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Der Rückzug vieler schiffsfinanzierender Banken hat für eine Vielzahl von Reedern zu einem spürbaren Engpass bei der Kapitalzufuhr gesorgt. Mit Oceanis will eine neue Online-Plattform diese Lücke schließen.

Das in Hamburg ansässige Startup ist nach Angaben des Gründers Maximilian Otto vornehmlich für kleinere Reeder konzipiert, die ohne die[ds_preview] Banken und ohne einen Zugang zu den Kapitalmärkten ihre Projekte nicht mehr finanzieren können. Oceanis will beide Seiten über das Online-Portal zusammenbringen und verspricht eine transparente, schnelle und zuverlässige Finanzvermittlung als neue Konkurrenz zu den »analog« agierenden Maklern.

Gegründet Anfang des Jahres seien bei Oceanis bislang bereits Projekte mit einem Volumen von 400 Mio. $ für insgesamt 17 Schiffe eingestellt worden, berichtet Otto. Es habe sich dabei um ganz unterschiedliche Schiffe gehandelt – um Bulker, Containerschiffe und auch ein MPP-Frachter von eignern aus Deutschland, Griechenland, Norwegen oder auch aus den USA. Die kleinste Investitionssumme lag bei 3 Mio. $, beim bislang größten Projekt sei es um 60 Mio. $ gegangen. Bekannt geworden ist auch die Finanzierung zweier Containerschiffe eines Hamburger Reeders mit einer Kapazität von jeweils 9.000 TEU mit einem Volumen von insgesamt 50 Mio. $.

Das Prinzip der neuen Online-Plattform ist dabei relativ einfach. Reeder können ihre Schiffsprojekte auf der Plattform oceanis.io einstellen. Potenzielle Kreditgeber sehen dabei die grundlegenden Informationen zum Schiff wie die technischen Daten, Charter, OPEX und Docking-Budget. Weckt das Projekt ihr Interesse, können sie ein sogenanntes »indikatives« Angebot, also die grundlegenden Rahmendaten wie Volumen, Laufzeit, Zins und Tilgungsprofil abgeben.

In der Regel gehe es um bis zu 70% des benötigten Fremdkapitals. Die konkreten Verhandlungen bis hin zu einem möglichen Vertragsabschluss erfolgen dann bilateral zwischen den beiden Parteien.

»Wir haben bereits etwa 15 Akteure auf der Finanzierungsseite gewinnen können«, sagt Otto. Dazu zählten traditionelle Banken ebenso wie Leasing- und Fondsgesellschaften, alternative Kreditgeber oder Private-Equity-Investoren. Insgesamt sind es nach Angaben des Firmengründers bislang 28 Anbieter. Konkrete Namen werden nicht genannt, doch sind dem Vernehmen nach sehr bekannte Adressen darunter.

Oceanis soll nicht nur eine Finanzierungslücke beim geforderten Fremdkapital füllen, sondern könne dank dem digitalen Prozess gerade bei kleineren Tickets von wenigen Millionen Euro den zeitlichen und administrativen Aufwand auf Seiten der Kreditgeber deutlich reduzieren. »Viele schrecken bislang zurück, sich bei kleineren Projekte unter 10Mio. $ überhaupt auf die Suche zu begeben«, so Otto. »Unsere digitale Plattform kann daher Reedern bei der Beschaffung einer benötigten Fremdkapitalfinanzierung schnell und effizient helfen«, sagt der 26-Jährige.

Das schnellste Angebot sei bereits nach drei Stunden eingegangen, im Schnitt gebe es drei bis fünf Interessenten für jedes Projekt.Bevor er sich mit Oceanis selbständig gemacht hat, hatte Otto mehrere Jahre bei Ernst Russ Schiffsprojekte konzipiert.

Der Fokus liege auf der Asset-bezogenen Finanzierung, also auf einem konkreten Schiffsprojekt. Dafür könnten vorrangige Darlehen oder auch Leasing-Geschäfte geschlossen werden. »Wir wollen durchaus auch die Brücke nach Asien schlagen«, sagt Otto. Die mögliche Kreditsumme liegt zwischen 50% und 80% des Schiffswerts (Loan-to-Value). Aber auch für die Reeder sei das Online-Portal von Vorteil, weil es mehrere Angebote auf ein Projekt geben könne. Die Geldgeber stünden letztlich in Konkurrenz zueinander, »das sorgt für mehr Wettbewerb und macht den Markt deutlich transparenter«, sagt Otto.

Die Nutzung des Online-Portals ist für angemeldete Nutzer zunächst kostenfrei. Oceanis erhält nur im Erfolgsfall eine Kommission. Ottos nächstes Ziel ist es, zusammen mit den Banken das Verfahren etwa über Checkboxen zu standardisieren, um es noch einfacher zu machen. Dann steht auch eine zweite Finanzierungsrunde für das Startup an, ein Zeitpunkt ist allerdings noch nicht festgelegt.


Krischan Förster