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Thomas Arlit, neuer Geschäftsführer beim Klimatechnik-Spezialisten Engie Axima Germany, spricht im HANSA-Interview über strategische Überlegungen, neue Ansätze wie »Pay Per Use« und das Wachstumsgeschäft »Service«

Sie sind seit November im Amt. Was sind Ihre Pläne, nachdem der französische Konzern Engie Noske Kaeser aus Deutschland[ds_preview] übernommen hat?

Thomas Arlit: Unser Unternehmen verfügt über ein starkes Team mit einer Vielzahl von Experten in den Bereichen HVAC, Kälte und Brandschutz, über sehr gute Marktpositionen im Neubau wie auch im Service und nicht zuletzt über in vielen Marinen eingeführte Komponenten, die in unserer Fertigung in Hamburg hergestellt werden. Aus dieser Ausgangsposition streben wir an, Schiffe über ihren gesamten Lebenszyklus zu begleiten. Die großen Aufzugshersteller zeigen uns mit langjährigen Service-Verträgen wie das geht. Engie-Axima Germany (ehemals Noske Kaeser) hat bereits heute einen Serviceanteil von rund 20% vom Umsatz, hier liegen noch erhebliche Wachstumspotentiale. Denn wenn man den Service im Rahmen eines verfügbarkeitsbasierten Vertrags macht, lassen sich Schäden und Bedarfe antizipieren, wodurch Überraschungen wie verlängerte Dockaufenthalte entfallen. Diese Art des Geschäftes wollen wir intensivieren. Dabei können wir darauf aufbauen, dass Engie solche Dienstleistungen auch schon für die französische Marine erbringt. Ein weiteres wichtiges Thema ist für uns, dass wir anstreben, den CO2-Footprint unserer Kunden ebenso wie den unserer eigenen Aktivitäten, zu reduzieren. In einigen Bereichen machen wir das bereits seit Jahren, etwa mit verbesserter Energieeffizienz von Kreuzfahrt-Klimatechnik durch immer stärkere Dezentralisierung. Für andere Geschäftsfelder wie Marineschiffe ist dieser Ansatz neu.

Könnte dafür etwas Bestehendes aus dem Portfolio herausfallen?

Arlit: Noske Kaeser hatte in den letzten Jahren einen eher breiten Vertriebsansatz. Hier werden wir künftig ein wenig mehr fokussiert vorgehen, u.a. auf Bereiche, in denen wir für unsere Kunden wirklichen Mehrwert leisten können. So werden wir hinsichtlich der bedienten Schiffsklassen einen Schwerpunkt auf Marine (Über- und Unterwasser) sowie komplexe Passagierschiff-Projekte legen.

Welchen Anteil haben die Segmente heute an Ihrem Geschäft? Wird sich das ändern?

Arlit: Im Neubau-Geschäft ist das Verhältnis 50/50. Künftig wird Navy einen leicht größeren Anteil einnehmen, dies ergibt sich allein schon aufgrund von bestehenden Aufträgen.

Sind für die Strategie weitere Zukäufe nötig oder möglich?

Arlit: Wir haben einen hohen Personalbedarf für das, was wir vorhaben, sei es im Neubaubereich oder im Service. Wir könnten beispielsweise ad hoc zehn Kälteanlagen-Mechatroniker einstellen. Wir begegnen diesen Bedarfen durch eigene Ausbildung, Gewinnung von Fachkräften vom Markt – ein extrem umkämpfter Markt – oder wir übernehmen Unternehmen, wie etwa 2017 Noske Kaeser oder wie jüngst nur die Mitarbeiter eines kleineren Marktbegleiters. Dafür scannen wir den Markt permanent und es gibt momentan durchaus Möglichkeiten.

Sind auch interne Investitionen vorgesehen?

Arlit: Wir investieren gerade in erheblichem Umfang in den Ausbau unserer Fertigung. Wir mieten eine weitere Halle hinzu und führen derzeit mit einem Fertigungsspezialisten eine Flächen- und Durchlaufoptimierung durch, um unsere Fertigungs-Kapazität an die Bedarfe der gegenwärtigen und zukünftigen Aufträge anzupassen.

Das Kapital dafür steht zur Verfügung?

Arlit: Engie investiert in Wachstumsbereiche. Dies war für mich persönlich auch einer der Gründe für den Wechsel. In dem heutigen Markt ist die technische Kompetenz ein wichtiger Punkt. Fast ebenso wichtig ist es aber auch, für seine Kunden langfristig verlässlich zu sein, was als Teil eines finanzkräftigen Konzerns einfacher ist.

Ist die Integration von Noske Kaeser mittlerweile abgeschlossen?

Arlit: Die prozessuale Integration ist komplett abgeschlossen. Sicherlich hat die Übernahme durch Engie Noske Kaeser anfangs ein wenig durchgerüttelt, was normal ist, wenn ein Unternehmen aus einer Insolvenzsituation in einen Konzern integriert wird. Die kulturelle Integration hingegen sehen wir als einen gegenseitigen Lernprozess, der einen längeren Zeitbedarf als die Prozessintegration hat, weil es um Menschen geht. In diesem Kontext sehe ich meine Rolle auch als Mittler.

Was erwarten Sie vom Markt generell?

Arlit: Ich sehe unterschiedliche Entwicklungen. Die deutsche Marine hat ebenso wie viele internationale Marinen Nachholbedarfe. Der Navy-Markt wird aus meiner Sicht die nächsten zehn Jahre weiter boomen. Es ist beeindruckend, was momentan investiert wird. Und ich erwarte, dass dies so weitergehen wird, weil die Marinen der Welt zum Teil noch Schiffe aus dem Kalten Krieg haben, mit aus heutiger Sicht hohen Betriebskosten. Zudem gibt es neue Bedrohungsszenarien, die neue Fähigkeitsprofile bedingen. Parallel kämpfen die Marinen damit, dass in den letzten 30 Jahren etliche technische Fähigkeiten verloren gegangen sind.

Welche Entwicklungen erwarten Sie im Kreuzfahrtmarkt?

Arlit: Wenn man bedenkt, was in den letzten zehn Jahren an Tonnage in den Markt gekommen ist, gibt es möglicherweise Wachstumslimits. Aber auch im weißen Bereich sehe ich große Chancen, etwa getrieben durch das Thema Umbau. Was macht man z.B. mit Schiffen > 170.000gt, wenn sie nach 15 Jahren grundüberholt werden müssen? Eine Grund-Überholung bekommen sie nicht in 30 Tagen gestemmt, längere Werftaufenthalte sind für Kreuzfahrtreeder aber nur schwer zu realisieren. Da wird man bei künftigen Neubauten sicher stärker in die Modularisierung gehen, beispielsweise mit einem Klimaraum als eine Art Container, der einfacher ausgetauscht werden kann. Über derartige Konzepte denken wir gemeinsam mit unseren Kunden nach. Darüber hinaus haben wir auch das Asset-Management im Blick. Das könnte ähnlich wie bei einem Kopierer funktionieren: Warum muss das klimatechnische System dem Reeder gehören? Wir können es finanzieren und betreiben und liefern so kalte und entfeuchtete Luft nach Bedarf. Dieser »pay per use«-Ansatz ist in anderen Bereichen schon normal und dürfte sich mittelfristig auch im Schiffbau durchsetzen.
Interview: Michael Meyer