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Die Branche lebt. Aber es ist ein Leben unter ständiger Brandbekämpfung. Geprägt von Hoffnung auf Besserung und dem Glauben an die Zukunft. Gestützt von Gläubigern bzw. Banken, die selbst auf das Überleben der Emissionshäuser der deutschen Seeschifffahrt angewiesen sind.

Für viele Emissionshäuser – auch die größten – mag das folgende Bild zur Situationsbeschreibung passen: Man wohnt unter einem notdürftig reparierten Dach[ds_preview], dessen Haltbarkeit nicht nur von der Erholung der Märkte abhängt. Drei Feuerherde fordern ständigen Einsatz, bei dem nahezu täglich neue Herausforderungen zu bestehen sind. Die Vermeidung der Insolvenz sowohl des eigenen Hauses als auch zahlloser Einzelgesellschaften wie den Fonds-KGs gehört dazu. Die drei Feuerherde, die – unabhängig vom einen oder anderen positiven Markt-Aufwind – noch eine ganze Weile zu bekämpfen bzw. unter Kontrolle zu halten sind: die (Wieder-)Belebung des Platzierungsgeschäfts, die Enthaftung der Neubau-Pipeline und anderer Verpflichtungen sowie schließlich das Schiffsfonds-Krisenmanagement.

Die Gesundung der Weltwirtschaft und, auf die Schifffahrt bezogen, ganz besonders der Containerschifffahrt ist das A und O zur Bewältigung der Krise. Der ersehnte Aufschwung hat eingesetzt. Linien verdienen wieder Geld, Charterraten der großen Schiffe sind aus dem Schreckenstief heraus. Mittelgroße und kleine Containercarrier müssen länger als erwartet auf den Aufschwung warten, finden aber immerhin wieder Beschäftigung und können zumindest ihre Opex-Betriebskosten decken. Bulker sind bisher zwar besser als erwartet durchgekommen – die großen Orderbücher bei den Werften sorgen aber weiterhin für enorme Ungewissheit.

Erfahrene Schifffahrtsleute wissen, dass die Markterholung alleine noch lange nicht ausreicht, um das Ende der Krise einzuläuten. Leere Kassen und angehäufte Schuldenberge machen anfällig für die Folgezeit. Auch und gerade dann, wenn Märkte und Schiffswerte wieder steigen, ist die Gefahr latent vorhanden, dass Gläubiger auf Durchsetzung ihrer gestundeten Forderungen bestehen. Der Stress mit den Banken ist deshalb noch lange nicht vorbei.

Dennoch: Tendenzen einer Markterholung sind Gold wert – für Psyche, Public Relation und Psychologie sowie, nicht zu unterschätzen, für sämtliche Prognosen. Positive Prognosen nämlich bilden derzeit die allgemein notwendige Basis zum Überleben. Jedes Unternehmen, das bilanziell von Insolvenz bedroht ist – und das sind sehr viele! –, benötigt sowohl als eigene Rechtfertigung für seine Geschäftsführungen (Schutz vor Haftung) als auch für die Unterstützung durch die Banken positive Fortführungsprognosen – derzeit ein großes Betätigungsfeld der Wirtschaftsprüfer. Zur Glaubwürdigkeit dieser Prognosen muss es belastbare Erkenntnisse geben, möglichst mit Gutachten unterlegt. Und dort, in den Berichten von Sachverständigen, finden Markterholungen, Tendenzen und Erwartungen natürlich ihren Niederschlag. Wer trotzdem zweifelt, hält sich an die Gutachten – und ist zumindest nach außen mit sich im Reinen.

Rückgang um 80 % – auf das Niveau von 1992/93

Für Emissionshäuser ist die Gemengelage allein schon deshalb existenziell bedrohlich, weil ihnen das Stammgeschäft ihrer Erträge, das Einsammeln von Eigenkapital, weggebrochen ist. Bei Schiffsfonds insgesamt um rund 80 %! Damit wurde das Niveau von 1992/93 erreicht, als 0,85 und 1,1 Mrd. D-Mark eingesammelt worden waren.

Der Absturz geriet prompt und heftig. Seit der Pleite von Lehman Brothers im Herbst 2008 ist das Platzierungsgeschäft mehr oder weniger zum Stillstand gekommen – von Relativierungen und Einzelfällen abgesehen, dazu unten mehr). Die Hoffnung, sich vom allgemeinen Kapitalmarkt abkoppeln zu können – mit den Argumenten Inflationsschutz und Sachwerte – erfüllte sich bisher nicht. Mag es anfangs mehr der Krise an den Finanzmärkten geschuldet gewesen sein, so kamen schon bald allgemeine Wirtschaftseinbrüche und einbrechende Schifffahrtsmärkte hinzu. Allen voran verständlicherweise die Containerschifffahrt. Dazu die Auswirkungen der Überkapazitäten, wobei zu unterscheiden ist zwischen vorhandenen Überkapazitäten der Flotte und solchen, die sich rechnerisch abzeichnen durch Neubauaufträge bzw. erwartete Ablieferungen. Beides ließ nach und nach den Daumen sowohl vertriebs- als auch anlagewilliger Kunden nach unten senken.

Kann man angesichts der mageren Platzierungsumsätze von 2009 überhaupt noch von einem Platzierungsmarkt sprechen? Ja und nein.

Die Betrachtung der vom Autor für HANSA zusammengestellten Einzelübersicht aller in 2009 im Angebot befindlichen Schiffe bzw. Schiffsfonds zeigt, wie sehr dieser Markt durcheinandergewirbelt ist. Man könnte meinen, hier stünde kein Stein mehr auf dem anderen.

• Die Fondshäuser mussten sich, von Ausnahmen abgesehen, mit Minimal-Platzierungen bescheiden. Einerseits mit »Kleckerbeträgen«, die da im Laufe eines Jahres zusammenkommen. Zum anderen streckt sich folglich der Zeitraum der Einwerbung für einen Fonds auf mehrere Jahre. In der großen Platzierungsliste für den Leser zu erkennen an der Flut von Schiffen in roter Schrift. Diese Kennung steht für weniger als 15 % platzierten Kapitals im Berichtsjahr.

• Für nur noch 80 Schiffe wurde Anlegerkapital von mindestens 15 % des Solls platziert. Im Vorjahr waren es noch 279!

• Von insgesamt 156 aufgeführten, als Fonds angebotenen Schiffen können lediglich 22 ausgemacht werden, die innerhalb des einen Jahres 2009 durch Anleger voll platziert wurden.

• Entsprechend groß ist, wie schon im Vorjahr, der Überhang an offen gebliebenem, 2010 zu platzierendem Rest-Kapital (Spalte »offene Rest-Platz. 2010«).

• 51 Schiffe wurden vom Markt genommen (Platzierung ausgesetzt) und / oder mussten aus dem Initiatorenkreis mit dem erforderlichen restlichen Eigenkapital versorgt werden. Für den Leser zu erkennen an der Schrift in kursiv. Außerdem am Hinweis »geschlossen« oder »Reedereischiff« in der Spalte »offene Rest-Platz. 2010«.

• Die überwiegende Zahl der 2009 angebotenen Schiffsfonds stammt aus dem Jahr 2008, manche bereits aus 2007. (Für den Leser nicht augenauffällig, aber zu ermitteln aus dem Saldo Emissionskapital »Prospekt gesamt« abzüglich »Ist 2009« und abzüglich »offene Rest-Platz. 2010«).

• 13 der gelisteten Schiffe sind Investitionen aus Blindpools, i.W. sog. Opportunities.

Damit ist die Aufzählung des »Wirbels« keineswegs beendet. Die nächsten Punkte verdienen aber eine ausführlichere Beschreibung.

Relativierung: Welches Volumen zählt?

Angesichts eines derart dramatischen Einbruchs des gesamten Platzierungsmarktes geschlossener Fonds, wie er seit dem Herbst 2008 (Lehman Brothers 15. 9.) stattgefunden hat, muss bei einem um rund 80 % reduziertem Platzierungsvolumen für Schiffsfonds auf die Relation von Zahlen geachtet werden, die miteinander verglichen werden sollen. Solange es um stetig steigende Milliarden-Umsätze ging – 2008: 2,5 Mrd. €; 2007 3,3 Mrd. € – wurde die Statistik nicht maßgeblich davon beeinflusst, ob einige echte, nicht auf dem öffentlichen Markt zu besichtigende »Private Placements« zusätzlich aufgenommen wurden oder nicht. Der Verfasser hat schon immer – seit nunmehr 20 Jahren – zugunsten einer möglichst umfassenden Information für die Schifffahrt Private Placements mit aufgenommen, ohne dabei für die Gewissheit geradestehen zu können, wie weit diese »echt« mit fremden Anlegern waren oder im trauten Familienkreis (Family & Friends) blieben. Weshalb diese Ausschweifung? Weil in der Krise wie jetzt Private Placements statistisch an Gewicht gewinnen: Zum einen rein numerisch, zum anderen, weil in kritischer Zeit auf dieser Ebene noch am ehesten Kapitalanleger an Bord zu holen sind. Wenn das Objekt überzeugend ist, wenn es bereits ein gepflegtes, vertrauensvolles Geschäftsverhältnis gegeben hat und wenn bei einem Verzicht auf die hohen Weichkosten mehr Wirtschaftlichkeit »drin« ist. Kurz: Je kleiner die Jahresumsätze, desto größer der Einfluss eines jeden Private Placements auf das Gesamtergebnis.

Zweite Relativierung – insbesondere für den Vergleich gegenüber anderen, nicht aus der Schifffahrt, sondern allgemein aus dem Bereich Geschlossener Fonds kommenden Quellen: In den letzten Jahren hat sich der Handel mit »gebrauchten« Schiffsbeteiligungen, genannt Zweitmarkt, etabliert. Dort werden größere Umsätze getätigt. Immer mehr Emissionshäuser bieten Zweitmarkt-Fonds an und verdienen damit am bereits vermittelten Anlegerkapital ein zweites Mal. Erstmals enthält die Auflistung der HANSA auch diese Fonds. Mit dem Unterschied: In die Summe des platzierten Schiffskapitals gehen diese Umsätze nicht ein; sie werden getrennt gezählt. Im Interesse der Schifffahrt möchte der Autor es bei seinen Zahlen bei jenem Kapital belassen, das in die Anschaffung von Schiffen investiert, und das heißt den Erstmarkt.

Dritte Relativierung: In der Not der Krise haben verschiedene Anbieter den Versuch unternommen, Anlegerkapital zu generieren, das in Gelegenheitskäufe investieren soll (Opportunities). Das geht nur über Blindpools, bei denen der Anleger »blind« auf die Fähigkeiten, auch die Seriosität der Initiatoren vertrauen muss, weil er nicht weiß, welches Objekt bzw. welche Schiffe am Ende gekauft werden – und ob es sich am Ende wirklich um die erhofften »Schnäppchen« handelt. Da mit diesem Anlegerkapital in den Erstmarkt investiert wird, hat der Autor dieses Kapital in seine Zählungen mit aufgenommen – sie aber zur besseren Übersicht in der zusammenfassenden Tabelle der Emissionshäuser gesondert ausgewiesen. Sofern bereits Schiffe auf dieser Basis angeschafft wurden, sind diese in der großen Tabelle aufgeführt.

Vierte Relativierung – Eine große Zahl von Schiffsfonds wurde geschlossen, ohne dass das angepeilte Anlegerkapital platziert werden konnte. Wie bereits kurz erwähnt, sorgten dann die Initiatoren resp. (ggf.) Platzierungsgaranten (mit / ohne Banken) für Auffüllung des fehlenden Eigenkapitals. Es ist damit zu rechnen, dass das so bereitgestellte »Eigengeld« sich in diversen Statistiken unter »erfolgreich platziert« wiederfindet. Der Autor der HANSA-Übersicht hat sich bemüht, diese Art Selbsthilfe herauszufiltern und sie damit der EK-Platzierungs-Statistik zu entziehen. Für den Leser ablesbar am Hinweis »geschlossen« oder »Reedereischiff« in der Spalte »offene Rest-Platz. 2010«.

Fünfte Relativierung: Je häufiger Emissionshäuser krisenbedingt dazu genötigt waren, Platzierungen zu stoppen oder gar die Rückabwicklung vorzunehmen, desto mehr verlieren die statistischen Zahlen über erfolgreich platzierte Schiffsbeteiligungen an Gewicht. Denn eine rückwirkende Korrektur erfolgt nicht.

Vor dem Hintergrund der vorangestellten Relativierungen beträgt die größtmögliche Summe an platziertem Anlegerkapital für Schiffsfonds des vorigen Jahres 843 Mio. €. Da hiervon aber allein 119 Mio. auf den Zweitmarkt entfallen, verbleiben lediglich 724 Mio. € für den Erstmarkt. Das entspricht einem Rückgang gegenüber 2008 um 71 % (2007: 78 %). Reduziert man dieses Ergebnis um die 146 Mio., die in den »neuen« Markt der Opportunity-Fonds (Blindpools) geflossen sind, verbleiben 578 Mio., die darüber hinaus um 39,0 Mio. zu bereinigen sind, die bei Conti aus »Family & Friends«-Eigenfinanzierungen stammen. Für den herkömmlichen Erstmarkt inkl. diverser Private Placements verbliebe ein platziertes Volumen von 539 Mio. Hieran gemessen, haben wir es mit einem Rückgang um 78,1 % (2008) bzw. 83,6 % (2007) zu tun.

Für eine nüchterne Betrachtung, die den Vergleich mit der bis zur Krise gewohnten konventionellen Schiffsfinanzierung des KG-Marktes sucht, wären weitere 165 Mio € herauszufiltern, zumindest außer der Reihe zu betrachten, die für den Bau von zwölf Offshore-Fahrzeugen (Versorger, Ankerziehschlepper) platziert werden konnten und damit alleine einen Marktanteil von 30 % sicher stellten. Zwar war dieser neue Markt auch schon 2008 vertreten – mit 15 Schiffen und 147 Mio. –, doch betrug der Marktanteil im Vorjahr angesichts eines Gesamtvolumens von 2,466 Mrd. € nur 6 %. Es ist eine Frage der individuellen Interpretation, ob das Offshore-Schiffsvolumen in Abzug zu bringen wäre. Der Vollständigkeit halber sei das verbleibende Volumen aufgeführt: 374 Mio. € für klassische Schiffsfonds blieben übrig. Diese wären dann aber nicht auf besagte 2,466 Mrd. € von 2008 zu beziehen, sondern auf Offshore-bereinigte 2,319 Mrd. €. Der Rückgang betrüge rd. 84 %.

Fazit: Aus der Sicht der Emissionshaus-Branche ist es dank Erschließung neuer Geschäftsfelder wie Zweitmarkt, Opportunity, Offshore-Schiffen gelungen, Umsätze von immerhin noch 843 Mio. € zu tätigen. Aus der Sicht der deutschen Seeschifffahrt aber und den sich selbst auferlegten Zwängen heraus, fest bestellte konventionelle Tonnage finanzieren und mit Anleger-Eigenkapital versorgen zu müssen, schmilzt die hierfür erbrachte Leistung je nach Bewertung der Offshore-Schiffe (unter großzügiger Interpretation des Autors) etwa auf die Hälfte zusammen, auf rd. 400–450 Mio. €, dem Niveau von 1992. Und das bei Soll-Zahlen von mindestens drei, eher 4 Mrd. € jährlich!

Ranking – auf den Kopf gestellt

Schließlich das Ranking, in Boomzeiten gerne als »Hitliste« bezeichnet nach dem Motto: Wer ist der Größte, wer strotzt mit größtem Wachstum, wer gehört zu den »Top Ten« usw. In den Zeiten, da es leicht schien, Erfolge über Erfolge zu feiern, wurde diese Liste von Jahr zu Jahr beeindruckender. Im Jahr 2009 hingegen ist sie nicht wiederzuerkennen – scheint fast auf den Kopf gestellt.

Gewohnte Größen wie MPC Capital, Lloyd Fonds, König & Cie., OwnerShip, Commerzbank-Tochter Commerz Real (CFB), Dr. Peters, Gebab oder FHH Fondshaus Hamburg verlieren sich diesmal mit Volumen im einstelligen Millionen-Bereich unter »ferner liefen … « ab Platz 19. Dagegen avanciert ein einzelnes Private Placement für einen mittelgroßen Chemikalientanker zur »Nummer 10« am Markt (Reederei German Tanker, 19,6 Mio) – obwohl die Bremer mit diesem Markt eigentlich gar nichts zu tun haben und lediglich der Ordnung halber bei der BaFin einen Beteiligungsprospekt hinterlegt haben.

Vorderste Plätze 4, 5 und 7 belegen die Oltmann-Gruppe, Hanse Capital und das Bankhaus Lampe (mit dessen Corporate Finance-Tochter) allein deshalb, weil es ihnen – zumal besser als anderen Wettbewerbern – gelungen ist, erfolgreich auf das Thema Opportunity zu setzen. »Schnäppchenfonds« und »Krisen-Gewinner« lauten die ambitionierten Stichworte bei Ersteren. Bei Lampe sollen IPO und Börsenhandel den Anreiz geben für eine von Komrowski zum Kauf auszuwählende und zu bereedernde Flotte.

Dass Nordcapital mit beeindruckenden 112 Mio. platziertem Kapital und bei großem Abstand auf Conti und HCI die aktuelle Nummer Eins wurde, ist ausschließlich dem bereits erwähnten Offshore-Geschäft zuzuschreiben. Während andere für den KG-Markt vorgesehene Projekte (Bulker) in der Schublade blieben, wurde voll auf die Offshore-Karte gesetzt – und gewonnen, was dem Vernehmen nach nicht zuletzt zur Lösung der Finanzierungsprobleme für die Unternehmensgruppe E. R. Schiffahrt / Nordcapital von herausragender Bedeutung gewesen sein soll.

Weil das Thema Offshore als nicht krisenbefallener, dazu für den KG-Markt neuer maritimer Sektor mit positiver »Story« zu verkaufen war, sind auch die anderen beiden Anbieter von Versorgungsschiffen bzw. Ankerziehschleppern ganz weit vorne zu finden: 1. Der Neuling aus dem bayerischen Allgäu FMMH Offshore Fondshaus auf Rang 6 (34,0 Mio.) sowie 2. das ebenfalls junge, 2009 von Harms Bergung übernommene Emissionshaus Triton Shipholding auf Rang 12 (18,7 Mio.).

HCI Capital AG als Dritter hebt sich insbesondere von den anderen börsennotierten Emissionshäusern dadurch ab, als es ihr dank ihrer Vertriebsschienen gelungen ist, a) mit immerhin 55 Mio. € (zzgl. 13,6 Mio. für die Bohrinsel »Deepsea Explorer«) deutlich mehr Volumen zu platzieren und b) sogar neue Fonds für sieben Schiffe aus ihrer riesigen Pipeline aufzulegen.

Einen vorderen Platz zu belegen, gehört bei der Münchner Conti zwar zur Normalität, Platz zwei (59 Mio.) basiert allerdings auf der Besonderheit, dass hier drei Containerschiffe à 4.892 bzw. 6.572 TEU enthalten sind, für die das Eigenkapital von gesamt 39 Mio. aus engstem Kreis stammt (Family & Friends). Die danach verbleibenden 20 Mio. an öffentlich eingeworbenem Anlegerkapital entsprächen lediglich Platz neun.

Conti meldete kürzlich, dass es gelungen sei, das Fondskapital für den Bulker »Conti Achat« binnen sieben Tagen am Markt platziert zu haben; beim Vorgängerschiff waren es ebenfalls nur wenige Wochen – ein Vertriebstempo wie in alten Zeiten also. Lässt sich das als Signal für einen wieder anziehenden Markt werten? Wohl kaum. Aber es bestätigt Erklärungen für das, was bei Schiffsanlegern noch »geht« und was nicht:

• Eine »Story« erzählen zu können, die sich abhebt von den Allgemeinplätzen. Dazu gehört alles, was sich als Marktnische bezeichnen bzw. »verkaufen« lässt. Deshalb konnten Häuser mit Spezialschiffen im Angebot besser abschneiden. Außer Offshore gehörten dazu: (Fluss-)Kreuzfahrer, Schwergut- und Dockschiffe, auch Mehrzweckfrachter, obwohl auch dieser Sektor entgegen mancher Verkaufsargumentation von der Krise keineswegs verschont blieb. Dasselbe gilt natürlich für Gelegenheitskäufe / Opportunities, wenn die günstigen Preise nachgewiesen bzw. glaubhaft gemacht werden können.

• Verlässlichkeit / Vertrauen: Wer über einen größeren Kreis potenter und erfahrener Anleger als Kunden verfügt, die ihrem Emissionshaus resp. Vertriebsberater wegen guter Erfahrungen Vertrauen entgegenbringen, der verschafft sich auch in schlechten Zeiten mit seinen Produkten Gehör – und Zugang zum Anlagevermögen. Das ist die Erfolgsformel für Private Placements. Wenn dann noch dazu kommt, dass ein Emissionshaus seine Anleger von Sanierungsprogrammen / Neukapital / Rückzahlungen verschonte – wie bei Conti –, dann wirkt das sicher stimulierend.

• Bulkcarrier: Während dieser Schiffstyp von der allgemeinen Abstinenz der Anleger genau so betroffen ist wie andere, trumpfen Einzelne wie die Reedereien Vogemann und Hartmann (mit Private Placements) oder Conti mit zügigen Platzierungen auf.

• Vertrieb: Banken haben sich ebenso aus dem Verkauf von Schiffsbeteiligungen ausgeklinkt wie allgemein die Vertriebe. Bis auf einige, offensichtlich starke Einzelvertriebe. Wem es gelingt, sie für sich zu gewinnen – in Kombination mit der richtigen »Story«, Exklusivität und Attributen wie Sicherheit und Wirtschaftlichkeit oder auch Kostensenkungen –, der vermag sich im ausgetrockneten Markt zu behaupten.

Bewegende Fragen

Wenn es denn nur darum ginge, wer in schwierigen Zeiten am Platzierungsmarkt noch etwas eingeworben hat, und, wenn ja, wie viel … Die wirklich bewegenden Fragen liegen woanders:

• Wer ist als Anbieter von Schiffsfonds in diesen schwierigen Zeiten in der Lage, mit den schmalen Umsätzen (über)leben zu können? Auf welcher Grundlage? Auf Basis welchen Geschäftsmodells?

• Welches Emissionshaus resp. welche auf den Fondsmarkt angewiesene Reederei hat noch Eigenkapital-Verpflichtungen aus Neubau-Pipelines zu erfüllen bzw. die damit verbundenen Probleme zu lösen? Wer ist von solchen Belastungen befreit? Zur Erinnerung: dabei geht es je Unternehmen oft um dreistellige Millionenbeträge, bei einigen um Milliarden (s. Absatz »Platzierungsgarantien«).

• Restrukturierungskonzepte / Sanierun­gen: Wer benötigt ein solches Programm, wer kommt ohne aus? Steht das Konzept, ist es von allen Beteiligten genehmigt? Gelingt die Umsetzung? Werden alle dafür festgeschriebenen Voraussetzungen bzw. Bedingungen (ständig) erfüllt?

• Wenngleich erfolgreich umgesetzte Restrukturierungsprogramme (auch) mit endgültigen Enthaftungen verbunden sein können, bleiben sie eine vorläufige Rettung. Ein Zeitaufschub. Ein mittelfristiger Zeitgewinn von zwei bis fünf Jahren. Ist für die Zeit danach das Überleben sicher gestellt?

• Wie lang also »darf« die individuelle Durst­strecke sein, die man aushält, bis Anleger wieder Vertrauen in die Schifffahrt haben und Beteiligungen zeichnen?

• Wie gut, wie schlecht funktioniert das Krisen-Management der in Liquiditätsnot geratenen Schiffsfonds? Werden die Herausforderungen erfolgreich bestanden? Werden Lösungen gefunden – und auch umgesetzt? Dabei geht es nach Angaben des VDR auf Basis einer PwC-Umfrage um rund 700 Schiffe! Und meistens schwebt die Bedrohung des Insolvenzantrages über den Köpfen sowohl der verantwortlichen Geschäftsführer als auch der Gesellschafter.

Probleme und Fragen, die wegen ihrer Bedeutung auf dem 14. HANSA-Forum Schiffs­finanzierung am 18. November in Hamburg ausführlich zu diskutieren sein werden.

Platzierungsgarantien

Zum Thema Platzierungsgarantien sind der HANSA-Übersicht nur in einigen Fällen entsprechende Anmerkungen zu entnehmen. Insgesamt ist zu resümieren: Ein trauriges, ein peinliches Kapitel für die gesamte Branche hat sich hier offenbart. Was den Anlegern und dem Vertrieb Produktsicherheit während der Platzierungsphase zusichern sollte, hat sich in der Krise in aller Regel als »heiße Luft« herausgestellt. Weil sie nicht belastbar sind, schon gar nicht in größerem Volumen. Oder auch, wie sich inzwischen herausstellt, weil sie in letzter Konsequenz wohl vielfach gar nicht ernst gemeint waren. Denn oft waren die Garantie-Verträge mit Einschränkungen so gestaltet, dass sie nur im Rahmen eines funktionierenden Geschäftsumfeldes Geltung hatten und im Übrigen von den Banken wie selbstverständlich zwischenzufinanzieren waren. Die großen Emissionshäuser der Schifffahrt hängen u. a. deshalb am Tropf der Banken, weil sie diese Garantien nicht erfüllen können; würde jemand sie dazu zwingen, wäre der Fortbestand, die Zahlungsfähigkeit des Unternehmens, in Gefahr! Das ist nachzulesen in etlichen Geschäftsberichten und auch von den Wirtschaftsprüfern als Zusatzbemerkung notwendigerweise vermerkt. Umgekehrt gilt auch: Die Banken haben sich dieses Problem ebenfalls selbst aufgeladen und müssen es deshalb durchstehen.

Fairerweise ist darauf hinzuweisen, dass die Nichterfüllung von Garantien nicht für alle Teilnehmer des Marktes gilt. Insbesondere Banken, ob als Emissionshaus wie Commerz Real oder Hannover Leasing, oder als Vertriebe wie z. B. die Postbank oder der Bereich der Volksbanken / Raiffei­sen, stehen nach Kenntnis des Autors zu ihren Verpflichtungen, entsprechendes Eigenkapital bereitzustellen. Ebenso Unternehmen, die vorsichtig genug waren, sich nicht mit zu vielen Garantien zu übernehmen. Ungerechtigkeit der (Banken-)Welt: Wer vorsichtig war und zahlen kann, wird zur Kasse gebeten – wer das nicht kann, wird derzeit geschont.

Ausblick: Zuversicht – Glaube an Zukunft ungebrochen

In einer Umfrage des Autors am Jahresbeginn zur zukünftigen Entwicklung äußerten sich die Schiffsfonds-Anbieter in einem Punkt einstimmig: Keiner beabsichtigt, aus dem Schiffsfondsmarkt auszusteigen. Zwangspausen bzw. zwangsläufig anhaltende Zurückhaltung allerdings für das laufende Jahr und auch 2011 werden schon eingeräumt – zumindest, was den normalen Erstmarkt angeht. Man richtet sich bei entsprechend auf Minimum reduziertem Personal darauf ein, von der Anleger-Betreuung als Treuhänder zu leben und ggf. über alte Partnerschaften die Möglichkeit zu Gelegenheitsgeschäften im Rahmen von Private Placements zu bekommen. Selbst die Suche nach Kompensation durch andere Branchen im Bereich geschlossener Fonds wird von jenen, die bisher ausschließlich in Shipping engagiert sind, eher selten in Betracht gezogen. Dafür ist die Zuversicht, dass die Schifffahrt mit Schiffsfonds-Finanzierung wiederkommt, zu groß.

Etliche Emissionshäuser sind bereits diversifiziert, was freilich nur dann einen Ausgleich für fehlende Umsätze der Schifffahrt bedeutet, wenn diese Geschäftsfelder Absatz finden, wie z. B. Erneuerbare Energien, Nachhaltigkeitsfonds (z. B. Wald), Immobilien Deutschland und Holland sowie Flugzeuge. Zu diesen Häusern zählen – außer den börsennotierten MPC, HCI und Lloyd Fonds und den Bank-Töchtern Commerz Real, KGAL und Hannover Leasing – Nordcapital, Dr. Peters (2008/09 sehr stark mit Flugzeugen), König & Cie. (u.a. islamischer Sharia-Markt), Buss Capital (Container), Ideenkapital, FHH Fondshaus Hamburg, HEH Hamburger Emissionshaus (Flugzeuge), CH2 Contorhaus Hamburg, Paribus Capital (Eisenbahn) und, noch relativ frisch mit Private Equity und Flugzeugen, in Kooperation mit Doric Asset Finance Hansa Treuhand.

Ganz generell von einer Erholung des Marktes gehen ebenfalls alle Kommentare aus, dies allerdings mit erheblich unterschiedlichen Erwartungen. Während die börsennotierten Häuser schon im laufenden Jahr fest mit Besserung rechnen – kumuliert über alle Geschäftsbereiche sogar ambitionierte Steigerungen ihrer Platzierungsumsätze prognostizieren – sind andere zum Teil wesentlich zurückhaltender, indem sie von zwei bis drei Jahren (»nicht vor 2012«) sprechen. Dazwischen liegt z. B. Commerz Real (CFB-Fonds) mit ihrer Einschätzung auf ein erneutes »Anziehen der Platzierungszahlen voraussichtlich ab 2011« mit der Begründung: »In Ermangelung alternativer, hochrentierlicher Anlageformen werden sich die Anleger zunehmend wieder dem Kapitalmarkt zuwenden und hier insbesondere in Sachwerte investieren.«

Tobias König rechnet mit einer Stagnation über die nächsten zwei Jahre und erst ab 2012 mit höheren Volumen als 2009, ist für danach aber zuversichtlich. Von gleichen Zeiträumen sprechen Sönke Fanslow (Hansa Treuhand), Christian Salamon (Salamon AG) und Hanseatic Lloyd. Marc Driessen (Hesse Newman) macht den Unterschied zwischen Pipeline-Schiffen und aktuellen Einkäufen: »In den nächsten mindestens 24 Monaten wird die Platzierung der sich im Vorlauf befindlichen Schiffe nahezu unmöglich sein. Lediglich zu aktuellen Preisen eingekaufte Schiffe, die über eine einigermaßen verlässliche Charter verfügen, halten wir mit ausgewählten Vertrieben für platzierbar.«

Sehr bewusst ist allen die Bedeutung der Vertrauensfrage, das heißt einerseits, wie die Anleger selbst die Krise überstehen und welche Einstellung bei ihnen daraus folgen wird. Andererseits das Vertrauen auf die öffentliche Wirkung bezogen. Thomas Böcher von Paribus Capital, der von der Attraktivität ausgesuchter Beteiligungen in Sanierungskapital überzeugt ist, zeigt sich überrascht über die Heftigkeit der Ablehnung seitens institutioneller Vertriebe: »Viele Banken / Sparkassen sind so verunsichert, dass sie darüber nachdenken, diesen Geschäftsbereich (ggf. auch den gesamten Bereich geschlossener Fonds) gänzlich zu streichen.« Klar ist, dass die Wiederherstellung des Anleger-Vertrauens eine Hauptaufgabe sein wird.

Andreas Vroom, der sich nach jahrelanger Tätigkeit als Geschäftsführer der HCI-Treuhandgesellschaft mit seiner Argus Schiffstreuhand als Berater und mit Anleger-Betreuung in Bremen selbständig gemacht hat, zudem dort das neue Emissionshaus MCC Maritime Concept Consult führt, mahnt anlegergerechtes, verantwortungsbewusstes Handeln an und erinnert an die schon immer schwelenden Interessenkonflikte von Treuhändern: »Wir sehen durch die gegenwärtige Krise eine nachhaltige Störung des Marktes. Die verbleibenden Schädigungen und das schwindende Vertrauen bei den Anlegern zum Ende der Krise bzw. bei Restabwicklung der Fonds sehen wir als entscheidendes Kriterium. Das weitere Verhalten der schiffsfinanzierenden Banken, der Emissionshäuser, Vertriebe, Reeder, aber insbesondere auch der Treuhänder und Anleger wird dies entscheidend mit prägen. Nur eine sehr gründliche Aufarbeitung, Transparenz und Betreuung durch die Treuhandgesellschaft mit ehrlicher Bewertung der Rettungswürdigkeit eines Fonds führt zu einer Bereitschaft der Sanierung des Fonds durch die Anleger. Erfolgt dieses auf breiter Basis nicht, erwarten wir mittelfristig eine sehr eingeschränkte Bereitschaft von Anlegern, in Schiffsfonds zu investieren.

Die Interessenskonflikte der Treuhänder sollten zugunsten der Anleger ausfallen, was leider oftmals nicht erfolgt bzw. erfolgen wird. Für einige Emissionshäuser und somit auch deren Treuhänder könnte die anhaltende Krise wirtschaftlich nicht zu bewältigen sein.«

Anmerkung zum Thema Treuhandgesellschaften, die bekanntlich überwiegend Tochterfirmen der Emissionshäuser sind oder zu deren Einflussbereich gehören: Treuhandfirmen waren die «Cash-Cows« der Emissionshäuser. Und sie sind heute in Zeiten der Platzierungsschwäche – trotz erheblichen höheren Arbeitsaufwands – mehr denn je eine echte Ertragsquelle. Nicht ohne Grund lassen sich Banken im Rahmen von Restrukturierungsprogrammen diese Erträge abtreten und wohl nicht zufällig ist die Eigenständigkeit z. B. hinsichtlich Gewinnverwendung inzwischen durch Abführungsverträge weiter eingeschränkt worden.

Zurück zur Umfrage: Im Klaren ist man sich auch darüber, dass die Fonds-Modelle nicht mehr bleiben werden wie bisher. Zum einen wegen der von den Banken künftig verlangten Eigenkapitalhöhe von 30–50 % (Frank Moysich, Salomon Invest); zum anderen, weil die Zeit der Sorglosigkeit nach dem Motto »Der Kapitalmarkt wird’s schon bringen« vorbei sein wird. Künftig wird es also keine Großzügigkeit mehr bei den Finanzierungszusagen und Bauzeit-Vorfinanzierungen geben. Moysichs Kollege Werner Großekämper (Maritim Equity): »Der klassische Schiffsfonds, bei dem zwischen Einkauf des Schiffes, Platzierung des Eigenkapitals und Ablieferung häufig mehrere Jahre liegen, wird kaum noch eine Rolle spielen.« Nach Auffassung seines Hauses werden deshalb Blindpoolkonzepte immer mehr an Bedeutung gewinnen – als Voraussetzung für schnelles Handeln und zügiges Aushandeln mit Banken für die Gewährung von Fremdkapital.

Immerhin: Die Einsicht, dass (auch) der Schiffsfonds- und Schiffsfinanzierungsmarkt Opfer seiner selbst geschaffenen Übertreibungen und Maßlosigkeiten geworden ist und deshalb Rückkehr zu soliden Werten und bodenständigem Handeln erforderlich ist, scheint dem Autor vorhanden. Auch wenn es nicht jeder so freimütig ausspricht wie Christian Breuel von BS Invest (Schulte-Group): »Wir beurteilen die Zukunft des Beteiligungsmarktes für Schiffsbeteiligungen gut – sofern die Spekulanten, die sich überhoben haben, vom Markt verschwinden.«

Verfasser: Jürgen Dobert, Fachjounalist


Jürgen Dobert