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Die Finanzmarktkrise hat die Weltwirtschaft und den Welthandel seit 2008 in ein tiefes Tal gerissen. Die Schifffahrt wurde 2009 hart[ds_preview] getroffen und muss auch in diesem Jahr mit weiter angespannten Verhältnissen rechnen. Erste Zeichen der Erholung gibt es zwar bereits, doch eine nachhaltige Erholung wird Zeit brauchen.

Die Weltwirtschaft durchläuft seit über einem Jahr die schlimmste Krise seit Jahrzehnten. Sie wird 2009 vermutlich um 1,1 % schrumpfen. Die Industrieländer müssen mit einem Rückgang von 3,4 % rechnen, während sich in den Entwicklungs- und Schwellenländern lediglich das Wachstum auf 1,7 % abschwächen wird. Für den Welthandel hat das in 2009 einen Einbruch von knapp 12 % zur Folge gehabt. Die Schifffahrt als wichtigster Träger des Welthandels ist nach ihrem Höhenflug bis 2008 von der Rezession besonders hart getroffen worden.

In dem für den deutschen Standort wichtigsten Segment der Containerschifffahrt muss für 2009 mit einem Rückgang der transportierten Volumina um mehr als 8% gerechnet werden. In nahezu allen Fahrtgebieten sind die Frachtraten in der Linienschifffahrt drastisch eingebrochen. Stagnierende Betriebskosten und vorübergehend niedrigere Treibstoffkosten stehen dem nur geringfügig entgegen.

Der massiv gesunkene Bedarf an Transportkapazität hat in der Trampschifffahrt einen Absturz der Zeitcharterraten bis zu 80% verursacht, so dass vielfach Tilgung, Zinsen oder sogar Betriebskosten nicht mehr verdient wurden. Obwohl 2009 mit etwa 2 % der vorhandenen Stellplatzkapazität mehr ältere Tonnage abgewrackt wurde als in den sechs vorangegangenen Jahren, konnte dies den Abschwung ebenso wenig aufhalten wie das Auflegen von Schiffen in einer Größenordnung von ca. 11%. Vor allem der in den letzten Jahren aufgebaute Bestellbestand wirkt sich trotz intensiver Bemühungen, ihn durch Abbestellungen, Veränderungen oder Verschiebungen zu verkleinern, sehr negativ aus. Dass seit einem Jahr fast keine Containerschiffe mehr bestellt wurden, entspannt die Lage noch nicht.

Ähnlich negativ, wenn auch unterschiedlich, verlief in diesem Jahr die Ratenentwicklung auch in anderen Segmenten wie der Tankschifffahrt und der internationalen Fährschifffahrt, während die Bulkschifffahrt, die Kühlschifffahrt, die Mehrzweckschifffahrt und die Schleppschifffahrt zum Teil weniger hart getroffen wurden. An die positiven Ergebnisse der vergangenen Jahre anknüpfen konnte allein die Kreuzschifffahrt.

Die Schifffahrt ist am Beginn des Jahres 2010 in einer schwierigen Lage. Obwohl es Zeichen für eine Erholung der Weltwirtschaft gibt, wird die Erholung der Schifffahrt länger dauern. Der Internationale Währungsfonds (IWF) rechnet für 2010 wieder mit einem Wachstum der Weltwirtschaft von 3,1 % und des Welthandels von 2,5 % – allerdings von einem niedrigeren Niveau als 2008.

Für die Schifffahrt kommt es 2010 vor allem darauf an, dass der Welthandel sich erholt und die Nachfrage nach Seetransporten wieder deutlich steigt. Reedereien, Anleger und Banken müssen gemeinsam Konzepte finden, die eine Überbrückung der Krisenzeit ermöglichen. Dazu ist auch die krisen- und branchengerechte Anwendung der staatlichen Instrumente nötig, die der gesamten deutschen Wirtschaft zur Verfügung gestellt worden sind.

Dr. Hans-Heinrich Nöll