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Das Niedersächsische Finanzgericht hatte sich mit seiner Entscheidung vom 07.05.2008 (Aktenzeichen: 8 K 22350/04) mit der niemals endenden Geschichte der Abgrenzung einer Gewinnverteilungsabrede im Verhältnis zu einer Drittvergütung zu befassen. Diese Problematik stellt sich sowohl im Gesellschaftsrecht (sog. haftungsschädliche Einlagenrückgewähr) als auch im Steuerrecht der Seeschifffahrt (gängiges Stichwort: Sondervergütungen oder Gewinnvorab). Der Kommanditist einer GmbH & Co. KG z. B., der gleichzeitig Geschäftsführer der GmbH ist, hatte in Verlustjahren ein Geschäftsführergehalt von der Kommanditgesellschaft erhalten. Grundsätzlich stellt die Zahlung einer angemessenen Vergütung keine haftungsschädliche Einlagenrückgewähr dar. Voraussetzung ist aber, dass wirklich eine dienstvertragliche Tätigkeitsvergütung und nicht etwa ein Gewinnvoraus vorliegt.

Klägerin des Rechtsstreits vor dem Finanzgericht in Hannover war eine Schifffahrtsgesellschaft, die in der Rechtsform einer Kommanditgesellschaft betrieben wird. Persönlich[ds_preview] haftender Gesellschafter war der Kapitän und Reeder X. Dieser war laut Gesellschaftsvertrag auch zur Geschäftsführung berechtigt und verpflichtet. Der Gesellschaftsvertrag enthielt zudem u. a. folgende Vereinbarungen:

§ 13 Vergütungen

1. Der persönlich haftende Gesellschafter erhält für seine Geschäftsführertätigkeit, die Bereederung des Schiffes sowie als Haftungsvergütung von der Reederei eine Vergütung in Höhe von … % der vereinnahm­ten Bruttofrachten einschließlich verdienter Überliegegelder, Hilfslöhne und Bergungseinnahmen (bei letzteren abzügl. der etwa auf Kapitän und Mannschaft entfallenden Anteile) sowie der Versicherungsentschädigungen für Zeitausfälle oder … % der Zeitchartererlöse.

2. Die Kosten für die laufende Buchhaltung, die Heuerabrechnungen, die Steuererklärungen sowie die Jahresabschlüsse gehen zu Lasten der Gesellschaft.

3. Übt der persönlich haftende Gesellschafter oder ein Kommanditist an Bord eine Tätigkeit aus, für die ansonsten ein Besatzungsmitglied anzumustern wäre, so steht ihm hierfür die übliche Vergütung zu.

§ 14 Gewinn und Verlust

1. Der nach Anwendung von § 13 verbleibende Gewinn / Verlust wird auf die Gesellschafter im Verhältnis der festen Kapitalkonten verteilt.

§ 15 Entnahmen

1. Der persönlich haftende Gesellschafter hat das Recht, die ihm nach § 13 zustehenden Vergütungen zu entnehmen.

2. Über weitere Entnahmen und Ausschüttungen entscheidet die Gesellschafterversammlung. Sie sind nur zulässig, soweit die Liquiditätslage der Gesellschaft dies nach vollem vertraglichen Kapitaldienst zulässt.

In einer außerordentlichen Gesellschafterversammlung im Dezember 1999 beschlossen die Gesellschafter eine Änderung von § 13 des Gesellschaftsvertrags wie folgt:

»§ 13, Absatz 1, Vergütungen

1. Der persönlich haftende Gesellschafter erhält für die Bereederung des Schiffes von der Reederei eine Vergütung in Höhe von … % der vereinnahmten Bruttofrachten einschließlich verdienter Überliegegelder, Hilfslöhne und Bergungseinnahmen (bei letzteren abzüglich der etwa auf Kapitän und Mannschaft entfallenden Anteile) sowie der Versicherungsentschädigungen für Zeitausfälle oder … % der Zeitchartererlöse.

§ 13, Absatz 3, Vergütungen

2. Übt der persönlich haftende Gesellschafter oder ein Kommanditist an Bord eine Tätigkeit aus, für die ansonsten ein Besatzungsmitglied anzumustern wäre, so steht ihm hierfür die übliche Vergütung als Vorabgewinn zu; sowohl im Gewinn- als auch im Verlustfalle darf der persönlich haftende Gesellschafter Entnahmen in dieser Höhe (ohne Gesellschafterbeschluss) tätigen.«

Im Streitjahr (2002) war der Kapitän und Komplementär – wie in den Vorjahren auch – an Bord des Schiffes tätig. Die hierfür angefallenen »Heuervergütungen« buchte die Einschifffsgesellschaft als Entnahme des Komplementärs auf dessen privaten Entnahmekonto.

In den Vorjahren bis einschließlich des Jahres 1999 hatte die Einschifffsgesellschaft die »Heuervergütungen« als Aufwand zu Lasten des Gewinns gebucht. Die Vergütungen für die Bereederung buchte die Einschiffsgesellschaft im Streitjahr, wie auch in den Vorjahren, als Aufwand zu Lasten des Gewinns.

Die Schifffahrtsgesellschaft hatte zum 01.01.1999 zur Tonnagegewinnermittlung optiert. Das Finanzamt vertrat nunmehr die Ansicht, dass die »Heuervergütungen« für die Tätigkeit an Bord in dem Jahr 2002 dem Tonnagegewinn als Sondervergütungen hinzuzurechnen seien. Zumal diese auch im Verlustfall gezahlt worden seien. Die Klägerin vertrat hingegen die Ansicht, es handele sich um einen sog. Vorabgewinn. Dieser Ansicht folgte das Finanzgericht.

Von einer Sonderbetriebseinnahme sei nach Ansicht des Finanzgerichts nur dann auszugehen, wenn die Vergütung nach den Bestimmungen des Gesellschaftsvertrags als (handelsrechtliche) Unkosten zu behandeln und insbesondere – im Gegensatz zu einem Vorabgewinn – auch dann zu zahlen seien, wenn kein Gewinn erwirtschaftet wird. Fehle es hingegen an einer hierauf gerichteten unmissverständlichen Vereinbarung, so handele es sich – im Zweifel – um eine bloße Gewinnverteilungsabrede.

Es bedarf also hiernach einer unmissverständlichen Vereinbarung und im Zweifel handelt es sich um eine Gewinnverteilungsabrede. Über die Frage der Unmissvertän dlichkeit der getroffenen Vereinbarung und des Zweifels hierüber entscheiden natürlich im Streitfall die Gerichte.

Das Finanzgericht führt weiter aus:

»Unter Zugrundelegung dieser Maßgaben ist vorliegend von einer Gewinnverteilungsabrede auszugehen. Die Gesellschafter haben den Gesellschaftsvertrag mit Gesellschafterbeschluss vom Dezember 1999 dahingehend geändert, dass sie ausdrücklich einen Vorabgewinn vereinbart haben. Entsprechend dieser Vereinbarung hat die Klägerin die »Heuervergütung« auch nicht als Aufwand erfasst, sondern als Entnahme des Komplementärs gebucht. Aus dem Wortlaut der Regelung ergibt sich auch nicht, dass der Vorabgewinn dem Gesellschafter endgültig zustehen soll, unabhängig davon, ob die Gesellschaft tatsächlich einen Gewinn oder einen Verlust erwirtschaftet. Vielmehr hat der Gesellschafter lediglich die Möglichkeit, auch im Verlustfalle eine entsprechende Entnahme zu tätigen, was aber zu einer Minderung seines Kapitalkontos führen würde. Danach liegen keine Sonderbetriebseinnahmen vor«

Festzuhalten ist, dass das Wort »Vorabgewinn« auftaucht. Unabhängig vom handelrechtlichen Ergebnis darf der Kapitän Entnahmen tätigen. Es ist nicht vereinbart, dass der entnommene Geldbetrag endgültig beim Kapitän verbleibt. Zweifel an dem Vorliegen von Sondervergütungen waren angebracht.

Die vielleicht interessantere Frage ist, ob der ursprüngliche Gesellschaftsvertrag nicht auch so zu interpretieren war. Schließlich heißt es, dass der Kapitän das Recht hatte, die Vergütungen zu entnehmen. Ein endgültiger Verbleib der entnommenen Beträge ist ebenfalls nicht geregelt. Die Buchung als Aufwand in den Vorjahren dürfte irrelevant sein. Eine Unmissverständlichkeit der gesellschaftsrechtlichen Vereinbarungen ist nicht auszumachen. Zweifel bleiben. Die Annahme einer Gewinnverteilungsabrede erscheint vertretbar.

Zusammenfassend ist auszuführen, dass diese Rechtsprechung des Finanzgerichts auf der Rechtssprechung des Bundesfinanzhofs fußt. Die Rechtssprechung des Bundesfinanzhofs nimmt aber das Handelsrecht sehr ernst. Heißt es doch in der allem zugrundeliegenden Fundstelle:

»Auf Zahlungen von Geschäftsführerbezügen an Kdtist, falls kein Arbeitsverhältnis begründet, was i.Zw. nicht anzunehmen …kann (als Gewinnvoraus) zu Haftung … führen …«

Im Ergebnis stehen sich hier haftungs- und steuerrechtliche Interessen diametral gegenüber. Die Rechtssprechung orientiert sich hierbei in der Regel ausschließlich an den gesellschaftsrechtlichen Vorgaben.

Verfasser:

Klaus Voß

Fachanwalt für Steuerrecht

www.kanzlei-voss.de

Klaus Voß