Print Friendly, PDF & Email

Neben der »großen Schwester« BBC ist Briese Chartering mit einer beträchtlichen Shortsea-Flotte im MPP-Markt aktiv.

Oft werden Windenergie-Komponenten gefahren. Für die Zukunft streben die Leeraner eine breitere Ladungspalette an.

Hauptsächlich wird die Flotte in Europa eingesetzt, das Einsatzgebiet erstreckt sich von der Ostsee bis ins östliche Mittelmeer und ins[ds_preview] Schwarze Meer, bisweilen werden auch nordafrikanische Häfen angelaufen. »Im Wesentlichen fahren wir Projektladung, auch viele Windenergieanlagen. Großbritannien war zuletzt ein sehr wichtiger Markt«, sagt Ilona Lazareva, Geschäftsführerin von Briese Chartering.

Die seit 2001 sukzessive aufgebaute Tochterfirma der vom Reeder Roelf Briese gegründeten Briese-Gruppe betreibt derzeit eine Flotte von rund 40 Schiffen. Für den Shortsea-Markt ist das eine ordentliche Größe, ähnlich wie bei BBC Chartering im globalen MPP-Markt setzt man auf eine gute Marktabdeckung und die Möglichkeit »durchzutauschen«.

Die Tragfähigkeiten der mehrheitlich ohne Kran gebauten Frachter variieren zwischen 2.500 und 8.000t. Die meisten Einheiten sind Briese-Schiffe, der Carrier hat dafür alle notwendigen Abteilungen im Haus, macht Inspektionen oder die Personalbestellung selbst.

45% Windenergie-Anlagen

Ein Ziel für die nächsten Jahre ist es, sich bezogen auf die Ladung noch ein wenig breiter aufstellen zu können – mehr in Richtung Maschinerie und zum Beispiel Rohre, nicht zuletzt, weil die Windenergie-Komponenten immer größer und damit immer schwerer auf Coastern zu transportieren sind. Im Moment machen 45% der Briese-Transporte Windenergieanlagen aus. Hinzu kommen mitunter Maschinen oder auch mal Stahl-Ladungen. Ehemals »klassische« Coaster-Frachten wie Schüttgüter sind eher die Ausnahme, beispielsweise für Rückreisen. »Andere Shortsea-Güter wie Dünger fahren wir auch mal. Allerdings können wir das nicht so günstig anbieten, weil wir unsere Ausstattung mitfinanzieren müssen«, so Lazareva.

Aktuell hat Briese Chartering drei Auslandsbüros: in Riga, Madrid und Istanbul. Für den »sehr speziellen Markt« Russland gibt es Überlegungen, sich dort stärker zu engagieren. Bislang läuft das Geschäft oft über eine Zusammenarbeit mit der BBC-Dependance in St. Petersburg.

Es könnte zudem sein, dass das Unternehmen mit aktuell 24 Mitarbeitern im Hafengeschäft noch aktiver wird, beziehungsweise Hafen-Dienstleistungen verstärkt mit angeboten werden, weil die Kunden das stärker einfordern. Man habe aber auch schon jetzt ein relativ gutes Netzwerk und gute Agenten.

Aufgrund der Größe der eigenen Schiffe könne man fast jeden Hafen bedienen – anders als etwa BBC Chartering, wo Schiffe mit Tragfähigkeiten zwischen 6.000 und knapp 32.000t auf weltweiten Routen eingesetzt werden.

5.000-Tonner sind »Stars«

Auf die Weiterentwicklung der eigenen Flotte wird großer Wert gelegt, allein schon, um mit der Entwicklung der Ladung Schritt zu halten.

Zwischen 2010 und 2013 wurden einige 2.500-Tonner aus Vietnam übernommen. Die sind laut Lazareva gut ausgelastet und vor allem in kleinen Häfen aktiv. Nach der Ablieferung dieser Serie lag der Fokus auf etwas größeren Einheiten. Zuletzt schließlich stellte man nach und nach die mit 5.000t Tragfähigkeit wieder etwas kleineren Neubauten vom »Johannes-Typ« in Dienst, »seit eineinhalb Jahren unsere Stars – sehr sparsam mit gutem Intake«, so die Geschäftsführerin. Die Tweendecker ohne eigenes Geschirr, in China bei Zheijiang Zengzhou gebaut, haben die Aufbauten im Vorschiffbereich.

Der Vorteil kleinerer Schiffe sei, dass sie günstiger im Verbrauch und im Hafen leichter zu rangieren seien: »Wir sind daher froh, dass wir flexibel reagieren können. Gerade in Europa kommt man mit kleinen Schiffen gut weiter.«

Bislang wurden vier Frachter der Serie übernommen, anfänglich waren mal acht geplant. Ob das auch so kommt, ist noch nicht endgültig geklärt. »Wir sind in Gesprächen mit der Werft. Es muss immer alles zusammenpassen, auch mit Blick auf die Finanzierung und die Anpassung von Details nach den ersten Erfahrungen im Betrieb der Schiffe«, sagt Lazareva.

Kein Trend zu mehr Ladegeschirr

Weitere Neubau-Aktivitäten will sie nicht ausschließen. Allerdings dürfte das noch ein wenig dauern: »Wir sind jetzt zunächst noch ein wenig in der Erprobungsphase der letzten Neubauten. Dann wird man sehen, dass man sich mit dem Markt weiterentwickelt – die Anforderungen verändern sich stetig.«

Mit dem relativ hohen Anteil an Schiffen ohne Krane sieht man sich in Leer gut aufgestellt, trotz der angepeilten Expansion im Projektmarkt. Die Verantwortlichen erwarten nicht, dass die Entwicklung hin zu mehr Schiffen mit eigenem Ladegeschirr geht.

»Wir haben es zum Teil und es macht auch Sinn. Aber es hält sich die Waage. In vielen Fällen ist es eher so, das man den Platz für Ladung nutzt, der sonst durch Kranfundamente und Ballast-Elemente wegfallen würde. In kleinen Häfen sind manchmal Krane nötig, aber die meisten Häfen in Europa haben eine entsprechende Infrastruktur«, so Lazareva. Die »klassischen« Schiffstypen haben ihrer Ansicht nach noch immer ihre Daseinsberechtigung, auch wenn der Modernisierungsbedarf in der Flotte des Gesamtmarktes nicht zu vernachlässigen sei. Es gebe noch immer einen Markt für die »Klassiker«, etwa im Zeitcharter-Geschäft in der Ostsee, dort würden sie gut bezahlt. Aber insgesamt hat die Marktflotte durchaus einen gewissen Modernisierungsbedarf.

Mehr Speditionen

Der Shortsea- und Coaster-Markt wird oft als geeignet für den Einsatz alternativer Kraftstoffe bewertet. Bei Briese Chartering stehen Umrüstungen oder entsprechende Neubauten dennoch nicht ganz oben auf der Agenda. Auch Scrubber sind keine echte Option, weil die Schiffe dafür schlicht zu klein sind beziehungsweise die Abgasreinigungsanlagen zu viel Platz wegnehmen würden. »Bei alternativen Kraftstoffen kommt es auf die Infrastruktur an, mit den wenigen Bunker-Standorten selbst in Nordeuropa kommt man noch nicht weit. Wenn man ständig Deviationen in Kauf nehmen muss, rechnet sich das nicht mehr«, sagt Lazareva.

Die IMO-Regulierung zum Schwefelgehalt im Abgas führt auch bei Briese zu entsprechenden Mehrkosten in der Bunker-Beschaffung. Das hat Auswirkung auf die Ladungsakquise. Im langfristigen Projektmarkt gebe es ein gewisses Verständnis der Kunden für Mehrkosten, die durch »IMO 2020« entstehen.

»Aber es gibt Grenzen. Das wird schwieriger, wenn Kunden mit Speditionen zusammenarbeiten, wie wir es derzeit als Trend beobachten können. Die Speditionen verhandeln anders«, so die Geschäftsführerin weiter. Andererseits sei ein Vorteil dieser Konstellation, das sich Speditionen mit anderen Dingen sehr gut auskennen, etwa zollrechtliche Vorgaben: »Daher ist es für uns manchmal ebenfalls einfacher, eine Spedition mit im Boot zu haben.«


Michael Meyer