Von der Ems bis zur Ostsee wird gebaggert und gebaut: Die Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung (WSV) des Bundes arbeitet aktuell an mehreren Großprojekten im Bereich der Seeschifffahrt. Die HANSA gib einen Überblick der wichtigsten Maßnahmen

1 Laufender Neubau einer Seeschleuse zwischen Elbe und Nord-Ostsee-Kanal (NOK) mit einem Außen- und einem[ds_preview] Binnenhaupt zur Aufnahme der Schleusentore sowie die Anpassung der Einfahrt des elbseitigen Vorhafens.

Der Neubau einer fünften Schleusenkammer dient der Aufrechterhaltung des Schiffsverkehrs auf der meist befahrenen künstlichen Seeschifffahrtsstraße der Welt während der anschließend anstehenden Grundinstandsetzung der vorhandenen Großen Schleuse und darüber hinaus.

Die Kammerlänge der fünften Schleuse beträgt insgesamt etwa 360 m, die Kammerbreite 45 m. Die Auftragsvergabe erfolgte 2014, die Inbetriebnahme erwartet die WSV Ende 2026. Die Projektkosten belaufen sich insgesamt auf rund 1,2 Mrd. €.

2  NOK Oststrecke

Insbesondere für die deutschen Nordseehäfen wichtige Handels- und Verkehrsverbindung in den Ostseeraum. Der Nord-Ostsee-Kanal (NOK) ist Teil des »Transeuropäischen Verkehrsnetzes« (TEN). Trotz der international weiterhin angespannten wirtschaftlichen Lage wurden 2020 insgesamt 73.820.856 t Ladung durch den Nord-Ostsee-Kanal transportiert. Rund 25.000 Schiffe nutzten die Kanalpassage. Hinzu kommen rund 8.900 Sportboote jährlich.

Das Ausbauziel ist die Befahrbarkeit des Kanals mit Schiffen bis 280 m Länge, 32,5 m Breite und 9,5 m Tiefgang. Außerdem wird eine Verbesserung der Begegnungsmöglichkeiten im Ausbaubereich und damit eine Reduzierung der Passagezeit im Kanal angestrebt.

Der Auftrag für die ersten beiden Lose (erster Bauabschnitt) der Kanalverbreiterung zwischen Großkönigsförde und Schinkel war Ende 2019 erteilt worden. Das Auftragsvolumen liegt bei rund 120 Mio. €.

In einem ersten Schritt wurden bis Ende Februar 2020 an den von der Verbreiterung betroffenen Kanalböschungen Rodungsarbeiten vorgenommen. Die nachfolgend begonnenen Erdarbeiten laufen planmäßig. Auf rund 2 km erfolgte dann der Abtrag bis in die Nähe des Wasserspiegels. In den bereits abgetragenen Bereichen wurden die Entwässerungseinrichtungen eingebaut und die Böschung entsprechend des Ausbauzustandes profiliert. In diesem Bereich wurde Anfang Dezember 2020 der Bau einer temporären Umschlagstelle abgeschlossen und diese in Betrieb genommen. Die Umschlagstelle dient zum Umschlag von Baumaterial, um die umliegenden Dörfer verkehrlich zu entlasten.

Die Verbringung des Trockenbaggergutes auf die planfestgestellten Landflächen verläuft planmäßig. Bislang wurden an der Überwasserböschung schon über 700.000 m³ von den insgesamt geplanten 1,3 Mio. m³ Boden bewegt. Die Kapazitäten der Verbringungsfläche Ziegelgrube (rund 550.000 m³ Volumen) sind größtenteils ausgeschöpft. Die Verbringungsstelle Kippland Schinkel (rund 190.000 m³ Volumen) wurde für die anschließende Verbringung weiterer Böden vorbereitet und bereits mit ersten Bodenanteilen beschickt.

Die Baustelleneinrichtung auf dem Spülfeld Flemhude ist abgeschlossen; größere Massentransporte für die Bodenzwischenlagerung haben begonnen.

Inzwischen wurde mit der Errichtung eines Erdwalls zwischen Autobahn 210 und Flemhuder See begonnen. Für den Erdwall wird annähernd 150.000 m³ Bodenmaterial vom Ausbau der Oststrecke verwendet. Der Boden wird über die neu geschaffene temporäre Anlegestelle auf der nördlichen Kanalseite bei Großkönigsförde auf dem Wasserweg zum Bauhafen am Flemhuder See transportiert und von dort aus zum Erdwall gebracht.

Für die Gesamtmaßnahme wurden im Bundeshaushalt rund 500 Mio. € veranschlagt. Die Planungsleistungen für den nächsten Bauabschnitt sind in Vorbereitung.

3 Ersatzneubau der kleinen Schleuse Kiel-Holtenau

Die kleine Schleusenanlage in Kiel-Holtenau ist aufgrund gravierender Standsicherheitsdefizite außer Betrieb. Sie wird an gleicher Stelle durch einen Neubau ersetzt, der den ostsee-seitigen verkehrsgerechten Zugang für die Schifffahrt in den NOK langfristig sicherstellen wird.

Der Planfeststellungsbeschluss wurde am 18. Mai erlassen. Die Entwurfsplanungen werden weiter vorangetrieben. Vorbereitende Bauaktivitäten sollen im Jahr 2022 beginnen

4 Levensauer Hochbrücke

Für den Ersatz der über 120 Jahre alten Levensauer Hochbrücke, die als kombinierte Straßen- und Eisenbahnbrücke den NOK überspannt, wurde am 22. November 2017 der Planfeststellungsbeschluss erlassen. Derzeit erfolgen die Ausführungsplanung und die Erstellung der Ausschreibungsunterlagen. Der Baubeginn des Brückenneubaus ist ab 2022 vorgesehen. Vorbereitende Arbeiten wie die Herstellung einer Bohrpfahlwand vor dem Widerlager Süd (in Ausführung) und die Herstellung der Uferwand Süd (Ausführung ab 2022) erfolgen vorab.

Die bestehende Brücke wird bis zum Bau der neuen Brücke in einem betriebssicheren Zustand gehalten.

5 Eisenbahnhochbrücke Hochdonn

An der Eisenbahnhochbrücke Hochdonn, die den NOK quert, steht eine Vollerneuerung des passiven Korrosionsschutzes an. Start der Bauabwicklung ist nach Angaben der WSV voraussichtlich 2022, Ende voraussichtlich 2034.

6 Grundinstandsetzung Kanal­tunnel Rendsburg

Der Straßentunnel als Teil der B 77 unterquert den NOK. Der Tunnel ist am 1. Mai für den vierspurigen Verkehr freigegeben worden. Er wird nach Fertigstellung von Restarbeiten und Baubestandsunterlagen an den Landesbetrieb Straßenbau und Verkehr Schleswig-Holstein übergeben.

7 Fahrrinnenanpassung Unter- und Außenelbe

Mit dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 4. Juni 2020 wurden auch die letzten Klagepunkte der Umweltverbände abgewiesen und der Planfeststellungsbeschluss bestandskräftig.

Der Bau der ersten Unterwasserablagerungsfläche (UWA) für die spätere Aufnahme der Baggermengen konnte bereits im Februar 2019 begonnen werden. Die UWAs Medemrinne, Neufelder Sand, Brokdorf, St. Margarethen und Scheelenkuhlen, die in ihrer Gesamtheit als integriertes Strombaukonzept die Auswirkungen des Vorhabens minimieren, wurden im Frühjahr 2021 fertiggestellt. Die Nassbaggerarbeiten für die Verbreiterung und Vertiefung der Fahr-rinne wurden ebenfalls im Frühjahr beendet.

Mit dem Abschluss der Baggerarbeiten für die Fahrrinnenanpassung wurde am 3. Mai 2021 die erste Freigabestufe für die verbesserten Tiefgänge umgesetzt, Damit können große Containerschiffe die neuen Fahrwassertiefen mit einem bis zu 0,9 m erhöhten Tiefgang nutzen.

Zur Gesamtmaßnahme gehören umfangreiche terrestrische und aquatische Ausgleichsmaßnahmen an der Stör in Schleswig-Holstein, am niedersächsischen Ufer, auf der Insel Schwarztonnensand sowie in der Schwarztonnensander Nebenelbe. Die Gesamtmaßnahme soll 2021 abgeschlossen werden. Die Investitionen für die Bundesstrecke liegen bei rund 500 Mio. €.

8 Anpassung Außenweser

Durch das Ausbauvorhaben zur Anpassung der Außenweser wird ein leistungsfähiger Anschluss des Containerterminals in Bremerhaven an die internationalen Seewege und Transportmärkte sowie an die spezifischen Schiffsgrößenentwicklungen angestrebt.

Mit dem Projekt sollen die bestehenden Fahrrinnenverhältnisse an die Erfordernisse der weltweit verkehrenden Containerschiffe angepasst und eine tideunabhängige Abladetiefe von 13,50 m ermöglicht werden. Die Bundesregierung möchte das Vorhaben durch Gesetz anstelle eines Verwaltungsaktes zulassen. Es wurde daher zusammen mit der Unterweservertiefung in das dafür erforderliche Vorbereitungsgesetz aufgenommen.

Unter Berücksichtigung des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts zu dem Planfeststellungsbeschluss (vom August 2016) sollen neue, in sich abgeschlossene Planunterlagen für den Bundestag erstellt werden. Für das Ausbauvorhaben ist im vierten Quartal 2021 eine Öffentlichkeitsbeteiligung vorgesehen.

9 Vertiefung der Unterweser bis Brake

Durch die Vertiefung der Unterweser von Bremerhaven bis Brake soll die Abladetiefe für die tideabhängige Fahrt von Bremerhaven bis Brake (»Unterweser Nord«) um 0,90 m auf 12,80 m vergrößert werden. Von der geplanten Vertiefung werden insbesondere der Getreide- und Futtermitteltransport nach Brake mit Panamax-Schiffen profitieren. Zum Genehmigungsverfahren siehe Punkt 8. Anpassung Außenweser. Für das Ausbauvorhaben ist im vierten Quartal 2021 eine Öffentlichkeitsbeteiligung vorgesehen.

10 Vertiefung der Außenems

Das Land Niedersachsen hat beim Bund den Antrag gestellt, eine Vertiefung der Außenems durchzuführen und damit die seewärtige Zufahrt zum Hafen Emden für Massengutschiffe und Fahrzeugtransporter zu verbessern. Die im Rahmen des eingeleiteten Planfeststellungsverfahrens eingegangen Stellungnahmen sind im erforderlichen Umfang zu berücksichtigen. Zudem werden die Planunterlagen auf den neuesten Stand gebracht. Anschließend wird das Verfahren fortgesetzt. Für das Jahr 2022 ist die Antragstellung bei der Planfeststellungsbehörde vorgesehen.

11 Instandsetzung des Westdeckwerks auf Wangerooge

Das 2,8 km lange Westdeckwerk auf Wangerooge schützt die Westflanke der Nordseeinsel vor starken Wellenbelastungen aus westlicher und nordwestlicher Richtung. In den letzten Jahren zeigten sich vermehrt Instabilitäten am Deckwerkskörper, die eine umfassende Grundinstandsetzung auf gesamter Länge erforderlich machen.

Die Baumaßnahme wurde im April 2017 mit einem Investitionsvolumen von etwa 45 Mio. € begonnen. Die Bauzeit sollte sich ursprünglich über drei Jahre hinziehen, da nur in den Sommermonaten gebaut werden kann.

Wegen einer Firmeninsolvenz musste die Baumaßnahme unterbrochen werden. Zur Fortführung des Vorhabens muss der Auftrag allerdings neu ausgeschrieben und vergeben werden, sodass im Jahr 2018 keine Weiterführung der Maßnahme möglich war. Die Neuausschreibung eines ersten Abschnittes der Maßnahme erfolgte im Jahr 2020. Dieser Abschnitt soll im Herbst 2021 fertiggestellt sein. Ausschreibung und Fertigstellung des letzten Teilabschnittes ist für die Jahre 2022 und 2023 geplant.

12 Grundinstandsetzung Eidersperrwerk

Das 1968 in Betrieb genommene Eider-Sperrwerk mit seinen fünf je 40 m breiten Sieltoren ist durch die exponierte Lage starken Belastungen ausgesetzt. In den Jahren 2010 bis 2013 erfolgte die Betoninstandsetzung der Wehrpfeiler. In den letzten fünf Jahren wurden die kritischen Punkte der Sieltore sowie die Torsionslager instandgesetzt. Weil nur jeweils ein Tor außer Betrieb genommen und nur außerhalb der Sturmflutsaison (Oktober bis April) gearbeitet werden kann, konnte jeweils nur ein Wehrfeld pro Jahr instandgesetzt werden

Die Wehrpfeilerdecken werden derzeit instandgesetzt. In den Jahren 2022 bis voraussichtlich 2031 werden die Stauhaut der Sieltore inklusive der Seitendichtungen und die Wehrpfeilerdecken instandgesetzt.

13 Instandsetzung der Ostmole auf Helgoland

Die Ostmole schützt den Bundeshafen Helgoland vor Wellenbelastungen aus östlichen Richtungen. Die Standsicherheit des bestehenden Bauwerkes ist durch bisherige Belastungen erheblich beeinträchtigt. Deshalb ist eine Grundinstandsetzung notwendig. Nachdem die Kampfmittelräumung 2018 abgeschlossen wurde, fand eine Baugrunderkundung als Grundlage für die Aktualisierung der Planung statt.

Die Ausschreibung und Bauausführung werden nach heutigem Stand für die Jahre 2023 bis 2026 geplant. Überlegungen zur Instandsetzung der Westmauer sind ebenfalls erforderlich. In diesem Bereich laufen derzeit Arbeiten zur Schaffung der Freigabe bezüglich Kriegsaltlasten (Kampfmittelräumung).

14 Seekanal Rostock – Anpassung der seewärtigen Zufahrt zum Seehafen Rostock

Der Bundesverkehrswegeplan enthält als Vorhaben des vordringlichen Bedarfs die Anpassung der seewärtigen Zufahrt zum Seehafen Rostock. Diese soll zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit des Seehafens Rostock dienen und umfasst die Vertiefung der Fahrrinne der seewärtigen Verbindung von der Ostsee bis zum Seehafen Rostock bis einschließlich der Ölhafen-Wendeplatte (von KM 2 bis KM 17,2) für ein Befahren mit 15,0 m tiefgehenden Schiffen. Zu diesem Zweck sollen insgesamt rund 5,6 Mio. m³ Nassbaggergut bewegt werden. Der Planfeststellungsbeschluss wurde im Mai erlassen. Es liegt allerdings eine Klage gegen das Vorhaben vor. Vorlaufende Ausschreibungen für die bauliche Umsetzung sollen im Oktober starten. Bei gutem Verlauf können die Bauarbeiten in 2022 starten.

15 Anpassung der seewärtigen Zufahrt zum Seehafen Wismar

Zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit des Seehafens Wismar soll die Fahrrinne der seewärtigen Verbindung von der Ostsee bis zum Hafen (von km 0 bis km 27) für ein Befahren mit 10,5 m tiefgehenden Schiffen vertieft und die Sohle verbreitert werden.

Derzeit findet eine Aktualisierung der mit Stand 2012 vorliegenden Planfeststellungsunterlagen aufgrund von Bestandsänderungen und erweiterter rechtlicher Anforderungen statt. Es müssen etwa 6,5 Mio m3 Baggergut bewegt werden. Die Investitionskosten betragen rund 79 Mio. €.

16 Torinstandsetzungsdock Brunsbüttel

In Brunsbüttel wird zur regelmäßigen Prüfung und Instandsetzung der Schiebetore der großen Schleusen am NOK ein Trockendock sowie dazugehörige Liegeplätze benötigt. Der Bau des Torinstandsetzungsdocks wurde zusammen mit dem derzeit erfolgenden Bau der 5. Schleusenkammer planfestgestellt. Die Maßnahme soll als Pilotprojekt »Planen und Bauen« mit anschließender Wartung voraussichtlich in 2022 ausgeschrieben werden.

17 Modernisierung der maritimen Verkehrstechnik an der deutschen Küste

Die Maritime Verkehrstechnik an der deutschen Küste wurde grundlegend erneuert. Ziel war es insbesondere, alle Prozesse der Maritimen Verkehrssicherung mit modernster Technik zu unterstützen.

Zentrales Element ist die Vernetzung aller verkehrstechnischen Anlagen zu einem küstenweiten System. Die Landradaranlagen, das Funk- und AIS-Netz wurden erneuert beziehungsweise modernisiert. Durch die Vernetzung aller Informationen verfügt die WSV über ein küstenweites Lagebild. Die Arbeitsplätze in den Verkehrszentralen der WSV werden vollständig mit modernster Technologie ausgestattet und haben Zugriff auf alle relevanten Daten. Diese Daten werden andere Landes- und Bundesbehörden aber auch der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS) für deren Aufgabenwahrnehmung von der WSV zur Verfügung gestellt. In den nächsten Jahren werden viele Komponenten des küstenweiten Systems bereits erstmals ersetzt und die Ausstattung von drei Verkehrszentralen erneuert. RD