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alpha ventus: Der erste Offshore-Windpark in der deutschen Nordsee

August 2009: Erstmals wird auf hoher See in 30 m Tiefe Elektrizität für 50.000 Menschen produziert. Mit der Errichtung des Windparks alpha ventus wagt sich die Energiebranche auf ein völlig neues Terrain.

Am 15. Juli dieses Jahres wurde die erste von künftig insgesamt zwölf Windturbinen fertig gestellt. Zwar gibt es Windparks schon[ds_preview] vor den Küsten in Dänemark, Schweden, den Niederlanden und in Großbritannien. Dort allerdings stehen die Windturbinen in flachem Wasser. Rund 45 km nördlich von Borkum, in mehr als 30 m Wassertiefe, wachsen Windkraftanlagen, wie sie in dieser Größe noch nie errichtet wurden. Mit alpha ventus entsteht ein neues Zeitalter der Windenergie. alpha ventus wird mit seinen im Endausbau zwölf Anlagen zu je fünf Megawatt Leistung Strom für rund 50.000 Menschen liefern. Geplant ist, bis zum Jahr 2020 auf deutschem Seegebiet rund 10.000 MW Leistung zu installieren, insgesamt bis zu 25.000 MW. Die Offshore-Windanlagen sind an ein Umspannwerk an der südöstlichen Ecke des Windparks angeschlossen und werden durch 16 cm dicke Seekabel mit dem Landstromnetz verbunden.

Herausforderung für Mensch und Material

Die Dimensionen sind außergewöhnlich: Die Nabenhöhe der Windräder liegt bei 90 m über dem Meeresspiegel. Den Rotor mit eingerechnet, ist eine Anlage rund 155 m hoch, beinahe so hoch wie der Kölner Dom. Dazu kommen noch einmal 30 m unter Wasser bis zum Meeresboden. In der Nordsee erreichen die Windgeschwindigkeiten schon einmal 90 km/h und mehr und türmen die Wellen auf. Wind und Wetter diktieren den Zeitplan und stellen hohe Ansprüche an Mensch und Maschine. Für die Errichtung von alpha ventus bedeuten diese extremen Umgebungsbedingungen die größten Vorsichtsmaßnahmen. Mit Satellitenunterstützung beobachten und analysieren deshalb Meteorologen während der Bauarbeiten laufend die Wetterlage. Monteure der ThyssenKrupp GfT Tiefbautechnik aus Alsfeld durchliefen vor Beginn des Projektes die Sicherheitsschulungen für Arbeiten auf Offshore Plattformen und stehen nun für alle Projekte im Bereich Windkraftanlagen auf der Nordsee zur Verfügung. Das ermöglichte dem Kunden einen 24-Stunden-Service vor Ort, da das Projekt in einem sehr kleinen Zeitfenster durchgeführt wurde.

Millimeterarbeit bei Sturm und Wellen: Vibrationstechnik

Die Windparks benötigen eine sichere Gründung, die hohe Anforderungen unter anderem an die Maßgenauigkeit stellt. Der Einsatz unter schwierigen Witterungsbedingungen auf See, der Einsatz unter Wasser und der relativ geräuscharme Betrieb sind einige Vorteile der Vibrationstechnik. In den nächsten Jahren sind allein in der Nordsee über 60 Windkraftanlagen geplant. Der Stahl ist aufgrund seiner günstigen Eigenschaften für den Bau der Anlagen ein idealer Baustoff. Die Errichtung der Trafostation alpha ventus ist mit Hilfe von vier Stahlrohrpfählen, auf die ein Stahlrohrgestell gesetzt wird, gegründet. Bei diesem Projekt wurden die Pfähle bis zu einer Tiefe von 10,00 m mit einem MS-200 HHF einvibriert. Nachgeschlagen wurden die Pfähle mit einem hydraulischen Hammer, um den rechnerischen Nachweis der Tragfähigkeit führen zu können.

So wurde die Vibrationstechnik erstmals erfolgreich im Offshore Bereich eingesetzt. Für diese Pioneerleistung nutzte die ThsenKrupp GfT Tiefbautechnik das gesamte Wissen aus den Projekten der letzten Jahre bezüglich Gründungen im Wasser bei Hafenbauprojekten.

Gründung des Umspannwerkes

Die Erstellung der Gründung des Umspannwerkes alpha ventus erfolgt durch vier ca. 40,00 m lange Stahlrohrpfähle mit einem Gewicht von bis zu 110 t je Pfahl. Der Boden besteht aus dicht bis sehr dicht gelagerten Sanden. Durch die Kombination Einvibrieren und Nachschlagen konnten mehrere Bedingungen mit dieser Gerätekombination erfüllt werden. Der Vibrator wurde nach dem Lösen des Transporttools direkt auf das Rohr aufgesetzt und ermöglicht ein Halten sowie Ausrichten des Rohres. Somit kann auf eine aufwendige Führungskonstruktion und ein Tool zum Hängen des Rohres verzichtet werden. Dadurch wird auf dem schon begrenzten Raum der Einbringplattform Platz gespart und die Vertikalität des Rohres kann mit einfachen Mitteln erreicht werden.

Der aufgesetzte Vibrator ermöglicht ein einfaches vertikales Einbringen, optimiert die Einbringzeit durch das an sich schnelle Verfahren und ist zudem wirtschaftlich äußerst sinnvoll. Bei diesem Projekt ist ein Rohrkonsol mit zwei Spannzangen eingesetzt worden.

Gründung der Rotoranlagen

Die Stahlmasse einer Rotor-Anlage entspricht mit rund 1.000 Tonnen dem Gewicht von 200 ausgewachsenen Elefanten oder 22 Eisenbahn-Waggons. Der Rotor fängt den Wind auf einer Fläche ein, die rund anderthalb mal so groß ist wie ein Fußballfeld. Bei maximaler Drehgeschwindigkeit des Rotors schneiden die Blattspitzen mit beinahe 320 km pro Stunde durch die Luft. Dass die Verankerung der Anlagen am Meeresgrund eine der größten Herausforderungen ist, versteht sich. Im Anschluss an die Errichtung der Trafostation erfolgte die Gründung von sechs Windkrafträdern auf so genannten Tripods, bei denen Gitterstrukturen mit Stahlpfählen am Meeresgrund verankert wurden. Hierbei sind je Tripod 3 Pfähle mit Hilfe der Müller Vibrationstechnik in den Boden eingebracht worden. Das Rohrgewicht beträgt ca. 130 bis 160 t und beinhaltet eine weitere Steigerung des Gewichtes des Rammgutes.

alpha ventus ist ein Referenzprojekt, ist der Anfang

Die erneuerbaren Energien decken in Deutschland mittlerweile rund zehn Prozent des gesamten Energiebedarfs ab und gut 15 Prozent des Stromverbrauchs. Etwa 280.000 Menschen arbeiten in der Fertigung von Windkraft- und Solaranlagen, von Biomasse- oder Erdwärmekraftwerken. Die Branche entwickelt sich zu einem wichtigen Wachstumszweig der deutschen Wirtschaft. Weltweit liegt Deutschland bei der installierten Leistung von Windturbinen und Fotovoltaikanlagen vorn, auch im Export von Technologien für erneuerbaren Energien.