Die Linienreederei Hapag-Lloyd hat ihr Netzwerk nach den Angriffen im Roten Meer weitestgehend umgestellt. Ein schnelles Ende der Krise ist nicht absehbar, heißt es.
Ende November vergangenen Jahres hatten die vom Iran unterstützen sogenannten Huthi-Rebellen ihre Angriffe auf die internationale Schifffahrt begonnen. Seither wurde weit mehr als 30 Schiffe attackiert, darunter Mitte Dezember auch das von Hapag-Lloyd betriebene Containerschiff »Al Jasrah« (Baujahr 2016, 15.000 TEU). [ds_preview]
In der Folge lässt Hapag-Lloyd – wie alle anderen großen Reedereien auch – die Schiffe im Fernost-Verkehr einen Umweg um das südafrikanische Kap der Guten Hoffnung fahren statt durchs Rote Meer und den Suezkanal. Die Umstellung dieses beträchtlichen Teils des Netzwerks sei »weitestgehend abgeschlossen«, berichtet CEO Rolf Habben Jansen in einer Medienrunde.
Hapag-Lloyd braucht 10-12 Tage länger ums Kap
In den vergangenen Wochen hatte die Reederei dafür etliche Schiffe dazuchartern müssen. »Über Nacht« seien die Buchungsanfragen hochgeschnellt, mit den Attacken im Roten Meer habe sich am Markt »Panik breitgemacht.« Denn Schiffsraum sei urplötzlich knapp geworden.
Grund: Die Transitzeit nach Nordeuropa verlängert sich durch den Umweg um 10-12 Tage, ins Mittelmeer kommen noch einmal zwei Tage dazu. »Dabei lassen wir die Schiffe ›full speed‹ fahren«, so Habben Jansen. Heißt: Die durchschnittliche Geschwindigkeit wurde von zuvor 14-15 kn auf 18–19 kn erhöht. Außerdem sind statt der üblichen 12 Schiffe jetzt 14 bis 15 Schiffe in einem Dienst im Einsatz.
Das kostet erheblich mehr Kraftstoff und verteuert die Transportkosten. Hapag-Lloyd hatte unter anderem die Krise im Roten Meer als Grund für den Ergebniseinbruch im 4. Quartal genannt. Im 4. Quartal hatte die Reederei nach Jahren wieder Verluste eingefahren. Die -300 Mio. $ entsprachen einem Rückgang um -3,6 Mrd. $ gegenüber dem Vorjahresquartal.
Umleitung ist für Hapag-Lloyd »alternativlos«
Doch sei dieses Vorgehen alternativlos, um die Verspätung auf der wichtigen Route zwischen Asien und Europa halbwegs in Grenzen zu halten, so Habben Jansen. Inzwischen sei die Umstellung erfolgreich abgeschlossen.
Die Schiffe biegen bereits hinter der Straße von Malakka nach Südwesten ab und nehmen direkt Kurs auf das Kap. Einige wenige Schiffe steuern Jebel Ali in den Emiraten und Dammam an der Ostküste Saudi-Arabiens an, wo Hapag-Lloyd einen Landtransport zur Westküste ans Rote Meer nach Dschiddah etabliert hat. Das Volumen liege allerdings nur »bei einigen hundert Containern pro Woche«, räumt Habben Jansen ein. Eine wirkliche Entlastung sei dies daher nicht.
125.000 neue Container für Hapag-Lloyd
Mit einem schnellen Ende der Krise rechnet der CEO von Hapag-Lloyd nicht. Es werden aber auch keine sechs Monate, hofft er. Es gebe viele Akteure in der Region, die ein Interesse an einer baldigen Lösung des Problems hätten. Allen voran Ägypten mit dem kaum noch befahrenen Suezkanal, aber auch andere. Auch Militärmissionen der USA (»Prosperity Guardian«) und der EU könnten helfen, so der Reedereichef. Sobald sich die Lage wieder ändere, könnten die Dienste »sehr schnell« auf ihre ursprünglichen Routen zurückgebracht werden.
Derzeit plagen ihn ganz andere Sorgen: Während es weitestgehend gelingt, die Frachtnachfrage zu bedienen, werden an Land die Container knapp. In den Häfen in Europa und Nordamerika stapeln sich leere Boxen, die derzeit nicht rechtzeitig nach Asien zurückgebracht werden können. Um einen ernsten Engpass wie zuletzt während der Corona-Pandemie zu verhindern, hat das Unternehmen noch einmal 125.000 Stahlbehälter nachgekauft. Kostenpunkt: 350 Mio. €.
Zumindest die finanzielle Situation dürfte sich bessern. Nach dem Ergebniseinbruch über den Jahreswechsel haben die Raten deutlich angezogen. In den wichtigen Verkehren ab Fernost nach Nordeuropa und Nordamerika liegt der Preis pro Container laut Drewry inzwischen bei über 6.000 $/FEU. Für das 1. Quartal 2024 rechnet Hapag-Lloyd daher mit einer Rückkehr in die Gewinnzone. (KF)