Portfolio ausgebaut werden, heißt es bei der OVB. Angepeilt wird ein Wachstum »von mindestens 10%«. Fernziel ist eine Kreditsumme in der Schiffsfinanzierung von etwa 1Mrd. $ einschließlich Konsortialgeschäft.