Nach Einschätzung von LNG-Bunkeranbietern erhöht sich mit der zunehmenden Zahl LNG-betriebener Schiffe auch auf Langstrecken der Druck auf Reedereien, nachzuziehen. Expansionschancen hat man genau im Blick und setzt auf Spezial-Know-how

Nach einer langen Phase der Pilotprojekte mit »First Movers« auf der einen und Zögerern und Zweiflern auf der anderen Seite[ds_preview] wird LNG langsam zu einem regulären Teil des Bunkermarktes. Nicht zuletzt hat die Kraftstoffverordnung der internationalen Seeschifffahrtsorganisation IMO 2020 den Markt umgekrempelt, auch die Inbetriebnahme der ersten gasbetriebenen Großcontainerschiffe für Langstreckenverkehre durch CMA CGM war ein Paukenschlag. Der französische Energiekonzern Total, der als Kraftstofflieferant für die CMA-CGM-Schiffe per Bunkerschiff verantwortlich ist, erwartet nun ein schnelles Wachstum des LNG-Marktes auf 10Mio.t im Jahr 2025 und bis 2030 einen Anteil am Bunkermarkt von über 10%. Die technische und betriebliche Machbarkeit sei von den Pionieren bewiesen worden, ebenso die Tatsache, dass der Gasbetrieb Nutzern unmittelbare wirtschaftliche Vorteile und Emissionsreduzierungen bringe, erklärt der niederländische LNG-Bunkerlieferant Titan LNG. »Das frühe Lebensstadium von LNG als Treibstoff liegt also bereits hinter uns und steht nun im Rampenlicht als praktikabler Treibstoff, der durch die Einbeziehung von Bio-LNG einen Weg in eine dekarbonisierte Zukunft bietet.« Der Kraftstoff ist in Häfen der ARA- und Nordseeregion, in der Ostsee, im Mittelmeer, an der US-Süd- und Ostküste und in Teilen Asiens zu bekommen.

Titan LNG ist selbst weltweit tätig, und bietet LNG über Ship-to-Ship durch die eigene »FlexFueler«-Bunkerbarge oder gecharterte LNG-Bunkerschiffe und Truck-to-Ship-Lieferungen in der ARA-Region (Amsterdam-Rotterdam-Antwerpen), in deutschen Häfen, an Standorten in Frankreich und im Mittelmeer an. Man will »in enger Korrelation mit der gestiegenen Nachfrage« expandieren. Man werde dorthin gehen, wo es eine Nachfrage von bestehenden und zukünftigen Kunden gebe, indem man die »richtige Infrastruktur am bevorzugten Ort zu wettbewerbsfähigen Preisen« anbiete. Erst Anfang Dezember hatte Titan zusammen mit Fluxys eine weitere »FlexFueler«-Barge in Antwerpen in Betrieb genommen.

Projekte in der Größenordnung wie das von CMA CGM bieten nach Einschätzung des finnischen Gas-Unternehmens und Bunkerakteurs Gasum »natürlich eine hervorragende Gelegenheit« die Kraftstofflösung ins Licht der Aufmerksamkeit zu rücken. Den Beweis der praktischen und wirtschaftlichen Umsetzbarkeit hätten aber bereits andere Reeder davor geleistet, etwa Produktentanker- oder Kreuzfahrtreedereien.

»Für Jahre alternativlos«

»Das dadurch mögliche umweltfreundlichere Transportangebot sowie die Tatsache, dass das Argument des fehlenden Praxisbeweises widerlegt ist, wird Druck auf die Konkurrenz ausüben, ähnliche Lösungen zu suchen. Und hier ist das LNG weiterhin und für Jahre alternativlos«, meinen die Finnen.

Die Gasum-Gruppe ist nach eigenen Angaben in der Lage, in fast jedem Hafen Nordeuropas entlang der Nord- und Ostseeküsten LNG entweder per Bunkerschiff – »Coralius«, »Seagas«, »Kairos« – oder per Truck zu liefern. Erst kürzlich hatte Gasum bekanntgegeben, dass das Versorgungsnetzwerk auf die ARA-Region ausgedehnt worden sei. Wichtig sei für neue Häfen eine gewisse Vorlaufzeit, um die Bebunkerung organisieren zu können sowie um die notwendigen Genehmigungen zu erhalten. Nach der ARA-Region sieht man insbesondere im Mittelmeer großes Potenzial für LNG als Treibstoff. Darüber hinaus führe man mit verschiedenen Partnern Gespräche um auch interkontinental Versorgungslösungen anbieten zu können, wie etwa im Kooperationsvertrag mit Pavilion in Singapur.

Um die Transparenz und das Verständnis für die Kosten von LNG als Schiffskraftstoff zu erhöhen, bietet Titan seit Dezember einen Überblick über LNG-Preise bei Lieferung an Bord in verschiedenen Mengen und Häfen. Darüber hinaus gibt es wöchentlich aktuelle Richtpreise in fünf wichtigen Bunkerstandorten: Rotterdam, Nordsee, Ostsee, Mittelmeer und Singapur. Die Vergleichbarkeit soll verbessert werden, indem die Kosten pro Megawattstunde statt pro Tonne für LNG und konventionelle Kraftstoffe angegeben werden.

Das Angebot an Bunker-LNG wird sowohl von traditionellen Bunkerlieferanten, Energiekonzernen als auch von neuen, spezialisierten Versorgern bedient. Aufsehen erregten in den vergangenen Monaten und Jahren vor allem die großen Bunkerschiffprojekte. Nach der »Kairos« (7.500 m3) der heutigen Gasum-Tochter Nauticor folgten auch Projekte, die in Kooperation großer Reedereien und Energieunternehmen umgesetzt wurden wie beispielsweise die »Cardissa« (6.500 m3) von Shell. Die »Engie Zeebrugge« (5.000 m3) entstand in Kooperation von Engie, Mitsubishi, NYK und Fluxys. Mit Inbetriebnahme der LNG-Containerriesen von CMA CGM haben Total und MOL die »Gas Agility« (18.600 m3) ins Rennen geschickt. Und bei der jüngst abgelieferten »Avenir Advantage« (7.500 m3) haben sich Golar LNG, Stolt Nielsen und Höegh LNG zusammengetan. Die als nächstes zu erwartenden Bunkerschiffe sind wohl die »Bergen LNG«, ein von Gasnor und Shell (Umbau) und die »Optimus« von Elenger (ehemals Eesti Gas).

Schwierig für ›normale‹ Anbieter

Derartige Gemeinschaftsprojekte von Versorgern und Reedereien seien aber Ausnahmen in diesem Geschäft, erklärt Gasum. »Der LNG Bunkermarkt ist in Europa vor allem durch das Zusammenspiel vorrausschauender Reeder und LNG-Versorger entstanden, die in ihrem jeweiligen Bereich mutige Investments in ihren Teil der LNG-Wertschöpfungskette geleistet haben: LNG-Antrieb der Kundenschiffe und Bunkerschiffe der Versorger. Beide Seiten sind hier ein unternehmerisches Risiko eingegangen, mit der Überzeugung, dass sich ein wirtschaftlich tragbarer Treibstoff mit solcher, fundamental besserer Umweltbilanz letztlich durchsetzen muss«, so das finnische Unternehmen.

Nach dessen Einschätzung werden auch unabhängige Bunkeranbieter weiter Vorreiter in der Entwicklung von LNG als Treibstoff sein, »insbesondere dann wenn es darum gehen wird, den Markt auch in der Breite zu versorgen.«

Gleichzeitig ist es nach Einschätzung der bereits etablierten Player nicht einfach, sein Bunkergeschäft um Gas zu erweitern. LNG-Bunkerung sei kein Feld, in das man einfach einsteigen könne, da es ein spezifisches Skillset erfordere, das außerhalb der Möglichkeiten eines normalen Bunkerlieferanten liege, so Titan LNG. »Die Kompetenz, die erforderlich ist, um eine LNG-Bunkerinfrastruktur zu entwickeln, ist anders, das Handelsmuster ist anders, und die Verfügbarkeit von Verladeanlagen ist wichtig. Die Kosten für die Infrastruktur sind sehr hoch und in einem Markt, der noch recht klein ist, wird es für ›normale‹ Bunkeranbieter schwierig sein, das Spielfeld von LNG als Schiffstreibstoff zu betreten«, erklären die Niederländer. Man selbst habe eine »starke und flexible Lösung« gefunden, die es Titan LNG ermögliche, sein Geschäft unabhängig zu betreiben. Das sei auch der Kern der Unternehmensphilosophie. Im Großen und Ganzen erfahre LNG immer mehr Unterstützung und auch die meisten Häfen zeigten sich diesem Treibstoff gegenüber »sehr offen und konstruktiv«, heißt es von Gasum. »Manche Häfen jedoch, und gerade größere tun sich manchmal schwer, die notwendigen Genehmigungen zu erteilen«, so die Finnen.

Auch Titan LNG erklärt, dass das Verständnis für LNG-Bunkerstandards in den einzelnen Ländern und Häfen »unterschiedlich ausgeprägt« sei. Viele Hafenbehörden seien mit den im Vergleich zu konventionellen Bunkerkraftstoffen anderen oder zusätzlichen Maßnahmen noch nicht vertraut. »Dies beginnt sich jedoch mit dem zunehmenden Interesse und Verständnis für LNG zu verbessern. Daher sind der Wille und die Unterstützung vorhanden, um LNG-Bunkerung in Absprache mit den bestehenden Gesetzen und rechtlichen Verfahren praktikabel zu machen«, erklären die Niederländer.