Michael Meyer, Stellvertretender Chefredakteur (© HANSA)

Die Insolvenz der MV Werften mit Standorten in Wismar, Warnemünde, Stralsund und Bremerhaven ist ein herber Schlag für den deutschen Schiffbau. Ob selbstverschuldet oder nicht; die Unvorhersehbarkeit einer globalen Corona-Pandemie und ihrer Auswirkungen auf die Tourismus-Märkte hin oder her[ds_preview]: Tausende Arbeitsplätze und viel Know-how stehen auf dem Spiel, wenn nicht schnell ein neuer Eigner als Nachfolger der asiatischen Genting-Gruppe gefunden wird.

Ein kurzfristiges Rettungspaket zu schnüren ist aber nur das eine. Eine wenigstens mittelfristige Perspektive zu schaffen ist das andere, nicht minder wichtige Bauteil in diesem Puzzle. Christoph Morgen ist ein angesehener und erfahrener maritimer Insolvenzverwalter. Aber Wunder wird auch er nicht vollbringen können.

Für die neue Bundesregierung und die maritime Koordinatorin Claudia Müller ist der Fall so etwas wie eine Feuer-, oder besser eine »Wasser«-Taufe. Sich in die Büsche zu schlagen, wie es Genting offenbar tut, ist für die Verantwortlichen von SPD, Grünen und FDP keine Option.

Man muss es parteiprogrammatisch nicht gut finden, aber eines sollte der Regierung bewusst sein: Ohne pragmatische Hilfen droht den Werften das Aus, und damit ein schmerzhafter Verlust von tausenden Arbeitsplätzen und wirtschaftlicher Substanz. Das kann nicht im Interesse der Politik sein, weder industrie-, noch sozialpolitisch.

Vielmehr geht es für die selbst-ernannte Fortschrittskoalition jetzt darum, den großen Worten aus ihrem Koalitionsvertrag Taten folgen zu lassen. »Mehr Fortschritt wagen« hört sich erst einmal gut an, mit Blick auf den Schiffbau im Lande kommt es aber weniger auf ein vages »Wagen«, als vielmehr auf ein konkretes »Machen« an. Jetzt. Sofort.

Die Vorzeichen sind eigentlich nicht so schlecht. In der Berliner Ampel steht beispielsweise Rot (schon klar, nicht nur …) für den Kampf um Arbeitsplätze, Grün für den Klimaschutz und Gelb für Innovationen. Warum also nicht endlich mit voller politischer Kraft die Umrüstung der Flotten auf umweltfreundliche Technologien vorantreiben? Mit noch mehr Förderungen und besseren Rahmenbedingungen, sei es nun auf Bundes- oder auf EU-Ebene.

Die Neubau-Werften weltweit sind voll, wie es immer wieder heißt, das enorme Auftragsverhalten der weltweiten Reeder hinterlässt Spuren. Hierzulande gibt es aber noch Kapazitäten, mit denen große Retrofit-Programme umgesetzt werden könnten. Die Transformation der Schifffahrt könnte ein deutscher Export-Erfolg werden, mit grünen, innovativen Technologien, die Arbeitsplätze sichern. Auch eine Modernisierung der Behördenflotte(n) könnte noch viel stärker forciert werden.
Frau Müller, übernehmen Sie!