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Während der Fokus in der Schifffahrt derzeit vor allem auf neuen, kohlenstoffarmen oder -freien Kraftstoffen liegt, könnte in Zukunft auch die CO2-Abscheidung an Bord einen Beitrag zur Erreichung der Klimaziele leisten. Auch 2022 wurden dazu neue Projekte gestartet[ds_preview]

Viele Schiffseigner erwägen derzeit den Umstieg auf alternative Kraftstoffe wie Ammoniak, Wasserstoff und Methanol, um die sich verschärfenden Klimaschutzvorschriften zu erfüllen. Wann und ob diese Kraftstoffe in großem Maßstab für die Schifffahrt zur Verfügung stehen, ist noch ungewiss. Onboard Carbon Capture and Storage (OCCS) könnte eine Möglichkeit sein, die klimaschädlichen Bestandteile aus Schiffsabgasen zu entfernen, auch wenn fossile Kraftstoffe genutzt werden.

Zu den von der maritimen Industrie in Erwägung gezogenen Methoden gehören die chemische Absorption, die Membrantrennung und kryogene Kohlenstoffabscheidungstechnologien, wie ein aktueller Report der US-Klassifikationsgesellschaft ABS zeigt.

Es gibt verschiedene Arten von Kohlenstoffabscheidungssystemen, aber aufgrund der besonderen Kriterien für den Betrieb auf Schiffen kommen nach Einschätzung von ABS nur einige wenige Arten in Frage. Neben Kostenerwägungen sind bei der Installation auch Größe, Gewicht und Energiebedarf zu beachten.

Absorption, Membrantrennung, kryogene Abscheidung …

Je nach Kraftstoffart und Abgasqualität besteht der erste Schritt in vielen Abgasreinigungssystemen für die Kohlenstoffabscheidung in der Reduzierung von Verunreinigungen wie SOx, Feinstaub (PM), Schwermetallen, Asche und Stickoxiden (NOx), die im Abgas enthalten sein können. Systeme zur Kohlenstoffabscheidung an Bord können eine Nasswäsche in der Quench-/Kühlstufe des Abgases verwenden – hiefür wird auch die Anpassung bereits erprobter Sox-Scrubber erforscht – und dann eine Absorbereinheit einsetzen, in der das Lösungsmittel CO2 aus dem Abgasstrom extrahiert.

Das CO2-reiche Lösungsmittel wird dann in eine Desorber- oder Strippereinheit geleitet, um sowohl das CO2 vom Lösungsmittel zu trennen als auch das Lösungsmittel zur Wiederverwendung zurückzugewinnen. Je nach Art des verwendeten Lösungsmittels können sich diese im Laufe der Zeit unterschiedlich schnell abbauen und müssen nachgefüllt oder ersetzt werden, während das verbrauchte Lösungsmittel oder der Rückstand ordnungsgemäß behandelt und entsorgt werden muss.

Zu den unterstützenden Systemen für die Hauptprozessstufen gehören Wasserdampfentfernung, Wärmetauscher für die Temperatur- und Phasenregelung der Bestandteile, Gebläse oder Pumpen für die Zirkulation oder andere Systeme, um die gewünschte Qualität des abgeschiedenen CO2 zu erreichen.

Trockenwäschersysteme, die statt Lösungsmitteln feste Sorbentien zur Reinigung von Abgasströmen einsetzen, sind in der Schifffahrt bisher nicht relevant. ABS führt das auf die fehlende technische Reife, die nicht mögliche Regeneration von Sorbentien und die Überlegenheit von Nasswäschern beim Vergleich von Effizienz, Kosten und Wartungsanforderungen zurück.

Auch Membranen können als Filtersystem eingesetzt werden, um verschiedene Verunreinigungen, einschließlich Kohlenstoffgas, zu absorbieren. Die herkömmliche Membrantechnologie besteht aus Filtern, die auf die Größe der Moleküle abgestimmt sind. Es können auch Sorbentien verwendet werden, die die chemische oder elektrische CO2-Abscheidung des Filters zu fördern. ABS sieht hier Potenzial für die Kohlenstoffabscheidung an Bord, bisher sei das aber technologisch nicht reif genug.

Bei der kryogenen Kohlenstoffabscheidung wird der Kohlenstoff aus dem Abgas abgetrennt, indem die Phasenveränderung durch Temperatur- und Druckmodulationen gesteuert wird. Die Wirksamkeit der kryogenen Kohlenstoffabscheidung hängt von den verschiedenen Chemikalien ab, die im Abgasstrom enthalten sind. Bei diesem Verfahren wird das Abgas auf den Erstarrungspunkt von CO2 (–100 bis –135° C) abgekühlt. Die Anwendung dieser Methode zur Extraktion von Gasen, einschließlich NOx und SOx, führt zu zwei Abgasströmen; einer besteht aus unter Druck stehendem reinem CO2 (99 % oder mehr), der andere aus den restlichen Bestandteilen des ursprünglichen Abgases bei Umgebungsdruck. Dieses System kann auf bestehenden Schiffen mit relativ geringem Platzbedarf installiert werden. Die extremen Temperaturen, die für den kryogenen Kohlenstoffabscheidungsprozess erforderlich sind, erfordern die Integration mit anderen Systemen an Bord, um den Wärmeaustauschprozess zu optimieren. Es wird geschätzt, dass dieses Verfahren den Energieverbrauch der Kohlenstoffabscheidung im Vergleich zu lösungsmittelbasierten Kohlenstoffabscheidungssystemen um 50 % senken kann.

Bedacht werden muss bei Schiffen auch, dass das abgeschiedene CO2 an Bord gelagert werden müsste, in gasförmiger, flüssiger oder fester Form. Und letztlich muss das CO2 im Hafen abgegeben und zur Weiterverarbeitung genutzt werden können.

Samskip &Value Maritime

2022 haben verschiedene Akteure Projekte gestartet, um die CCS-Technologie für den Einsatz auf Schiffen zu prüfen. Anfang Oktober meldete die Schifffahrts- und Logistikgruppe Samskip ihre erste Installation einer Carbon-Capture-Technologie an Bord zweier Containerschiffe. Die anlagen können bis zu 30 % der CO2-Emissionen herausfiltern. Mit der Filtree-Carbon-Capture-Technologie von Value Maritime an Bord sollen bis zu 30 % der CO2-Emissionen aus dem Abgasstrom gefiltert werden. Samskip setzt auf Biokraftstoffe, die bereits 90 % an CO2 einsparen. Value Maritime hat den Angaben zufolge die Filtree-Technologie als vorgefertigtes Abgasreinigungssystem entwickelt, das Schwefel, Feinstaub und an CO2 entfernt. Das System neutralisiert zudem den PH-Wert des Waschwassers und entfernt Ölrückstände und ultrafeine Partikel. Zurückgewonnenes CO2 wird in ISO-Tankcontainern gespeichert und an Deck transportiert. Im Hafen geht das CO2 per Lkw zu Industrieabnehmern wie zum Beispiel Gewächshäusern.

X-Press Feeders & Value Maritime

Im Juni hatte Value Maritime mit der Reederei X-Press Feeders bereits einen Kunden für seine CO2-Speicher-Technologie gefunden. Die Nachrüstung zweier Containerschiffe mit einem »Carbon Capture System« und ein »Clean Loop System« (Reinigung des genutzten Wassers) sollten im Spätsommer beginnen. Danach sollen die Emissionen um 20 % niedriger ausfallen.

Stena & Alfa Laval

Mitte Oktober wurde bekannt, das Alfa Laval sich an einem Projekt zur Kohlenstoffabscheidung an Bord von Schiffen »im großen Maßstab« beteiligt. Das Projekt wurde vom Global Centre for Maritime Decarbonisation (GCMD), der Oil and Gas Climate Initiative (OGCI) und der Reederei Stena Bulk initiiert. Im Rahmen des auf zwei Jahre angelegten Projekts ReMarCCAbLE (Realising Maritime Carbon Capture to demonstrate the Ability to Lower Emissions) soll eine Kohlenstoffabscheidungsanlage an Bord eines Tankers getestet werden, um die betrieblichen Herausforderungen auf See zu bewerten und potenzielle Kostensenkungsmaßnahmen für kommerzielle Anwendungen zu ermitteln.

BASF & Samsung

Der deutsche Chemiekonzern BASF und der südkoreanische Schiffbauer Samsung Heavy Industries prüfen seit September die Machbarkeit der Installation der Gaswäsche-Technologie »OASE blue« von BASF. Der Umfang der Zusammenarbeit umfasst eine spezifische Studie sowie die technische Planung und den Bau der CO2-Abscheidungsanlage. BASF wird das Projekt mit Know-how auf dem Gebiet Floating Natural Gas (FLNG) und der OASE-blue-Technologie unterstützen. SHI ist für den Schiffbau zuständig.

GasLog & ABS & Daewoo

Auch die Klassifikationsgesellschaft ABS, Daewoo Shipbuilding and Marine Engineering (DSME) und die Reederei GasLog bündelten im Juni ihre Kräfte. Die drei Unternehmen werden bei der Entwicklung eines OCCS-Systems für einen von DSME zu bauenden LNG-Tanker zusammenarbeiten und das System vor der Installation und dem Betrieb durch verschiedene Risikoanalysen und Tests überprüfen. Gleichzeitig wird eine grundsätzliche ABS-Zulassung (AIP) für das System angestrebt. Die gemeinsame Entwicklung soll bis zum ersten Quartal 2023 abgeschlossen sein. ABS wird die Regeln und Vorschriften für die OCCS-Entwicklung vorgeben und technische Beratung leisten. DSME hatte im vergangenen Jahr einen Auftrag über vier LNG-Tanker von GasLog erhalten. Diese Schiffe sollen ab der ersten Hälfte 2024 abgeliefert werden. Die tatsächliche Installation des OCCS soll zeitgleich mit dem Bau erfolgen.

Scorpio & Carbon Ridge

Scorpio Tankers arbeitet seit März mit dem US-Start-up Carbon Ridge an der Entwicklung der bordseitigen Kohlenstoffabscheidung. Ziel ist es, die bestehende Technologie zur Gasabscheidung zu kommerzialisieren, ohne dass große bauliche Veränderungen erforderlich sind. Die Vereinbarung sieht eine Zusammenarbeit bei der detaillierten Entwicklung und der Validierung einer kleinen Testanlage auf einem Scorpio-Tanker vor.

Korean Register & Panasia

Außerdem hat in diesem Jahr die Klassifikationsgesellschaft Korean Register (KR) dem Schiffbauer Samsung Heavy Industries (SHI) und dem Technologiekonzern Panasia die grundsätzliche Genehmigung für ein Onboard Carbon Capture and Storage System erteilt. Die von SHI und Panasia entwickelte Nassabsorptionsanlage ist das Ergebnis von drei Jahren gemeinsamer Forschung und Entwicklung und soll den Bedarf an zusätzlicher Technologie zur Kohlenstoffreduzierung decken, um mittel- bis langfristig Kohlenstoffneutralität zu erreichen. Das System ist das erste seiner Art, das in Korea entwickelt wurde. Mit der Reederei Hyundai Merchant Marine hatte Panasia Mitte Mai eine Vereinbarung über den Testeinsatz von OCCS-Systemen geschlossen. fs

Abstract: Onboard carbon capture gaining interest

While the focus in shipping is mainly on new, carbon-free alternative fuels, in the future onboard carbon capture (OCCS) technology might also play a role in reaching the industry’s climate goals. 2022 has seen many new OCCS projects getting on the way.