Sind bestehende Vorschriften für die Offshoretechnik ausreichend?

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Der Untergang der Bohrinsel »Deep­water Horizon« – die am 20. April im Golf von Mexiko explodierte und in Brand geraten[ds_preview] war – gehört schon jetzt zu den größten Ölkatastrophen in der Geschichte. Nach Schätzungen geht man von einem Ölaustritt von ca. 800.000 Litern pro Tag aus. Bisher sind in erster Linie Tankerunglücke für die massiven Umweltschäden verantwortlich gewesen, und immer wieder tauchen Fragen nach der Tankersicherheit auf. Beim Auflaufen der »Exxon Valdez« am 23. März 1989 auf ein Riff liefen damals etwa 40.000 Tonnen Rohöl aus. 1978 ereignete sich vor der Küste der Bretagne die größte Ölkatastrophe in Europa. Etwa 223.000 Tonnen leichtes Rohöl lief aus der aufgelaufenen »Amoco Cadiz« aus. An der deutschen Küste verursachte 1998 der gestrandete Holzfrachter »Pallas« die bisher schwerste Ölpest, nachdem knapp 100 Tonnen Schweröl ins Wattenmeer gelaufen waren. Im Dezember 1999 war der unter maltesischer Flagge gefahrene Öltanker »Erika« vor der Bretagne im Sturm auseinandergebrochen und gekentert, und vor der Nordwestküste Spaniens zerbrach im November 2002 der Öltanker »Prestige« und ca. 64.000 Tonnen Schweröl liefen ins Meer. Nach diesen Aufsehen erregenden Tankerunfällen haben die führenden Seefahrtnationen sukzessiv immer strengere Sicherheitsvorschriften für die Tankschifffahrt erlassen. Die IMO (International Maritime Organization) reagierte und verankerte in der MARPOL-Konvention 13 F die Doppelhülle als Pflicht für alle abgelieferten Tanker mit einer Tonnage über 5.000 tdw ab 1.7.1993. Um solchen Umweltbedrohungen bei Tankerunglücken vorzubeugen, wurde dann Ende 2002 das so genannte »Phase-Out-Program« beschlossen und das Ende der Einhüllentanker von ehemals 2015 auf 2010 vorverlegt. In Europa hat im Oktober 2003 die EU-Kommission ein Gesetz verabschiedet, wonach Einhüllentanker, die vor 1982 gebaut wurden und älter als 23 Jahre sind, überhaupt nicht mehr in EU-Häfen einlaufen dürfen. Auch die USA als einer der größten Märkte für die Einfuhr von Rohöl und Ölprodukten haben die Vorschriften zur Tankersicherheit bereits 1990 mit dem »Oil Pollution Act« (OPA) deutlich verschärft. Der OPA 90 macht die Doppelhülle zur Bedingung für alle nach dem 1.7.1990 gebauten Tanker, die Häfen der USA anlaufen wollen.

Die Frage nach ausreichenden Vorschriften der Offshore-Industrie stellt sich nicht nur nach dem jüngsten Unglück im Golf von Mexiko. Im vergangenen Jahr flossen von der brennenden Bohrinsel »Montara« mehrere tausend Tonnen Rohöl in die Timorsee nordwestlich von Australien, und erst nach drei Monaten konnte das Bohrloch mit Schlamm und Salzwasser verschlossen werden.

Der schier unstillbare Durst nach Öl treibt die Förderunternehmen in immer abgelegenere und schwerer zugängliche Gebiete. Der globale Wettlauf um die letzten Öl-Reserven motiviert Wissenschaft und Technik zu immer neuen Kraftanstrengungen. Die komplexen Offshore-Anlagen müssen so konzipiert sein, dass sie nicht nur auf möglichst wirtschaftliche Weise Öl aus der Tiefe pumpen, sondern auch höchsten Sicherheitsstandards genügen.


Ralf Hinrichs