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Obwohl in jüngster Zeit milliardenschwere Bestellungen für neue Containerschiffe bei asiatischen Werften platziert wurden, kann von einer Auftragswelle keine Rede sein. Im Gegenteil: Das Auftragsbuch ist weiter auf einem historisch niedrigen Niveau.

Zu diesem Ergebnis kommt die KfW IPEX Bank, der größte deutsche Schiffsfinanziere[ds_preview]r, in einer aktuellen Analyse. Während die Neubauquote während der Finanzkrise noch 60% der Bestandsflotte umfasste, liegt sie derzeit bei lediglich 10%. Angesichts des prognostizierten Wachstums im Welthandel und des Erneuerungsbedarfs wären in etwa 15% nötig, hatte zuletzt auch Rolf Habben Jansen, CEO von Hapag-Lloyd, konstatiert.

Hapag-Lloyd hatte selbst, wenn auch spät, Ende des vergangenen Jahres sechs Megamax-Neubauten geordert. Auch nahezu alle anderen großen Linienreedereien stehen auf den aktuellen Kundenlisten der Werften, dazu kommen chinesische Leasing-Gesellschaften und große Tonnage-Anbieter wie Seaspan. Obwohl die Transporteure zuletzt beachtliche Gewinne erzielten, investieren sie diese überraschenderweise nicht in neue Kapazitäten.

Doch der zuletzt stark gestiegene Bedarf wird, nach vielen verlustreichen Jahren und anhaltenden Preiskriegen, von den Linien nicht über ungebremstes Wachstum, sondern verstärkt über ein konsequentes Kapazitätsmanagement, Charterschiffe und Käufe im Secondhand-Markt gedeckt, schreiben die KfW-Experten in ihrer Analyse. Spekulative Bestellungen gibt es nicht mehr, auch, weil in der Vergangenheit zahlreiche Investoren in schlechten Märkten viel Geld »verbrannt« haben. In der Regel werden nur noch Aufträge erteilt, wenn sie mit langfristigen (und attraktiven) Charterverträgen hinterlegt sind.

Allein MSC hat seit Herbst 2020 insgesamt 27 gebrauchte Einheiten im Wert von 400 Mio. $ ins Kontor geholt, zuletzt unter anderem auch Feederschiffe wie die »RHL Aurora« (Baujahr 2006, 1.740 TEU) des Hamburger Lloyd. Hapag-Lloyd hat seit dem unerwarteten Anstieg des Transportvolumens insgesamt 300.000 TEU an Kapazität zusätzlich eingechartert – das ist jedes sechste Schiff in der Flotte.

Als weitere Gründe für die auffällige Zurückhaltung wird auch immer wieder die Unsicherheit genannt, wie sich die Märkte entwickeln werden und welche Antriebstechnologie zukunftssicher ist. LNG gilt als Übergangslösung, mit welchen Kraftstoffen künftig gefahren werden kann, ist noch nicht ausgemacht. Auf das falsche Pferd zu setzen, könnte sich als teurer Fehler erweisen. Auch ausstehende regulatorische Vorgaben und somit drohende Kosten wie eine CO2-Steuer oder die von der EU geplante Aufnahme der Schifffahrt in den Handel mit Emissionsrechten bremsen die Kauflaune.

Ein Bedarf aber besteht: Rund 20% der gesamten Flotte sind älter als 15 Jahre. Bis 7.600 TEU sind es sogar fast 50%, im Segment von 5.200–7.600 TEU steigt der Anteil bis 2024 sogar auf 60%. Im aktuellen Auftragsbuch finden sich dagegen vor allem Feederschiffe (1.000-3.000 TEU), VLCV (10.000-15.000 TEU) und ULCV (18.000-23.000 TEU), die zusammen über 90% aller Bestellungen ausmachen.

Zusätzliche Flexibilität werde künftig stärker ins Gewicht fallen als geringfügig höhere Slotkosten, heißt es in der KfW-Studie. Die Pandemie habe gezeigt, dass die Lieferketten komplexer und diversifizierter werden, Märkte sich neu sortieren. Das Auftragsbuch sei daher das Abbild einer durch COVID-19 veränderten Welt, in der sich die asiatischen Länder von Herstellern und Exporteuren zu Verbrauchermärkten wandeln. Die größte Nachfrage werde also bei Schiffen bestehen, die Größe und Flexibilität vereinen (10.000-15.000 TEU).