Die Liste der Streitpunkte wird nicht kürzer und der maritime Koordinator der Bundesregierung Janecek sollte sie im Blick behalten.
Die quälend langwierige und noch immer nicht abgeschlossene Elbvertiefung, der Dauerbrenner »Hafenautobahn« A26 Ost, der ebenso quälend lange und intensive Tarifkonflikt zwischen der Seehafenwirtschaft und der Gewerkschaft Verdi im vergangenen Jahr, jetzt die Streiks in der Hamburger Hafenverwaltung und bei den Lotsenversetzern …
Dazu kommt immer wieder und schon seit so langer Zeit das wenig effiziente Planungsrecht sowie ein Finanz- und Umsetzungsdefizit für Infrastrukturprojekte: Deutschlands Ruf als maritime Nation leidet. Im Ausland reibt man sich verwundert die Augen (und wohl auch die Hände), dass sich der Standort immer wieder selbst ein Bein stellt.
Vor allem, weil ja gerade erst bewiesen wurde, dass es schnell gehen kann – Stichwort LNG-Terminals. Umso ärgerlicher ist es, wenn es an mehreren Stellen hakt und die Verlässlichkeit von Häfen und Wasserstraßen, nennen wir es mal so, »suboptimal« ist.
Der deutsche Schiffsmaklerverband ZVDS machte jüngst seinen Unmut deutlich: Nicht nur lasse die Kommunikation der Behörden zu wünschen übrig. Man könne es auch nicht verstehen, dass der Bund die Mittel für Investitionen in die Wasserstraßen nicht nur halbiert, sondern es bislang auch versäumt habe, die Verwaltung zu einem attraktiven Arbeitgeber weiterzuentwickeln. Schaut man auf die oft hervorgeholte Begründung der Behörden, man wolle ja schneller arbeiten, doch fehlten die Mitarbeiter dafür, muss man sagen: Die Schiffsmakler haben da mit ihrer Forderung nach Strukturreform und mehr Finanzierung einen Punkt.
Herr Janecek ist gefordert
Trotz dem Gezänk in der Ampel, wer jetzt was, an welcher Stelle und aus welchen (partei- oder realpolitischen) Gründen auch immer verhindert: Stillstand in der maritimen Politik kann sich Deutschland nicht leisten. Die Wirtschaft braucht dringend einen »Ruck«, wie es sich ein Branchenvertreter kürzlich in Anlehnung an eine in Erinnerung gebliebene Rede eines ehemaligen Bundespräsidenten wünschte.
Bedenken bezüglich der Umwelt? Berechtigt.
Bedenken bezüglich der Arbeitsbedingungen? Ebenso berechtigt.
Doch die Auswirkungen der Streitigkeiten und Streiks sind mittlerweile enorm. Kann man das nicht vielleicht auch anders lösen? Mit mehr Moderation und Dialog, mehr Verständnis und mehr Kompromissbereitschaft? Es geht immerhin um einen wichtigen Industriesektor, der sehr viel Wertschöpfung generiert und eine wichtige Rolle für die Wirtschaft und das Leben im Lande darstellt. Manch einer befürchtete zuletzt bereits, dass Hamburg bald zum »Streikhafen Europas« ausgerufen wird.
Also: Die Politik muss etwas tun. Herr Janecek ist gefordert. Es ist sicherlich keine arbeitsarme Zeit für den maritimen Koordinator der Bundesregierung, und er ist darum auch nicht zu beneiden. Aber wenn verschiedene Akteure ihm vor dem Osterfest faule Eier ins Nest legen, kann er sie nicht einfach wegwerfen, sondern muss das Nest reinigen. Wenn die Ministerien der Bundesregierung allein nicht vorankommen, muss er als Scharnier für einen gut – oder wenigstens etwas besser – geölten Betrieb in der maritimen Politik sorgen.
Michael Meyer
Stellvertretender Chefredakteur
HANSA International Maritime Journal