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Biofouling ist ein ökologisches und ökonomisches Problem, internationale Standards werden gefordert, regional existieren bereits vereinzelt Regelungen. Nun gibt es in Deutschland einen Runden Tisch von Behörden und Industrie.

Das Ballastwasserübereinkommen der IMO ist nun global in Kraft, um die schifffahrtsbedingte Verbreitung invasiver Arten zu bekämpfen. »Ballastwasser ist aber[ds_preview] nur ein Vektor, Biofouling ist der andere«, sagt Katja Broeg, Wissenschaftlerin beim Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH). Das Thema Bewuchs von Schiffen und Unterwasserstrukturen durch Mikroorganismen, Algen und Tiere rückt auch auf der IMO-Agenda weiter nach oben. Druck machen Australien, Neuseeland und die Niederlande, damit die IMO Biofouling Guidelines evaluiert und überarbeitet werden.

Das BSH ist hierzulande die zuständige Behörde. Nach einen Biofouling-Workshop der Meeresschutzvertragsstaaten von HELCOM und OSPAR mit dem BSH Anfang 2019, bei dem regionale Bestimmungen in Kalifornien, Australien und Neuseeland thematisiert wurden, hat die Behörde Mitte November 2019 mit Unterstützung des Verbands Deutscher Reeder (VDR) den ersten nationalen Runden Tisch Biofouling veranstaltet.

Dabei ging es nicht nur um isolierte Aspekte des Themas: »Wir versuchen, das Ganze holistisch zu betrachten, dafür ist der Runde Tisch das richtige Format.« Es geht um Hafenstaatkontrollen, Unterwasserreinigung, Biozideinsatz etc. – alles soll am Ende ineinandergreifen. Neben invasiven Arten müssten die anderen Aspekte mitbetrachtet werden, ansonsten habe man Probleme wie beim Biozid TBT: äußerst wirksam gegen Bewuchs, aber ebenso schädlich für die Meeresumwelt. »Alle Interessengruppen sollen am runden Tisch gemeinsam einen Weg finden, der dafür sorgt, dass diese Waage nicht immer wieder von rechts nach links kippt, dass wir tatsächlich Werkzeuge entwickeln und über Grundlagen für Regularien sprechen, die das Problem im Ganzen angehen«, sagt Broeg.

Die einzelnen Gruppen am Runden Tisch sähen zwar hauptsächlich zunächst die eigene Fragestellung, berichtet die Wissenschaftlerin, »im Gespräch wurden dann aber die Zusammenhänge klar, das hat bei vielen zu Aha-Erlebnissen geführt.« Beispielsweise seien die Reeder aus wirtschaftlichen Gründen daran interessiert, den Rumpf frei von Bewuchs zu halten, Nischen wie der Seekasten seien aber ein sehr wichtiger Aspekt, wenn es um invasive Arten gehe.

In Australien und Neuseeland wurde bereits Schiffen die Einfahrt in die Hoheitsgewässer wegen eines zu stark bewachsenen Rumpfes verweigert. »Dort sind rechtliche Vorgaben gemacht worden, das haben wir in Deutschland bzw. in der EU nicht und das ist auch nicht das Ziel. Wir wollen den IMO-Prozess unterstützen«, sagt Broeg.

»Unterwasserreinigung ist in Deutschland ein Genehmigungs­tatbestand – weil es noch keine Bewertungsgrundlage gibt, wird es hier nicht genehmigt«

Die IMO ist derzeit dabei, Erfahrungsberichte und Best Practises zu sammeln, Ziel ist eine international anwendbare Lösung. Dabei werden international von den Mitgliedstaaten unterschiedliche Schwerpunkte gesetzt. So will Australien, dass auf keinen Fall fremde Arten eingeschleppt werden, in Gewässern wie der Ostsee oder in den Great Lakes in Nordamerika ist das wegen der bereits hohen Schadstoffbelastung nicht machbar. »Wir wollen international dazu beitragen dass die für unsere Region relevanten Punkte in den Prozess einbezogen werden«, erklärt Broeg.

Die Reeder haben das Thema Antifouling schon wegen der Einhaltung ihres Ship-Energy-Efficiency-Plans auf dem Schirm. Gleichzeitig steigt durch Slowsteaming und längere Liegezeiten der Bedarf an Rumpfreinigung. Während der Schiffahrtskrise wurden zudem die Dry-Docking-Perioden von fünf auf sieben Jahre verlängert, »das hält kein Antifouling-System aus«, erklärt die BSH-Wissenschaftlerin. Dann stelle sich aber die Frage nach der Unterwasserreinigung. In Deutschland ist das ein Genehmigungstatbestand, weil es aber noch keine Bewertungsgrundlage gibt, wird es hier nicht genehmigt. »Es muss ein wissenschaftlicher Hintergrund da sein, dazu kommen in Deutschland die unterschiedlichen Zuständigkeiten von Ländern, Hafenbehörden und BSH, diese Fragen stehen nun alle zur Klärung an«, sagt Broeg.

Auf EU-Ebene gibt es eine Reihe von Richtlinien – Meeresstrategierahmenrichtlinie, Invasive-Arten-Verordnung, Biozidrichtlinie, Wasserrahmenrichtlinie etc. –, in die das Thema Biofouling hineinspielt, dazu kommen regionale Meeresschutzübereinkommen wie HELCOM und OSPAR. »Es gibt einen Konsens aller Länder, dass sämtliche Entwicklungen auf dem Gebiet über die IMO laufen sollten – basierend auf den Erfahrungen aus unterschiedlichen Regionen«, sagt Broeg.

Für die Reeder steht zunächst die sachgerechte und praktikable Anwendung der Forderungen zur Unterwasserreinigung aus den IMO Biofouling Guidelines im Fokus, erklärt Wolfgang Hintzsche, Marine Director des VDR. Die Guidelines gäben schon gute Hinweise seien aber wenig detailliert, wenn es um die praktische Umsetzung gehe, sagt auch Broeg. Hintzsche berichtet neben den regionalen Besonderheiten von »Unklarheiten, wo und wie zu reinigen ist, und was dabei wie aufzufangen ist oder nicht«.

Zudem sind die Guidelines nicht verpflichtend. Die Schifffahrt kennt sie und hat ein Eigeninteresse an der Umsetzung, angesichts der vielen verpflichtenden Vorgaben steht das aber nicht an erster Stelle. »Das kann man auch gut nachvollziehen«, sagt Broeg.

Der nächste Runde Tisch Biofouling wird im Frühsommer 2020 stattfinden. »Es soll eine Dauerveranstaltung werden – bis das Problem gelöst ist –, ähnlich dem erfolgreichen Runden Tisch Meeresmüll. Hintzsche hofft, in Zukunft dabei noch mehr Vertreter von Farbherstellern dort zu sehen.
Felix Selzer