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Mit neuem Turbolader jetzt Leistungen bis zu 10 MW

MAN Diesel hat die schnelllaufenden Dieselmotoren der Baureihe 28/33 einer umfangreichen konstruktiven Überarbeitung unterzogen. Diese Motorenbaureihe geht auf die[ds_preview] erfolgreichen RK-Baureihen zurück, die Ruston seit 1934 entwickelt hat. Unmittelbare Vorläufer waren die Baureihen

RK 270 und RK 280. Letztere wurde 2001 auf der Europort in Amsterdam vorgestellt.

Waren die Motoren RK 280 noch mit Abgasturboladern von ABB ausgerüstet, so werden die Motoren der Baureihe 28/33 künftig mit Turboladern aus eigener Entwicklung in Augsburg bestückt. Die Motoren sind in V-Ausführung mit 12, 16 oder 20 Zylindern lieferbar und laufen mit einer Nenndrehzahl von 1.000 min-1. Die Zylinderleistung wurde im Rahmen der Überarbeitung nur leicht von 450 auf 455 kW angehoben. Die ersten Motoren sollen im September 2010 ausgeliefert werden.

Die Baureihenbezeichnung kennzeichnet bei MAN Diesel schon die Hauptabmessungen eines Motors, und so bedeutet 28/33, dass die weiterentwickelten Motoren unverändert eine Bohrung von 280 mm und einen Hub von 330 mm haben. Obwohl die Vorläuferbaureihe 2001 mit einem Potential von 500 kW/Zylinder vorgestellt wurde, ist dieses in den vergangenen Jahren nicht ausgeschöpft worden. Und nun zwingen die Abgasvorschriften in verschiedenen Fällen sogar zu Reduzierungen der Motorleistung, um ohne große Veränderungen am Motor die Grenzwerte einhalten zu können. Bei den Motoren 28/33 ließ sich dennoch eine geringe Leistungserhöhung durchführen. So beträgt die Zylinderleistung jetzt 455 kW und ist für eine Stunde innerhalb von sechs Stunden 10 % überlastbar. Unter diesen Voraussetzungen halten die Motoren die Grenzwerte gemäß IMO Stufe 2 und EPA Tier 2 ein.

Mit der konstruktiven Überarbeitung der Motoren entstand aus der Ruston Baureihe RK 280 der MAN Motor 28/33 D. Vier Bauteile wurde damit auf MAN-Standard gebracht: die Kurbelwelle, die Luftführung, die Ölwanne und die Pleuelstangen. Darüber hinaus wurden der Verbrennungsraum und das Einspritzventil verbessert, die Profile der Einspritznocken optimiert, das Millerverfahren eingeführt und auf einen zweistufigen Luftkühler mit hohem Wirkungsgrad umgestellt, um die Abgasgrenzwerte gemäß EPA Tier 2 einzuhalten.

Einen ganz wesentlichen Schritt bedeutete die Entscheidung für eine Eigenkonstruktion beim Abgasturbolader. Das Unternehmen verfügt über erhebliche Erfah-

rungen in der Entwicklung von Abgas-

turboladern und hat dies gerade in der jüngsten Zeit unter Beweis gestellt. Immerhin konnte im vergangenen Jahr das Jubiläum »75 Jahre Abgasturbolader von MAN« begangen werden. So entstand mit dem TCA 33 ein speziell für die Baureihe 28/33 entwickelter Tur-

bolader, den ein hohes Druckverhältnis und ein hoher Wirkungsgrad kennzeichnen. Weitere Schwerpunkte der Entwicklung waren eine kompakte Konstruktion, bei gleichzeitig geringem Gewicht und Wartungsaufwand sowie eine lange Lebensdauer. Der beste Wirkungsgrad von etwa 74 % stellt sich bei Druckverhältnissen zwischen 2,8 und 4,0 ein. In der Spitze wird ein Druckverhältnis von rund 5,2 erreicht, das im Zusammenhang mit dem Millerverfahren erforderlich ist. Außer für die eigenen Motoren steht der Turbolader TCA 33 auch für den Einsatz anderer Motorenhersteller zur Verfügung. Gedacht ist an Einsätze auf Motoren mit Leistungen zwischen 3.000 und 5.000 kW. Besondere Vorteile bietet er insofern, als er für Turboladerschaltung geeignet ist und bei Bedarf auch mit variabler Turbinengeometrie geliefert werden kann.

Bei der Nenndrehzahl von 1.000 min-1 beträgt die mittlere Kolbengeschwindigkeit der Motoren 11,0 m/s, bei 10 % Überlast 1.032 min-1 11,35 m/s. Für den spezifischen Kraftstoffverbrauch bei Volllast und unter Berücksichtigung aller Hilfsantriebe werden 192 g/kWh genannt. Der Mitteldruck beträgt 26,5 bar.

Die konstruktiven Verbesserungen an der Luftführung betreffen vor allem die jetzt einteilige, symmetrische Ausführung und die Umstellung auf einen besseren Werkstoff (GGG 40). Für Vorläufermotoren stehen entsprechende Austauschteile zur Verfügung. Die Kurbelwelle wurde konstruktiv auf den für alle MAN- und Pielstick-Motoren geltenden Standard gebracht. Dabei ging es sowohl um Vereinfachungen für die Herstellung wie um die Verringerung von Spannungen und die Verbesserung der Schmierung. Die Ölwanne hat jetzt ein größeres Volumen und ist nicht mehr flach, sondern tief und V-förmig ausgeführt, um die Anforderungen nach einsatzbedingten Neigungswinkeln zu erfüllen. Für den dynamischen Rollwinkel werden 22° genannt. Der Nickwinkel darf statisch 5° und dynamisch +/- 7,5° betragen.

Auch die Pleuelstangen sind auf den MAN-Standard umgestellt worden und jetzt gerade statt bislang schräg geteilt. Darüber hinaus war die konstruktive Überarbeitung mit Gewichtseinsparungen verbunden, die zu einem besseren Massenausgleich und verringerten Vibrationen der Motoren führten. Die Forderung nach Einhaltung von Emissionsgrenzwerten einerseits und der Wunsch nach Beibehaltung des günstigen Kraftstoffverbrauchs andererseits führten zur Entwicklung eines »Stufe-2-Emissionspaketes«, das die oben schon beschriebenen Einzelmaßnahmen umfasst.

Für den Antrieb von Strom­erzeugungsaggregaten werden die Motoren außen mit der Nenndrehzahl von 1.000 min-1 für 50-Hz-Netze und mit 900 min-1 für 60-Hz-Netze angeboten. Das geringe Leistungsgewicht führt zu entsprechend leichten Aggregaten, die besonders für die Offshore-Industrie von Interesse sind. Die hohe dynamische Lastannahme ist in diesem Zusammenhang ein weiterer Vorteil.

Zielrichtung für die Weiterentwicklung der Motorenbaureihe 28/33 waren unter anderem schnelle Fähren (Katamarane), Megayachten und Offshore-Patrouillenboote. Dafür hat das Unternehmen inzwischen einige Referenzen: schnelle Fähren von Incat und Austal, eine 2008 von HDW abgelieferte Megayacht sowie Patrouillenboote (OPV) einiger Marinen.

Der 20-Zylinder-Motor 28/33 steht in direktem Wettbewerb zum entsprechenden Motor der MTU-Baureihe 8000. Der MTU-Motor hat einen etwas kleineren Hubraum (Bohrung / Hub 265/

315 mm), dafür dreht er mit 1.150 min-1 entsprechend schneller. Der spezifische Kraftstoffverbrauch liegt beim MTU-Motor je nach Leistungseinstellung zwischen 189 und 193 g/kWh.


Hans-Jürgen Reuß