Print Friendly, PDF & Email

Im vergangenen Jahr teilte MAN Diesel stolz mit, das Unternehmen stehe nun mit der Lieferung von Verstellpropellern an der Spitze[ds_preview] des Weltmarktes. Der Hintergrund: Das Marktvolumen, gemessen in Kilowatt, war 2008 im Vergleich zu 2007 größenordnungsmäßig auf die Hälfte eingebrochen. Diese Marktentwicklung hatte sich jedoch auf das Propellergeschäft von MAN Diesel weit weniger als auf andere Propellerhersteller ausgewirkt. So erzielte das Unternehmen 2008 einen Marktanteil von 21 %, während Wärtsilä als nächst folgender Wettbewerber nur 15 % erzielte.

Programmerweiterung mit zwei neuen Verstellpropellern

Ausgehend von der Entwicklung bei verschiedenen Projekten hat MAN Diesel einen Bedarf für Verstellpropeller oberhalb von 30.000 kW mit Durchmessern von mehr als acht Metern erkannt und seine Produktpalette in jüngster Zeit darauf eingestellt. So stehen gegenwärtig Verstellpropeller in 15 verschiedenen Größen zur Übertragung von etwa 4 bis mehr als 50 MW zur Verfügung. Die Propellerdurchmesser liegen dabei zwischen 2 m und 10 m. Neu sind zwei Modelle, deren Leistungsübertragung oberhalb von 45 MW liegt. Konstruktiv entsprechen sie den kleineren Ausführungen des Programms. Nach Aussage des Unternehmens hatten Zuverlässigkeit, geringer Verschleiß und Wartungsfreundlichkeit oberste Priorität bei der Entwicklung. So erfolgt die Wartung der Propellernabe vom Wellenende aus, ohne den Propeller abnehmen zu müssen.

Geringfügige Abweichungen von der bewährten Konstruktion der bislang hergestellten Propeller ergaben sich zwangsläufig aus der Größe und dem Gewicht der beiden neuen Propeller. Um den Transport und den Einbau zu vereinfachen, können sie getrennt vom Wellenende geliefert werden. MAN Diesel weist darauf hin, dass diese Verstellpropeller die ersten sind, die mit biologisch abbaubarem Öl geschmiert werden können, so dass bei einem etwaigen Schaden austretendes Öl nicht zu Umweltschäden führt. Und sollte nach einem Schaden Seewasser in die Nabe eintreten, so sei die Schmierung der inneren Teile nicht gefährdet.

Weniger Kraftstoffverbrauch aufgrund verbesserten Propellerwirkungsgrades

Welchen Einfluss die Verbesserung des Wirkungsgrades eines beliebigen Gerätes hat, liegt auf der Hand: Es wird weniger Ener­gie benötigt, um am Ende dieselbe Nutzleistung zu erhalten. Für den Schiffsantrieb bedeutet dies, dass die zu installierende Motorleistung und die damit verbundenen Emissionen in dem Maß sinken, wie der Propellerwirkungsgrad verbessert werden kann. Da darüber hinaus das Potential zur Wirkungsgradverbesserung bei dem System Propeller und Rumpf des Schiffes weitaus größer ist als beim Dieselmotor, hat MAN Diesel die Anstrengungen hinsichtlich Forschung und Entwicklung an dieser Stelle verstärkt. Die Zielsetzung des Unternehmens lautet daher: Verbesserung des Propulsion-Gesamtwirkungsgrades innerhalb der nächsten drei bis fünf Jahre um 8–10 %. Damit liegt die Latte äußerst hoch.

Wesentliche Ansätze zu Verbesserungen auf diesem Gebiet liegen schon in der Auswahl der Hauptparameter für eine Antriebs­anlage, wobei zu berücksichtigen ist, dass im Verlauf der Bauzeit aufkommende Wünsche um Verbesserungen nur schwer durchzusetzen sind. Daher kommt es ganz entscheidend auf das verfügbare Know-how und geeignete Werkzeuge zur vorausgehenden Optimierung an. Hierzu hat MAN Diesel ein neues Software-Programm entwickelt, das mehrere Rechenprogramme in einem Programm zusammenführt. Damit lassen sich neben hydrodynamischen und festigkeitsrelevanten Funktionen auch statistische Aussagen, die mit ausgeführten Anlagen gewonnen wurden, in den Auslegungsvorgang einbeziehen. Seit kurzem ist MAN Diesel in Zusammenarbeit mit dem däni­schen Institut »Force Technology« auch mit einer CFD-Studie befasst, die virtuelle Tankversuche von Rumpf, Ruder und Propeller ermöglicht.

Verbesserter Pfahlzug mit neuem Düsenprofil

Wenn es um den Einsatz der Propeller bei Offshore-Versorgern, Baggern, Schleppern und auch bei Fischereifahrzeugen geht, ist der erzeugbare Pfahlzug von größter Bedeutung. Welchen Einfluss darauf die den Propeller umgebende Düse hat, zeigen die jüngsten Entwicklungen von MAN Diesel. Das Ergebnis ist die sogenannte »Alpha High Thrust« Düse (AHT), mit der im Vergleich zu Propellerdüsen mit dem Wageningen-Profil 19A, das nahezu 40 Jahre im Schiffbau verwendet wurde, ein um 8–12 % größerer Pfahlzug erzielt wird. Diese Werte wurden nach Aussage von MAN Diesel nicht nur mit Modellversuchen, sondern auch bei Versuchen unter realen Bedingungen bestätigt.

Die neue Düse erhielt nicht nur außen ein neues Profil, sondern wurde auch innen profiliert. Darüber hinaus hatten folgende Optimierungen wesentlichen Einfluss auf das Ergebnis: das Verhältnis von Länge zu Durchmesser der Düse, die Drehrichtung, die Linien des Schiffes in diesem Bereich sowie die Anstellung der Düse nach Azimut und Elevation. Abgesehen vom höheren Pfahlzug soll die AHT-Düse im Vergleich zu Düsen mit 19A-Profil einen um 20–25 % höheren Schub bieten.

Propellerflügel nach Kappel

Weitere Verbesserungen für den Schiffsantrieb sind nach Aussage des Unternehmens mit der Anwendung der von J. J. Kappel entwickelten Form der Propellerspitzen verbunden. MAN Diesel hat bereits im Dezember 2003 mit Kappel eine Vereinbarung getroffen und danach Verstellpropeller mit Flügeln nach Kappel-Konstruktion angeboten. Damit soll der Wirkungsgrad des Propellers um 3–5 % verbessert werden. Obwohl entsprechende Versuchsergebnisse vorliegen, ist dieser Effekt in Fachkreisen unverändert umstritten. Die ersten Propellerflügel dieser Art erhielten 2004 die Fährschiffe der Reederei Scandlines »Prins Joachim« und »Kronprins Frederik« im Rahmen einer umfassenden Überholung.


Hans-Jürgen Reuß