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Nach vielen Jahren dauerhaften Wachstums und stabiler Erträge hat die weltweite Schifffahrtskrise auch die Fondsschiffe nicht verschont. Nicht kostendeckende Charterraten und längerfristiges Aufliegen bewirken ernsthafte Liquiditätskrisen bei den Schiffsgesellschaften und die Abwertung der Schiffe in der Bilanz kann zu einer Überschuldung des Fonds führen. Beide Situationen, die nicht selten miteinander einhergehen, stellen die Geschäftsführung der Schiffsgesellschaften, aber auch Treuhänder und Emissionshäuser vor vielfältige Schwierigkeiten. Der nachfolgende Beitrag soll Handlungsmöglichkeiten und Handlungspflichten in der Krise eines Fondsschiffes darstellen.

I. Die Krise erkennen – Insolvenzgründe

Die Insolvenzordnung kennt drei Insolvenzgründe: Die Zahlungsunfähigkeit, die nur drohende Zahlungsunfähigkeit und die[ds_preview] Überschuldung. Die drohende Zahlungsunfähigkeit spielt bei Schiffsfonds in der Praxis keine Rolle, weswegen auf eine weitergehende Darstellung verzichtet wird.

Die Pflicht, einen Insolvenzantrag zu stellen, trifft im Regelfall den Geschäftsführer. Ein Antragsrecht haben daneben alle Gesellschaftsgläubiger, sobald die Zwangsvollstreckung aus einem gegen die Schiffsgesellschaft gerichteten Titel fehlgeschlagen ist. Zu den Gläubigern der Schiffsgesellschaft zählen neben der finanzierenden Bank u. a. die Finanzämter, daneben Bereederer, Treuhänder, Crewing-Agenten und weitere Lieferanten und Dienstleister. Die finanzierende Bank ist normalerweise über eine Schiffshypothek gesichert. Sie hat deswegen nur in Ausnahmefällen ein Interesse an einer Insolvenz der Fondsgesellschaft, weil sie sich aus einer Verwertung des Schiffes außerhalb des Insolvenzverfahrens direkt und vorrangig befriedigen kann.

Es ist die Aufgabe jedes Unternehmers, aus seinem Controlling diejenigen Informationen abzuleiten, die er benötigt, um eine mögliche Insolvenzantragspflicht zu erkennen. Dies erfordert eine dauerhafte Überwachung der Liquidität des Unternehmens. Daneben spielt der Verschuldungsgrad eine erhebliche Rolle.

1. Zahlungsunfähigkeit

Zahlungsunfähigkeit ist gegeben, sobald weniger als 90 % der fälligen Verbindlichkeiten beglichen werden können und dieser Zustand erkennbar für länger als zwei Wochen andauern wird. Bei Schiffsfonds ist es in der Regel die Zahlungsfähigkeit, die zur Insolvenzantragspflicht führt.

Besondere Vorsicht ist geboten, wenn fällige Zahlungen nur noch aufgrund einer geduldeten Überziehung des Kreditinstituts geleistet werden können. Da die geduldete Überziehung üblicherweise jederzeit fällig gestellt werden kann, wird nur eine sofort fällige Verbindlichkeit durch Aufnahme einer anderen abgelöst. Es ist bei Überziehung des Kontokorrents also zwingend geboten, schnellstmöglich eine rechtssichere Position bei der Bank zu erhalten.

2. Überschuldung

Die Feststellung der Überschuldung erfolgt in einer mehrstufigen Prüfung. Wenn im ersten Schritt die bilanzielle Überschuldung festgestellt worden ist, wird in einem zweiten Schritt geprüft, ob stille Reserven in den Vermögensgegenständen die Überschuldung in einem sog. Insolvenzstatus beseitigen würde.

Nach der Änderung durch das Finanzmarktstabilisierungsgesetz liegt eine Insolvenzantragspflicht wegen Überschuldung erst vor, wenn die Fortführung des Unternehmens nicht überwiegend wahrscheinlich ist. Neben der vorliegenden Überschuldung muss es also unwahrscheinlich sein, dass das Unternehmen auf Dauer fortgeführt werden kann. Diese Fortführungsprognose stellt ganz wesentlich auf die Zahlungsfähigkeit ab. Konkret bedeutet dies, dass es auch im Zusammenhang mit der Überschuldung derzeit ganz wesentlich auf die Frage nach der Zahlungsfähigkeit ankommt. Solange diese dauerhaft gewährleistet ist, führt die Überschuldung für sich besehen zunächst nicht zu einer Insolvenzantragspflicht.

Bei der Frage nach der Überschuldung ist bei Ein-Schiffs-Gesellschaften normalerweise die Bewertung des Schiffes der ausschlaggebende Faktor. Hier bestehen aufgrund der aktuellen Marktsituation erhebliche Unsicherheiten.

In den Jahresabschlüssen der Schiffsgesellschaften scheint sich derzeit eine Bewertung mit einem vom VHSS entwickelten Long-Term-Asset-Value-Ansatz durchzusetzen. Es muss aber berücksichtigt werden, dass dieser Wertansatz nicht die aktuell am Markt erzielbaren Veräußerungswerte widerspiegelt, sondern auf langfristigen Durchschnittswerten beruht. In einem Insolvenzstatus, der auf Liquidationswerten basiert, wird dieser Wert keine Anwendung finden können. Die insolvenzrechtlichen Folgen der Anwendung dieses Verfahrens sind deswegen mit Unsicherheiten belastet, die im Moment aber nicht auflösbar sind.

3. Die Krise meistern – was ist zu tun?

Die Praxis zeigt, dass in der großen Mehrzahl der Fälle die Zahlungsunfähigkeit sehr viel früher eingetreten ist, als die Geschäftsführung dies gedacht hat. In der Regel können zunächst Rechnungen unbezahlt bleiben und / oder die Bank duldet weitere Überziehungen. Wenn die Zahlungen dann eingestellt werden müssen, wird meistens festgestellt, dass die Zahlungsunfähigkeit im rechtstechnischen Sinne schon länger vorliegt.

Aufgrund der umfassenden haftungsrechtlichen Folgen ist es deswegen bei einer sich abzeichnenden Krise unerlässlich, Liquidität und Verschuldungsgrad permanent zu überwachen. Das Controlling der Reederei ist deswegen in der Krise stark gefordert.

a.) Ernsthafte Sanierung

Zunächst besteht nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder der Überschuldung die Möglichkeit, mit ernsthaften Sanierungsbemühungen die Insolvenz abzuwenden. Innerhalb von längstens drei Wochen besteht die Möglichkeit, durch Beseitigung des Antragsgrundes die Antragspflicht abzuwenden. Wenn aber schon vor Ablauf der drei Wochen feststeht, dass die Sanierung misslingt, ist der Insolvenzantrag unverzüglich zu stellen. Die drei Wochen sind deshalb nicht als Antragsfrist zu interpretieren. Während dieser Drei-Wochen-Frist wird bei Schiffsfonds in aller Regel zunächst mit den finanzierenden Banken über eine Erweiterung des bestehenden Kontokorrents oder über andere Betriebsmittel- oder Überbrückungskredite verhandelt. Kapitalerhöhungen, wie sie sonst in dieser Phase weit verbreitet sind, können bei Publikumsfonds schon aus praktischen Gründen nicht innerhalb von drei Wochen durchgeführt werden, da eine Kapitalerhöhung die Zustimmung der Gesellschafterversammlung erforderlich macht. Daneben werden in der Krise üblicherweise Rangrücktritte erklärt und / oder Patronatserklärungen abgegeben.

b.) Patronatserklärungen

Die Zahlungsunfähigkeit wird, sofern keine zusätzlichen Kredite aufgenommen werden können oder keine Kapitalerhöhung durchgeführt wird, vielfach durch eine Patronatserklärung beseitigt. Patronatserklärung bedeutet, dass sich in der Regel ein Gesellschafter bereit erklärt, die Gesellschaft in dem Rahmen mit Liquidität zu versorgen, die erforderlich ist, um alle fälligen Verbindlichkeiten zu bedienen. Im Rahmen von Patronatserklärungen ist zweierlei zu beachten:

• Überschuldung

Zahlungen, die aufgrund einer Patronatserklärung geleistet werden, können als Darlehen des Zahlenden gestaltet werden. In diesem Fall erhöhen sich aber die Verbindlichkeiten der Gesellschaft, so dass diese von der Zahlungsunfähigkeit direkt in die Überschuldung geraten kann. Hier ist also größte Vorsicht geboten. In der Regel wird die Patronatserklärung mit einem Rangrücktritt verbunden sein müssen, um die Überschuldungsproblematik ebenfalls zu vermeiden. Alternativ können Zahlungen auf die Patronatserklärung als Einlagen gewertet werden. Dies ist bei Publikumsfonds jedoch zivilrechtlich problematisch.

• Begrenzung und Befristung

Eine Patronatserklärung kann für den Garanten zu einer unübersehbaren Belastung werden. Aus diesem Grund empfiehlt es sich, diese der Höhe nach zu begrenzen. Allerdings muss beachtet werden, dass bei Erreichen der Begrenzung die Zahlungsunfähigkeit wieder eintritt. Außerdem darf die Patronatserklärung nicht widerrufbar sein. Auch muss der Garant alle Verpflichtungen erfüllen, die während der Gültigkeit der Patronatserklärung entstanden sind.

c.) Rangrücktritt

In Folge der Einführung der Fortführungsprognose in den Überschuldungstatbestand spielen Rangrücktritte nur noch eine untergeordnete Rolle bei der Beurteilung einer Insolvenzantragspflicht. Solange die Fortführung überwiegend wahrscheinlich ist, ist ein Rangrücktritt nicht mehr erforderlich. Wenn die Fortführung nicht überwiegend wahrscheinlich ist, wird unmittelbar eine Prüfung der Zahlungsunfähigkeit zu erfolgen haben. Diese wiederum kann mit einem Rangrücktritt aber nicht beseitigt werden.

In der Praxis …

… zeigen sich die Vorteile der langfristigen Liquiditätsplanung in der Krise sehr deutlich. Wer frühzeitig auf anstehende Liquiditätsengpässe vorbereitet ist, hat natürlich viel länger Zeit, sich darauf einzustellen und zu reagieren. Vielfach lassen sich diese Effekte aber nicht langfristig planen. Wenn beispielsweise der Charterer insolvent wird und damit die einzige Einnahmequelle des Schiffs abrupt entfällt, können keine langfristigen Konzepte erarbeitet werden.

Wichtig ist in einer solchen Situation, dass durch entschlossenes Handeln der Geschäftsführung der Insolvenzgrund innerhalb von drei Wochen beseitigt ist. Um dem gerecht zu werden, ist in der letzten Zeit bei Schiffsfonds regelmäßig zweistufig vorgegangen worden: Zunächst wird mit Hilfe von Banken, Reedereien und Treuhändern ein kurzfristiges Hilfspaket geschnürt, welches die Zahlungsfähigkeit der Schiffsgesellschaft aufrecht erhält. Dies beinhaltet vielfach Rangrücktritte und Verzichtserklärungen von Reederei und Treuhänder sowie einen zusätzlichen Betriebsmittelkredit der finanzierenden Bank.

Erst in einem zweiten Schritt wird dann ein langfristig angelegtes Sanierungskonzept erarbeitet. In dieses können daneben die Kommanditisten und ggf. auch externe Investoren eingebunden werden.

Verfasser:

RA/StB Lars Heymann

PKF Fasselt Schlage Hamburg

Lars Heymann