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Einheiten für Leistungen von 4 bis 8 MW geplant

Auf der Europort 2009 in Rotterdam stellte Voith Turbo nicht nur sein neues Schiffsantriebssystem vor, das Unternehmen konnte auch gleich den ersten Auftrag melden. Neu im Programm von Voith Turbo sind jetzt (wieder) Ruderpropeller, man nennt sie »Voith Radial-Propeller« (VRP). Sie werden für den Leistungsbereich oberhalb der Voith-Schneider-Propeller (VSP), mit denen Leistungen bis zu 3,8 MW übertragen werden können, entwickelt. Die VRP beginnen bei 4 MW und sind zurzeit bis zu 8 MW geplant. Sie sind für den Antrieb und die dynamische Positionierung von Bohrschiffen, Offshore-Plattformen und Spezialschiffen geeignet.

Wieder im Programm von Voith sind die­se Ruderpropeller insofern, als das Unternehmen bereits 1970 mit der Entwicklung derartiger Schiffsantriebe[ds_preview] begann. Damals handelte es sich um Einheiten für elektrischen Antrieb mit konstanter Drehzahl und Verstellpropeller. Nachdem ab 1975 einige Einheiten, unter anderem für den halbtauchenden Rohrleger »Castoro Sei« und das Bohrschiff »Saipem Due«, ausgeliefert waren, wurde die Entwicklung nicht weiter verfolgt.

Der Rohrleger hat eine Verdrängung von 40.000 t bei einer Länge von 143,5 m, einer Breite von 64,5 m und einer Höhe von 43,7 m. Er erhielt vier in Container eingebaute Ruderpropeller vom Typ 30 V mit Vier-Blatt-Verstellpropellern und einem Durchmesser von 3.000 mm. Sie sind für eine Leistungsübertragung von je 2.060 kW bei einer Antriebsdrehzahl von 1.780 min-1 ausgelegt. Die Propellerdrehzahl beträgt maximal 195 min-1. Der Rohrleger ist unverändert mit den Voith Ruderpropellern im Einsatz und wird zurzeit in Rotterdam für den nächsten Einsatz im Frühjahr 2010 auf der Ostsee vorbereitet. Im Laufe seiner verschiedenen Einsätze hat der Castoro Sei mehrere Weltrekorde erzielt, so zum Beispiel 1992 die Verlegung von 6,5 km einer 20’’-Leitung innerhalb von 24 Stunden.

Bei den neuen Ruderpropellern von Voith dauerte es von der Idee bis zum ersten Vertragsabschluss, im Herbst des vergangenen Jahres, nur 18 Monate. Danach wird die erste Lieferung im Frühjahr 2011 erfolgen und fünf Einheiten mit Festpropeller (Durchmesser 4,2 m) für die Übertragung einer Leistung von je 5,5 MW umfassen. Kunde ist Züblin, eine Tochtergesellschaft der Strabag. Die Einheiten sind für ein Spezialschiff bestimmt, mit dem Betonfundamente für Windkraftanlagen, mit einem Gewicht von 7.000 t und mehr, sowie komplette Windkraftanlagen an ihren Standort auf See gebracht und exakt positioniert werden sollen. Dabei soll es sich um ein »multifunktionales Offshore-Baugerät«, eine Halbtaucherplattform, handeln, die mit vier Ruderpropellern ausgerüstet wird. Eine Einheit ist als Ersatz vorgesehen. Für den Vortrieb und das dynamische Positionieren liefert jede Einheit einen Schub, entsprechend einem Pfahlzug von mehr als 100 t. Mit der Gesamtleistung von 22 MW soll voll beladen eine Geschwindigkeit von 10 kn erreicht werden. Die Indienststellung ist für den Herbst 2011 vorgesehen. Der Einsatz wird von Cuxhaven aus erfolgen. Wie es heißt, werden zurzeit Verhandlungen mit mehreren Werften geführt. Ziel ist es, die Plattform auf jeden Fall in Europa zu bauen. Die Strabag hüllt sich zu diesem Vorhaben in Schweigen und erteilt gegenwärtig noch keine Auskünfte.

Mit 5,5 MW übertragbarer Leistung liegen die ersten neuen Ruderpropeller nach Aussage von Voith oberhalb der meisten am Markt verfügbaren Einheiten. Um den Wiedereinstieg in diesen Markt abzusichern, hat das Unternehmen umfangreiche Voruntersuchungen mit dem Ziel durchgeführt, den bestmöglichen Wirkungsgrad zu erreichen. Mit einem CFD-Programm (computational fluid dynamics) wurden die Wechselwirkungen zwischen Ruderpropeller und Rumpf untersucht, die bei halbtauchenden Offshore-Fahrzeugen von besonderer Bedeutung sind. Aus der Praxis wird hierzu über Schubverluste von bis zu 50 % berichtet.

Ein wesentlicher Punkt war dabei die Optimierung des Neigungswinkels der Düsen- bzw. der Propellerachse. Um die Schubverluste aufgrund des sogenannten Coanda-

Effektes zu begrenzen, ist es gängige Praxis, eine Neigung von 4° für die Düse zu wählen. Voith neigt hingegen Düse und Propeller im selben Winkel, um auch die Blattspitzenverluste mit einem möglichst geringen Spalt zwischen Düse und Propeller zu minimieren. Wie die Berechnungen des Unternehmens zeigen, fällt der Schubverlust linear bis zu einem Neigungswinkel von 7° ab und erreicht bei 8° mit etwa 5 % den kleinsten Wert. Größere Winkel führen laut Voith zu keiner Verbesserung.

Verfasser:

Dipl.-Ing. Hans-Jürgen Reuß

Freier Journalist, mail@pr-reuss.de


Dipl.-Ing. Hans-Jürgen Reuß