Der kaiserlich-königlich küstenländische Domänen-Inspections-Waldmeister Josef Ressel (1793-1857) aus Triest legte 1826 die Gründe nieder, warum er ein[ds_preview] »schraubenförmiges Treibrad bey der Dampfmaschine zur Seefahrt« entwickelt und zur Patentierung angemeldet hatte, denn es hatte »das lästige Getöse, welches die Schaufelräder der Dampfschiffe hervorbringen… in mir das Bestreben rege gemacht, eine Vorrichtung zu ersinnen, welche dieses Gebrechen nicht hat.« Neben der korrekten technischen Einschätzung von Schaufelrädern als Schiffsantrieb prangerte Josef Ressel das Geschäftsgebaren von William Morgan an. Der Engländer betrieb zu jener Zeit eine Raddampferlinie von Triest (damals Österreich) aus und Ressel, der für die Umsetzung seiner Erfindung Geldgeber benötigte, versuchte Argumente gegen seinen Konkurrenten zu sammeln. »Ich hingegen gebe jedem, wer es haben will, das Privilegienrecht gegen ein kleines Honorair, mit der Bedingniss, die Dampfmaschine aus dem Inlande zu beziehen und das Schiff in Triest zu bauen«, schrieb er an die Behörden in Wien. Diese Zeilen sollten Folgen haben.
Wann Josef Ressel die Idee der Entwicklung einer Schiffsschraube hatte, ist nicht bewiesen. Manche Quelle nennt das Jahr 1812, als Beleg dient eine von ihm selbst angefertigte, rückdatierte Zeichnung. Ressel selbst schrieb allerdings 1857, dass er 1821 nach Triest gekommen sei und sich über das »das kleine privilegierte Dampfschiff des Morgan« ärgerte. Ressel ging zu jener Zeit davon aus, die Schraube am Bug eines Fahrzeugs zu befestigen: »Am Hintertheile ist es nicht ratsam, das Rad anzubringen, weil der Strom, den das fahrende Schiff hinter sich bildet, dessen Wirksamkeit hindern könnte.«
Doch mittlerweile hatte Ressel einen Geldgeber und Partner für den Bau eines Dampfschiffes gefunden. Der Triestiner Carlo Ottavio Fontana finanzierte das Schiff, die Schraube und die Dampfmaschine. Der Bauauftrag für die »Civetta« erging Anfang September 1828 an die Werft Panfili. Die Maschine sollte, so erfuhr Ressel während einer Audienz beim Kanzler, in Wien hergestellt werden. Als Ort der Schraube war nun doch das Heck des Schiffes vorgesehen. Am 21. Oktober 1829 fand die Probefahrt der »Civetta« statt. »Die Schraube funktionierte, aber die Dampfmaschine ist so unbrauchbar, das nicht einmal ¼ Stunde damit gefahren werden konnte, denn sie ging aus dem Leim.« Weitere Versuche wurden polizeilich untersagt. Fontana sah seine Chancen auf einen Geschäftserfolg schwinden und kündigte den Kontrakt mit Ressel, der folgende Rechtsstreit trieb den Waldmeister fast in den Ruin.
Da Fontana während des langjährigen Verfahrens verstarb und das Schraubenpatent unterdessen erloschen war, ging Ressel »den schmutzigen Vergleich mit dem Erben des Fontana ein«. Viel Geld blieb ihm nicht. Bereits 1828 hatte er Louis Bauer gutgläubig Unterlagen übergeben in der Hoffnung, dass dieser ihm Patente im Ausland verschaffen könne. Bauer führte dies auch aus – allerdings nicht im Sinne Ressels. In Frankreich und England mehrten sich daraufhin Patentanmeldungen für eine Schraube nach archimedischem Prinzip. Die schlimmste Niederlage erfuhr Ressel, als 1840 die »Archimedes« in Triest einlief. Sie hatte bereits einen Propeller mit Flügelrädern nach dem System des schwedischen Ingenieurs und Erfinders John Ericsson. 1852 setzte die britische Regierung eine Prämie für denjenigen aus, der den größten Anspruch auf die Anwendung der archimedischen Schraube habe. Ressel reichte seine Unterlagen in London ein: ohne Erfolg.
Ressel ist nicht der Erfinder der Schiffschraube, er versuchte lediglich, ein bekanntes Prinzip anzuwenden und geschäftlich zu verwerten. 1862, fünf Jahre nach Ressels Tod am 9. Oktober 1857, stellte die Kaiserliche Akademie der Wissenschaften in Wien fest, dass »Ressel die Priorität dieser Erfindung im eigentlichen Sinne des Wortes eben so wenig als den Herrn Sauvage und Smith, sowie überhaupt irgend einem einzelnen Manne allein zugeschrieben werden kann, dass aber Ressel durch seine Bemühungen und praktischen Versuche wesentlich beigetragen habe und seine Verdienste um diese Erfindung eine Anerkennung verdienen dürften, wie solche Sauvage, Smith und Ericsson von ihren Mitbürgern bereits zu Theil wurde.«
Axel Griessmer, Internationales Maritimes Museum Hamburg (IMHH)