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Thomas Press, Eigner des MPP-Carriers dship, der stets betont »nachhaltig« wachsen zu wollen, spricht im exklusiven HANSA-Interview über seine Erwartungen an das Unternehmen und zur Markt-Konsolidierung, einen möglichen »Exit«-Zeitpunkt und Synergien mit der deugro Group

Angesichts der derzeitigen Entwicklung könnte es eine weitere Konsolidierung geben, meint so mancher, »schwache« Carrier könnten verschwinden. Wird es[ds_preview] dann nicht umso wichtiger, selbst noch stärker zu wachsen, die Zurückhaltung aufzugeben, um sich a) frei werdende Marktanteile zu sichern, bevor es andere tun und b) für den Wettbewerb mit künftig vielleicht noch größeren Konkurrenten gewappnet zu sein – unter umständen auch über M&A-Projekte oder strukturelle Kooperationen?

Thomas Press: Unabhängig von Covid-19 ist der Markt seit Jahren stark umkämpft und durch ständige Veränderung geprägt. Die derzeitige Situation verlangt daher erst recht nach mehr als »nur« einem schnellen Wachstum. Uns ist es wichtig, gesund und nachhaltig zu wachsen und die Marke als verlässlichen Partner zu etablieren. Dabei setzen wir auf eine klare Flottenstrategie und das Knowhow der Mitarbeiter – und der Erfolg gibt uns Recht. Seit März 2019 ist unsere Flotte um weitere sechs Schiffe gewachsen. Der Umsatz hat im gleichen Zeitraum überproportional um 250% zugelegt. Die Ausnahmesituation, in der wir uns alle momentan befinden, macht deutlich, wie vernetzt die Weltwirtschaft ist. Das ist nicht der Zeitpunkt, um eine erfolgreiche Strategie zu ändern und unnötige Risiken einzugehen. In meinen Augen gilt es gerade jetzt, unsere gesunde Zurückhaltung beizubehalten. Größe ist bei dship nicht oberste Priorität und unsere Motivation zu wachsen liegt ohnehin nicht in der Befürchtung zu klein zu sein oder gegen die Großen keine Chance zu haben, im Gegenteil. Unsere Herangehensweise ermöglicht uns ein stetiges und den Marktbedingungen angepasstes Wachstum, nur so kann es auch von Dauer sein.

Welche Chancen bietet die aktuelle Situation aus Ihrer Sicht für dship?

Press: Leistung muss weiterhin zuverlässig erbracht werden, das stellt durch die aktuelle Situation natürlich eine Herausforderung dar und ist mit erheblichen Risiken verbunden. Diese gilt es zu umschiffen, da sind kleine Firmen wie dship durch ihre Agilität klar im Vorteil. Wir meistern diese potenzielle Krise mit einem herausragenden Team und einer starken Flotte, sowie verlässlichen Partnern an unserer Seite. Daran ändern auch Corona und Home-Office nichts. Unter Umständen kann es M&A-Projekte geben, die mich interessieren. Mit Verlaub muss ich allerdings sagen, dass die letzte Welle an Konsolidierungen und Übernahmen keine herausragenden Beispiele hervorgebracht hatte. Letztlich hat die Vergangenheit gezeigt, dass weder Pools noch das Aufkaufen von Firmen ein erfolgreicher und nachhaltiger Lösungsansatz sind. Wenn mich zum jetzigen Zeitpunkt aber etwas Neues interessiert, dann wäre es die Digitalisierung. Hier ist mir aber noch nicht der richtige Partner oder das richtige Produkt über den Weg gelaufen.

Welche Rolle spielten und spielen deugro beziehungsweise mögliche Synergien der beiden Unternehmen in Ihren langfristigen Planungen für dship?

Press: Diese Frage kommt öfters auf, dazu muss ich etwas ausholen. Die deugro, beziehungsweise die deugro group, wie wir nun die Dachgesellschaft nennen, war in den ersten Schritten von dship mit Sicherheit unabdingbar. Als seriöser Projektspediteur mit klaren Werten genießt deugro hohes Vertrauen der EPC-Kunden, sodass der Service von dship ebenfalls Interesse weckte. Die deugro group war somit als Türöffner bei der oben erwähnten Kundschaft eine immense Hilfe für dship, in der Branche Fuß zu fassen. Durch harte Arbeit des dship-Teams und Global Vice President Lars Feller konnte die Firma den hohen Erwartungen gerecht werden und hat schnell eigene Anerkennung im Markt gefunden. Diese Eigenständigkeit ist für viele dship-Kunden von großer Wichtigkeit und wird daher auch erhalten bleiben.

Wie sieht die Einbindung von dship in eine potenzielle deugro-Strategie aus, verstärkt als »one stop shop« in der Projektlogistik aufzutreten?

Press: Hier möchte ich noch einmal ganz deutlich die Eigenständigkeit der beiden Firmen betonen. Die deugro kauft über ein zentrales Chartering Desk alle Dienstleistungen ein. Für dship, wie für jede andere Reederei/Operator auch, gilt es hier, sich im harten Wettbewerb um das Geschäft durchzusetzen. dship wird also nicht bevorteilt, um ehrlich zu sein, wird es manchmal sogar härter bewertet. Auf diese Weise kann eine hohe Qualität der Dienstleistung gewährleistet werden, sowie eine Stärkung beider Firmen.

Was passiert mit dship, wenn der Trend auf Kundenseite zu »Logistik aus einer Hand« wieder abnimmt?

Press: Meiner Meinung nach wird es nie 100% oder 0% Logistik aus einer Hand geben. Das bedeutet für mich, dass wir in beide Richtungen gut aufgestellt sind und weiterhin hervorragenden Service anbieten können.

Wirkliches »Geldverdienen« ist in der Branche derzeit sehr schwer. Welche finanziellen Erwartungen haben Sie an dship? Und wurden die bislang erfüllt?

Press: Unser Ziel war es stets, Gewinne durch überlegtes und nachhaltiges Handeln zu erzielen. Dass dies möglich war und auch immer noch ist, zeigt die Entwicklung. Hatten wir im Gründungsjahr 2015 sowie 2016 noch einen Verlust zu verzeichnen, haben wir in allen anderen Jahren, einschließlich des ersten Quartals 2020, schwarze Zahlen geschrieben. dship ist über alles gerechnet profitabel und lebt unseren durchaus ehrgeizigen Vorsatz sehr erfolgreich und hat meine Erwartungen somit sogar übertroffen.

Was wäre ein möglicher Exit-Punkt, was könnte passieren, dass Sie Ihr Engagement in der Schifffahrt in der jetzigen Form wieder beenden?

Press: Wie aus meiner vorherigen Antwort hervorgeht, sehe ich zum jetzigen Zeitpunkt keinerlei Anlass, mein Engagement in der Schifffahrt in der jetzigen Form zu beenden. Ich stehe weiterhin voll und ganz zum Unternehmen, zumal wir Ende 2020 beziehungsweise im Q1 2021 zwei weitere Neubauten aus der F500-Serie erwarten.

Experten erwarten angesichts der Corona-Krise und der Ölpreis-Entwicklungen umfängliche Verschiebungen von Industrie-Projekten und Investitionen. Wie wappnen Sie dship dafür?

Press: Wie mittlerweile von den Ölgesellschaften bestätigt, wird es durchaus zu signifikanten Verschiebungen kommen. Viele Entscheidungen diesbezüglich werden jedoch erst 2021 final entschieden. Die Konsequenzen sind daher noch nicht in vollem Maße abzusehen, wir stellen uns grundsätzlich aber auf einen schwierigen Sommer ein. Die Herausforderungen, die uns erwarten, sind zu diesem Zeitpunkt schwer abschätzbar. Umso mehr kommt es jetzt auf einen souveränen Umgang mit dieser Situation sowie entsprechende Vorbereitungen an, damit dship als agiles Unternehmen rechtzeitig und zügig handeln kann, wenn es nötig wird. So unsicher die derzeitige Lage scheint, jede Krise bringt auch neue Möglichkeiten und Chancen mit sich und dship wird nicht zögern, diese zu ergreifen.


Interview: Michael Meyer