Zwilling, Praxis
Krischan Förster

Etwa 5 % aller Schiffe in der Weltflotte können heute bereits mit nicht-fossilen Kraftstoffen fahren. Beim aktuellen Auftragsbestand sind es mit 55 % sogar mehr als die Hälfte. Also alles im Lot auf dem Weg in eine CO₂-freie Schifffahrt?

Nach Einschätzung der Bimco wird nach Ablieferung aller Neubauten ein Viertel der Containerschiffe auf alternative Kraftstoffe umgerüstet oder wenigstens vorbereitet sein. In der Tankerflotte soll der Anteil dann bei mindestens 7 % liegen und bei den Bulkern mindestens 4 % erreichen. Das klingt erst einmal gut.

Die Ziele der Internationalen Schifffahrtsorganisation (IMO) sind bekanntlich ambitioniert: Die Schadstoffemissionen sollen bereits bis 2030 um bis zu 30 % reduziert werden. Nachhaltige, im besten Falle »grüne« E-Fuels gelten dabei als das Mittel der Wahl. Mit ihrem Einsatz wären die Umweltziele der IMO zu schaffen, darüber sind sich die Experten einig. An dem »Wie genau« hängen allerdings noch viele Fragezeichen.

Denn ob im Jahr 2030 tatsächlich genügend »blaue« und »grüne« Kraftstoffe für die Schifffahrt zur Verfügung stehen werden, ist nicht sicher. Dafür sind die derzeit weltweit prognostizierten Produktionsmengen vermutlich zu niedrig, erst recht, wenn die Konkurrenz anderer industrieller Abnehmer hinzukommt.

Ausgerechnet die dänische Reederei Maersk, auch als Nr. 2 immer noch der wichtigste Trendsetter der Branche, vollzieht nun zur Überraschung vieler einen bemerkenswerten Schwenk.

Jahrelang hatten die Dänen Methanol als Kraftstoff der Zukunft propagiert, mit viel Pomp und Gloria den ersten Neubau »Laura Maersk« von EU-Präsidentin von der Leyen taufen lassen und auch in eigene Produktionskapazitäten investiert. Im Sog der Dänen waren einige andere, auch deutsche Akteure wie MPC mitgeschwom­men. Doch nun setzt Maersk bei weiteren geplanten Neubauten offenbar auf die Karte LNG, also auf fossiles Erdgas. So, wie es MSC immer schon getan hat.

Davon, dass LNG »grenzwertiges Greenwashing« sei, ist augenscheinlich keine Rede mehr. Vermutlich hat in Kopenhagen der Pragmatismus gesiegt, gepaart mit der Einsicht, dass die eigenen Ziele vielleicht noch zu ambitioniert sind.

LNG kann von seiner Umweltbilanz her natürlich nicht mit Methanol oder Ammoniak konkurrieren. Aber es ist – und bleibt – die benötigte Brückentechnologie für die Schifffahrt. Denn es ist in ausreichenden Mengen verfügbar, technisch beherrschbar und – vor allem – bezahlbar. Nach Schätzungen des Global Maritime Forum müssten hingegen erst einmal 1,5 bis 2 Billionen Dollar in Produktion und Lieferketten für alternative Kraftstoffe investiert werden. Zahlen, die in der Schifffahrt hinlänglich bekannt sind. Doch woher Geld und Kapazitäten kommen sollen, hat die IMO bislang noch nicht beantworten können.

Krischan Förster