Auf Deck 8 des Internationalen Maritimen Museums Hamburg ist ein besonderes Schiffsmodell zu sehen: Es ist nicht allein das größte[ds_preview] der so genannten Knochenschiffe der Sammlung, sondern auch das einzige, das aus Walbein hergestellt wurde. Es repräsentiert die Fregatte HMS »Chesapeake«, die mit einer ebenso besonderen Geschichte aufwarten kann.
Das Original lief am 2. Dezember 1799 als USS »Chesapeake« auf der Gosport Navy Yard – der heutigen Norfolk Naval Shipyard – in Portsmouth, Virginia, vom Stapel. Die Fregatte gehörte zu den so genannten »original six«, den ersten größeren Schiffseinheiten der US Navy, unter denen sich auch die berühmte, und noch heute als Museumsschiff dienende USS »Constitution« oder die nicht minder berühmte USS »Constellation« befanden.
Für den Entwurf der »Chesapeake« zeichnete Schiffbaumeister Josiah Fox verantwortlich. Er richtete sich nach dem Erfordernis, die sechs neuen amerikanischen Schiffe so zu konstruieren, dass sie zeitgenössischen britischen oder französischen Fregatten Paroli bieten und schwerer bewaffneten Linienschiffen durch überlegene Geschwindigkeit ausweichen konnten. Das Schiff hatte 38 Geschütze.
Die »Chesapeake« war zweimal in eine Auseinandersetzung mit englischen Schiffen verwickelt. 1807 beschoss die Fregatte HMS »Leopard« die »Chesapeake« und beschädigte sie schwer, weil diese sich der Aufforderung verweigert hatte, an Bord befindliche Seeleute eines anderen britischen Schiffes, die zum Dienst gepresst und desertiert waren, auszuliefern. Während des Krieges von 1812 zwischen den Vereinigten Staaten und dem Vereinigten Königreich wurde das Schiff am 1. Juni 1813 in einem Gefecht mit der Fregatte HMS »Shannon« (Captain P.B.V. Broke) vor Boston gekapert.
Der Kommandant der »Chesapeake«, Captain James Lawrence, erlag seinen während der Kampfhandlungen erlittenen schweren Verwundungen. Gefechtsberichte dokumentieren, dass die Heckpartie der »Chesapeake« durch die ersten Schüsse der »Shannon« so stark beschädigt wurde, dass spätere Reparaturen unumgänglich waren. Das Schiff wurde nach Halifax, Nova Scotia, gebracht, überholt und in die Royal Navy eingegliedert.
Das strahlende Weiß der Galionsfigur am Modell des Schiffes stellt das amerikanische Wappentier, den Weißkopfseeadler (Haliaeetus leucocephalus) dar. Allerdings besaß die Fregatte »Chesapeake« keine Galionsfigur, wie eingehende Untersuchungen zeigen. Es ist daher wahrscheinlich, dass diese Figur während der Reparaturarbeiten an HMS »Chesapeake« hinzugefügt wurde. Während die Heckzier der ursprünglichen Fregatte lediglich aus den Buchstaben »U.S.« (für United States) bestand, die in zwei Sternen getragen wurden, sind die Heckverzierungen der späteren HMS »Chesapeake« aufwändiger gestaltet: zwei »zurückgelehnte, bärtige Männer« stellen symbolisch Flussgötter dar; der Chesapeake ist eine langgestreckte Bucht zwischen Maryland und Virginia, mitunter als sehr großer Fluss bezeichnet. Der Shannon wiederum ist ein Fluss in Irland.
Ein Siegeskranz liegt auf zwei gekreuzten Flaggen, die für beide Nationen stehen. Es scheint, dass die Heckverzierung eine Allegorie auf das Gefecht darstellt.
Autoren
Manfred Stein, Internationales Maritimes Museum Hamburg,
Hunt Lewis, Hampton Roads Naval Museum Norfolk – Virginia