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Der Hafenstreik der ILA ist vorüber – vorerst. Die Gewerkschaft und die USMX sitzen wieder gemeinsam am Verhandlungstisch.

Hafenarbeiter und Arbeitgeber haben nun bis Januar Zeit, sich auf einen neuen Sechsjahresvertrag zu einigen. Befrachter haben indes bereits mit höheren Frachtraten zu kämpfen. [ds_preview]

Die Mitglieder der International Longshoremen’s Association (ILA) hatten am Dienstag die Arbeit niedergelegt. In 14 großen Häfen der Ost- und Golfküste der USA kam der Containerverkehr weitestgehend zum Erliegen. Grund für den Streik der rund 47.000 Mitglieder umfassenden Gewerkschaft waren Forderungen nach 77% höheren Löhnen und weitere Sicherheiten, insbesondere im Hinblick auf die zunehmende Automatisierung der Häfen und die damit verbundene Sorge um Arbeitsplätze. Die United States Maritime Alliance (USMX), die die Arbeitgeberseite vertritt, war der Gewerkschaft nicht weit genug entgegengekommen: Ihr letztes Angebot war eine Erhöhung um 50%.

ILA verlangt deutlich höhere Löhne

Wie die ILA mitteilte, habe man nun jedoch eine vorläufige Einigung über die Löhne erzielt und werde die Arbeit am Freitag wieder aufnehmen. Innerhalb der nächsten sechs Jahre sollen die Löhne schrittweise um 62% erhöht werden, wie BBC News berichtete. Damit werden sie an das Lohnniveau der Hafenarbeiter an der Westküste angepasst. Die Verhandlungen über weitere offene Themen sollen jedoch fortgesetzt werden – nächster Stichtag ist der 15. Januar 2025.

Der Streik der ILA war die erste größere Arbeitsniederlegung seit 1977. Anlässlich der Einigung meldete sich auch Präsident Joe Biden zu Wort. Beide Seiten seien „auf dem Weg zu einem soliden Vertrag“, den die Hafenarbeiter nach den Opfern, die sie während der Pandemie gebracht hatten, verdient hätten. Ebenso gratulierte er den Hafenbetreibern und Spediteuren der USMX, die nun ein „starkes Angebot“ vorgelegt hätten. Biden verwies darauf, dass die Häfen geöffnet bleiben müssten, um die Versorgung der Menschen zu gewährleisten, die von Hurrikan Helene betroffen sind. Der Sturm forderte im Südosten der USA bisher 200 Menschenleben.

Streik bleibt nicht folgenlos

Der Streik der ILA dauerte zwar nur drei Tage – doch die Folgen werden noch lange zu spüren sein. Wie die Analyseplattform Xeneta berichtete, konnten innerhalb dieser Zeit 44 Containerschiffe keinen Hafen anlaufen, weitere 120 sind noch unterwegs.

„Eine langfristige Krise dieser Größenordnung wäre für die globalen Lieferketten verheerend gewesen“, sagte Xeneta-Chefanalyst Peter Sand. „„Die Schließung aller Häfen an der US-Ostküste und der Golfküste – selbst für nur drei Tage – hat schwerwiegende Folgen. Wir müssen nun abwarten, wie schnell die zurückkehrenden Arbeiter in der Lage und willens sind, den riesigen Rückstau an Schiffen zu bewältigen, die darauf warten, Tausende von Containern mit Waren im Wert von Milliarden Dollar zu entladen.“

Die Schiffe, die an der Ostküste aufgehalten werden, dürften auch verspätet in Asien ankommen. Dies werde sich gegen Ende des Jahres und bis 2025 hinein auf die Fahrüläne auswirken. „Man kann nicht die planmäßige Abfahrt eines Schiffs mit 15.000 Containern verpassen, ohne mit Auswirkungen auf Spediteure und Importeure zu rechnen“, so Sand.

Aus den Daten von Xeneta geht hervor, dass die Befrachter schon jetzt von steigenden Frachtraten als direkte Folge des Streiks betroffen sind. So liegen die durchschnittlichen Spotraten im Verkehr zwischen Europa und der US-Ostküste am 4. Oktober bei 2.900 $ pro FEU, was einem Anstieg von 58% seit August entspreche. Auf der alternativen Route von Europa zur Westküste stiegen die Raten auf 4.450 $ pro FEU und damit um 48%.

„Es ist eine gute Nachricht, dass der Streik beendet ist“, sagte Sand, „aber die Befrachter sind noch nicht über den Berg. Es handelt sich nur um eine vorläufige Einigung, und die Automatisierung in den Häfen wird auch weiter ein großes Hindernis darstellen.“