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Die Einführung der neuen Schwefelobergrenze (IMO 2020) zu Beginn des Jahres hat die Schifffahrtsmärkte wie erwartet verändert. Mit Scrubbern ausgestattete Schiffe sind mit weitaus höheren Rateneinnahmen derzeit klar im Vorteil.

Relativ reibungslos sei der Übergang verlaufen, verkündete die IMO. Seit dem 1. Januar 2020 ist der Schwefelgehalt im Kraftstoff auf[ds_preview] 0,5% begrenzt. Die Ausnahme bilden Schiffe, die mit Abgaswäschern (Scrubbern) ausgestattet sind und weiter das zuvor übliche HFO (3,5%) bunkern können. Alle Zweifel, ob sich die Investitionen in die 2–5 Mio. $ teuren Anlagen lohnen könnten, sind nach den ersten Wochen des Jahres erst einmal aus der Welt.

Denn mit der Einführung der Sulphur Cap sind die Bunkerkosten deutlicher gestiegen als erwartet. Die Preisspanne zwischen schwefelarmem Kraftstoff (VLSFO) und HFO erreichte in Singapur bis zu 360 $/t. Während der Übergangsphase war der neue Kraftstoff vor allem in Singapur, einem der weltweit wichtigsten Bunkerspots, eher knapp. Der VLSFO-Preis verteuerte sich innerhalb von vier Wochen um mehr als 30% und erreichte das Niveau des noch reineren Marine Gas Oil (MGO, 0.1%), dessen Verwendung in allen ECA-Gebieten vorgeschrieben ist.

Jetzt, da der erste Ansturm überstanden ist, pegeln sich die Verhältnisse langsam wieder ein. Die VLSFO-Preise sacken von ihrem Rekordniveau von weit mehr als 700 $/t langsam wieder ab, die Spanne zwischen den einzelnen Sorten wird kleiner. Dennoch: Während mit Scrubber-Schiffen derzeit mehr als »gutes« Geld verdient wird, müssen alle anderen Schiffseigner oder Charterer erheblich höhere Kosten schultern und konnten sie bislang nur teilweise an ihre Ladungskunden weitergeben. Für ein Schiff mit einem Tagesverbrauch von 20 t haben sich die Bunkerkosten durch den schwefelarmen Kraftstoff nach Angaben von BIMCO von 7.400 $/Tag auf 14.200 $ / Tag nahezu verdoppelt.

Scrubber-Schiffe sparen nicht nur viel Geld beim Bunkern, sondern erzielen derzeit auch die weitaus besseren Raten. Beispiel Tanker: Auf einer der Hauptrouten zwischen dem Mittleren Osten und China erzielten VLCC mit Scrubbern um 24.000 $ höhere Tageseinnahmen (TCE). Bei einem Suezmax-Tanker zwischen Westafrika und Rotterdam lag das Plus bei 14.000 $/Tag.

Allein in der globalen Container-Linienschifffahrt wurden schon im Vorfeld die Mehrkosten auf rund 10 Mrd. $ beziffert. Alle großen Reedereien hatten unter verschiedenen Namen schon 2019 Bunkerzuschläge (Bunker Adjustment Factor) angekündigt und auch umgesetzt. Doch die Kalkulation ist offenbar nicht gänzlich aufgegangen. Die deutlichen Ratenerhöhungen seit Dezember 2019 hätten eher saisonale Gründe, erklärt BIMCO.

Die Spot-Rate des Shanghai Containerized Freight Index (SCFI) lag Anfang Januar mit durchschnittlich 1.063 $ pro TEU zwar 60 $ über dem Fünfjahresdurchschnitt. »Eine Erhöhung um 60 $ wird nicht ausreichen, um die Kosten für die Einhaltung der IMO 2020 vollständig auszugleichen. Die neuen BAF haben sich aufgrund mangelnder Transparenz in den Berechnungen sowie schlechter Marktgrundlagen als schwer umsetzbar erwiesen«, erklärt BIMCO.

Linien wollen Zuschläge anheben

Sowohl Maersk als auch Hapag-Lloyd haben inzwischen angekündigt, ihre Zuschläge vorfristig anzupassen, bei den Hamburgern erfolgt dies bereits zum 1. März. Berichtet wird auch von ersten Streitigkeiten zwischen Schiffseigner und ihren Charterern. Vor allem in laufenden Verträgen ist teilweise unklar, wer den Preisanstieg zu stemmen hat.

Verstöße gegen die IMO-Vorgaben gab es bislang dagegen nur in geringer Zahl. Ein Dutzend Schiffe sind bislang bei Kontrollen auffällig geworden, vor allem in chinesischen Häfen. Und auch die befürchteten Engpässe in der Versorgung sind, zumindest in den großen Bunker-Häfen, weitestgehend ausgeblieben. In Singapur und Gibraltar hatte es durchaus Wartezeiten gegeben, aber nur in zehn Fällen sei konformer Treibstoff gar nicht verfügbar gewesen, berichtet die IMO.

Die Einführung der neuen Schwefelgrenze gilt jedoch nur als Aufgalopp für weitaus größere Aufgaben. Bis 2050 sollen die CO2-Emissionen um die Hälfte gegenüber dem Ausstoß von 2010 reduziert werden. Oberstes Ziel bleibt eine klimaneutrale Schifffahrt, die die schadstoffmenge nicht nur drastisch reduziert, sondern zudem alle Emissionen, die dann noch anfallen, anderweitig kompensiert.

Fest steht, dass dieses Unterfangen eine bespiellos hohe Summe von 1.000.000.000.000 $ (1 Billion) verschlingen wird. Zu diesem Ergebnis kommt eine neue Studie der Beratungsgruppe UMAS, zu der Wissenschaftler des University College London gehören. Um das Klimaziel zu erreichen, seien zwar umfangreiche Investitionen in neue Schiffe und effizientere Antriebstechnologien erforderlich, schreiben die Forscher. Sie machen aber nur 13% der errechneten Ausgaben aus.

Der Löwenanteil (87 %) entfällt hingegen auf die Kosten, die für den Bau neuer Produktionsanlagen für emissionslose, nicht-fossile Kraftstoffe, für Lagerkapazitäten und die Bunkerversorgung in den Häfen anfallen.

Daraus folgt: Zwei Jahrzehnte lang müsse die Branche jährlich 50-70 Mrd. $ aufbringen, um das von der IMO vorgegebene Klimaziel zu erreichen. Für eine vollständige Emissionsfreiheit der globalen Schifffahrt seien zusätzliche 400 Mrd. $ fällig. Damit summierten sich die Gesamtkosten sogar auf mindestens 1,4 Bio. $.

Der immense Investitionsbedarf könnte aus einer CO2-Abgabe finanziert werden, die mit einem Betrag von 10 $/t emittierten Kohlendioxids starten und bis 2030 auf etwa 75 $ steigen sollte, heißt es in der Studie. Damit stünden zunächst jährlich etwa 8 Mrd. $ zur Verfügung, bei einer CO2-Abgabe in Höhe von 75 $ wären es 70 Mrd. $ per annum.

Dagegen mutet eine frühere Initiative mehrerer Dachverbände wie ICS, BIMCO, CLIA, Intercargo, Interferry, Intertanko, IPTA oder World Shipping Council eher bescheiden an. Sie hatten die Einrichtung eines mit 5 Mrd. $ ausgestatteten Klima-Fonds vorgeschlagen – dafür wäre eine Abgabe von 2 $ je Tonne Kraftstoff nötig. Parallel prüft die EU derzeit die Einbeziehung der Schifffahrt in den europaweiten Emissionshandel.

Laut Schätzungen liegt der Bunkerverbrauch aller Schiffe weltweit derzeit bei jährlich 250 Mio. t, davon enfallen 4 Mio. t zum Beispiel auf Hapag-Lloyd. Die globale Schifffahrt ist für ungefähr 2% der vom Menschen verursachten CO2-Emissionen verantwortlich.