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Die Schiffahrtsbranche durchlebt gerade schwierige Zeiten. Der Verfall der Charterraten und der Mangel an auskömmlichen Beschäftigungsmöglichkeiten hat dazu geführt, dass zahlreiche Schiffseigentümer nicht mehr in der Lage sind, ihre Zahlungsverpflichtungen gegenüber ihrer schiffsfinanzierenden Bank zu erfüllen. Derzeit werden daher bestehende Schiffsfinanzierungsdarlehen restrukturiert. Vereinzelt sehen Banken aber auch keinen anderen Ausweg, als Schiffshypotheken, die zu ihren Gunsten auf den betreffenden Schiffen lasten, zu vollstrecken.

Die Vollstreckung von Schiffshypotheken ist ein komplexes Thema. Dieser Beitrag soll nur einen kurzen Überblick über die Vollstreckung von Schiffshypotheken[ds_preview] geben, ohne Anspruch auf Vollständigkeit zu erheben. Nachfolgend wird davon ausgegangen, dass es sich bei dem vollstreckenden Schiffshypothekengläubiger um eine Bank handelt. Die Praxis zeigt, dass Deutschland nicht zu den »klassischen« Jurisdiktionen zählt, um Schiffshypotheken zu vollstrecken. Der Beitrag beschränkt sich daher auf Vollstreckungen außerhalb Deutschlands.

Einleitende Überlegungen

Der Entschluss, einen Darlehensvertrag zu kündigen und eine Schiffshypothek zu vollstrecken, ist für Banken stets der letzte Ausweg. Nicht nur, dass eine Vollstreckung mit erheblichen Kosten verbunden ist. Auch führen die stark gesunkenen Schiffspreise dazu, dass der Erlös einer Vollstreckung oft nicht ausreicht, um sämtliche gegenüber der Bank ausstehende Darlehensverbindlichkeiten zu begleichen. Insgesamt lässt sich schon eingangs sagen, dass eine zwischen der Bank und dem Schiffseigentümer abgestimmte Vorgehensweise üblicherweise klar von Vorteil ist.

Sollte sich eine Bank aber tatsächlich dazu entscheiden, eine Schiffshypothek zu vollstrecken, gilt der Grundsatz: »Zeit ist Geld!«. Langwierige Vollstreckungsverfahren können die Vollstreckungskosten erheblich in die Höhe treiben. Entscheidend ist daher, das Schiff in einer Jurisdiktion zu verwerten, in der ein zügiges Verfahren gewährleistet ist. Bei der Auswahl der richtigen Jurisdiktion spielen zahlreiche Fragen eine Rolle. Hervorzuheben sind insbesondere folgende:

• Wie zügig kann das Schiff arrestiert und anschließend zwangsversteigert werden?

• Wie lange dauert die Verteilung des Versteigerungserlöses an die Gläubiger?

• Ist für die Zwangsversteigerung ein vollstreckbarer Titel erforderlich (etwa in Form einer Gerichtsurteils oder einer Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung durch den Schiffseigentümer) oder ist eine Zwangsversteigerung ohne Titel (pendente lite) möglich?

• Welche Schiffsgläubigerrechte (maritime liens) von Drittgläubigern sind vor der Schiffshypothek aus dem Versteigerungserlös zu befriedigen?

• Welche Kosten sind mit der Vollstreckung verbunden?

Bei der Beantwortung dieser Fragen zeigt sich, dass bestimmte Jurisdiktionen für den Hypothekengläubiger vorteilhafter sind als andere. In diesen vorteilhaften Jurisdiktionen kann das Schiff nicht nur zügig arrestiert werden, sondern auch die anschließende Zwangversteigerung und das Verteilungsverfahren werden rasch durchgeführt. Die Erfahrung hat gezeigt, dass England und andere auf dem angelsächsischen Recht basierende Jurisdiktionen (z. B. Hongkong, Singapur und Malta) vorzugswürdig sind. Hervorzuheben ist insbesondere Gibraltar, wo sich mittlerweile eine wahre »Vollstreckungsindustrie« entwickelt hat. In allen diesen Ländern sind neben der Justiz auch die sonstigen Beteiligten erfahren mit der Vollstreckung von Schiffshypotheken. Vollstreckungen in Jurisdiktionen, die auf dem kontinentaleuropäischen Rechtssystem basieren (mit Ausnahme der Niederlande), sind dagegen oftmals eher zeitaufwendig. Abzuraten ist von Vollstreckungen in Jurisdiktionen, die über keine unabhängige Justiz verfügen oder in denen die Justiz nur unzureichende Erfahrungen mit der Vollstreckung von Schiffshypotheken hat.

Kündigung des Darlehensvertrages

Vor der Verwertung des betreffenden Schiffes hat die Bank zunächst den mit dem Schiffseigentümer geschlossenen Darlehensvertrag zu kündigen. Üblicherweise kündigt die Bank den Darlehensvertrag, weil der Schiffseigentümer sich im Verzug mit der Zahlung der Darlehensraten befindet. Bei deutschen Schiffshypotheken hat die Bank darauf zu achten, dass sie neben dem Darlehensvertrag auch das abstrakte Schuldversprechen kündigt, welches durch die Schiffshypothek besichert wird.

Verbringung des Schiffes in einen genehmen Hafen

Befindet sich das Schiff nicht bereits in einer vollstreckungsfreundlichen Jurisdiktion, kann es schwierig sein, das Schiff in eine solche zu verbringen. Die Darlehensdokumentation sieht üblicherweise vor, dass die Bank bei Vorliegen eines Kündigungsrechts von dem Schiffseigentümer verlangen kann, das Schiff in einen genehmen Hafen zu überführen. Die Bank darf zu diesem Zweck als Bevollmächtigter des Schiffseigentümers dem Kapitän oder anderen Dritten gegenüber Weisungen erteilen bzw. Erklärungen abgeben. In diesem Zusammenhang kann es eine besondere Rolle spielen, ob es sich bei dem Manager des Schiffes um ein mit dem Schiffseigentümer verbundenes Unternehmen handelt oder nicht. Weiterhin ist es möglich, dass Drittgläubiger (etwa Bunkerlieferanten oder Schiffshändler) das Schiff bereits in einer für die Bank ungünstigen Jurisdiktion arrestiert haben. Aber nicht, um das Schiff tatsächlich zum Ausgleich ihrer Forderungen zwangsversteigern zu lassen. Vielmehr erfolgt diese Vorgehensweise aus taktischen Gründen. Die Drittgläubiger hoffen darauf, ihre noch offenen Forderungen von der Bank bezahlt zu bekommen, weil der Bank die durch den Drittgläubiger für die Arrestierung gewählte Jurisdiktion nicht genehm ist. Ein weiteres Problem kann es bei der Verbringung sein, wenn das Schiff noch verchartert sein sollte oder Ladung trägt. Veranlasst die Bank die Verbringung des Schiffes, ohne sich mit dem Charterer bzw. den Ladungsinteressenten abzustimmen, kann sie sich schadensersatzpflichtig machen, wenn sie in die Vertragsbeziehungen der Beteiligten eingreift (wrongful interference).

Arrest und Zwangsversteigerung

Ist es gelungen, dass Schiff in einen genehmen Hafen zu verbringen, kann es dort »in die Kette gelegt«, sprich arrestiert werden. Die Ausbringung des Arrests hängt davon ab, dass die Arrestvoraussetzungen des jeweiligen Landes vorliegen. Im Anschluss an den Arrest des Schiffes wird das Zwangsversteigerungsverfahren eingeleitet. Üblicherweise muss die Bank über ihre lokalen Anwälte folgende Unterlagen einreichen:

• Darlehensdokumentation einschließlich der Schiffshypothek (bei Zwangsvollstreckungen außerhalb Deutschlands ist eine deutschsprachige Darlehensdokumentation in der Regel in beglaubigter Übersetzung einzureichen; um keine Zeit zu verlieren, sollte die Übersetzung so früh wie möglich veranlasst werden);

• Kündigungserklärung des Darlehens;

• Auszug aus dem Schiffsregister als Nachweis, dass das Schiff mit einer Hypothek zugunsten der vollstreckenden Bank belastet ist; und

• Rechtsgutachten (legal opinion) eines im Registerstaat des Schiffes qualifizierten Anwalts, der die Wirksamkeit und Vollstreckbarkeit der Schiffshypothek bestätigt.

In Deutschland, den Niederlanden und üblicherweise anderen auf dem kontinental-europäischen Recht basierenden Jurisdiktionen bedarf es für die Zwangsversteigerung des Schiffes eines vollstreckbaren Titels gegen den Schiffseigentümer (etwa eines Gerichtsurteils oder einer Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung). Da sich bei deutschen Schiffshypotheken der Schiffseigentümer schon bei Darlehensgewährung unter die sofortige Zwangsvollstreckung in sein Schiff unterwirft, können deutsche Schiffshypotheken in solchen Jurisdiktionen nach einer Titelumschreibung vollstreckt werden. Kooperiert der Schiffseigentümer, so kann er, wenn die Bank keinen Vollstreckungstitel hat, die Zwangsvollstreckung beschleunigen, indem er sich im Rahmen des Zwangsversteigerungsverfahrens der sofortigen Zwangsvollstreckung unterwirft. Vor Problemen steht die Bank jedoch, wenn sie weder einen Titel hat, noch der Schiffseigentümer kooperiert. In solchen Fällen ist die Verwertung des Schiffes in Jurisdiktionen anzustreben, die an das angelsächsische Recht angelehnt sind. In diesen Jurisdiktionen kann eine Bank auch ohne einen vollstreckbaren Titel (pendente lite) die Zwangsversteigerung des Schiffes erwirken.

Nach Ankündigung der Zwangsversteigerung in vom Gericht bestimmten Publikationen wird das Schiff im Rahmen einer öffentlichen Versteigerung (public auction) an den Meistbietenden versteigert. Eine andere Variante ist, dass am Erwerb Interessierte verschlossene Briefumschläge (sealed bids) mit Kaufangeboten einreichen. Der Höchstbietende erhält den Zuschlag. Liegt das Höchstgebot unter dem geschätzten Schiffswert (der nicht veröffentlicht wird), wird das Verfahren entweder wiederholt oder die Bank kann beantragen, dass, vorbehaltlich der Zustimmung des Gerichts, das Schiff unter dem geschätzten Schiffswert an den Höchstbietenden versteigert wird.

In England und anderen an das angelsächsische Recht angelehnten Jurisdiktionen wie etwa Gibraltar, Hong Kong und Singapur, bei kontinentaleuropäischen Jurisdiktionen soweit ersichtlich wohl nur in den Niederlanden, gibt es auch die Möglichkeit des sog. »direct sales«. Dabei verfügt das vollstreckende Gericht den Verkauf des Schiffes an einen vorbestimmten Käufer. Voraussetzung ist, dass der Käufer ein bindendes Angebot für das Schiff einreicht und der Kaufpreis mindestens dem Marktwert des Schiffes entspricht. Der Marktwert ist dem Gericht in der Regel durch Wertgutachten nachzuweisen. Insbesondere in Zeiten eines kollabierenden An- und Verkaufsmarktes für Schiffe kann es jedoch sein, dass der Gutachter in sein Wertgutachten weit reichende Vorbehalte aufnimmt. Diese können dazu führen, dass ein Gericht die Verbindlichkeit der Schätzung bezweifelt.

Stimmt der Schiffseigentümer dem »direct sale« zu, kann etwa in Gibraltar das Schiff innerhalb von 24 Stunden im Wege des »direct sales« an den vorbestimmten Käufer veräußert werden. Kooperiert der Schiffseigentümer nicht, widerspricht er aber auch dem »direct sale« nicht, kann das Gericht in Gibraltar das Schiff an den vorbestimmten Käufer innerhalb von zwei bis drei Wochen veräußern. Zu erwähnen ist noch, dass obwohl Gerichte in Singapur in der Vergangenheit einen »direct sale« als zulässig erachtet haben, die Gerichte in jüngerer Zeit zurückhaltender geworden sind und einen »direct sale« nur noch in Ausnahmefällen erlauben.

Gebot der Bank

Üblich ist es, dass die Bank oder eine von ihr zu diesem Zweck gegründete Gesellschaft (single purpose company) selber ein Gebot – in Höhe des ausstehenden Darlehensbetrages oder darunter – bei der Zwangsversteigerung abgibt (protective bid) und das Schiff notfalls sogar selber ersteigert. So möchte die Bank verhindern, dass das Schiff (nicht zu weit) unter dem Marktwert zwangsversteigert wird. Weiterhin kann die Bank auch mit einem Dritten vereinbaren, dass dieser ein Mindestgebot bei der Versteigerung des Schiffes abgibt und die Bank sich im Gegenzug bereiterklärt, dem Dritten für den Ankauf ein Darlehen zu gewähren.

Zuschlag

Erhält ein Bieter den Zuschlag, so hat er innerhalb kurzer Zeit eine Anzahlung auf den Kaufpreis zu leisten und einige Tage später den Restbetrag des Ersteigerungspreises. Gegen vollständige Kaufpreiszahlung wird das Eigentum an dem Schiff anschließend entweder durch eine »bill of sale« oder einen gerichtlichen Zuschlagsbeschluss frei von Gewährleistungsrechten (»as is«) auf den Bieter übertragen. Die Besonderheit des Schiffserwerbs kraft Hoheitsakt – dies gilt auch für einen Erwerb aufgrund eines »direct sales« – ist, dass bestehende Schiffsgläubigerpfandrechte (maritime liens) erlöschen, diese aber im Gegenzug im Rahmen der Erlösverteilung vorrangig befriedigt werden (siehe dazu unten). Anders ist es bei einem Privatverkauf des Schiffes, bei dem durch die Eigentumsübertragung auf den neuen Eigentümer bestehende Schiffsgläubigerrechte nicht erlöschen (»A maritime lien clings like a barnacle to the hull.«).

Verteilungsverfahren

Nach der Zwangsversteigerung folgt das Verteilungsverfahren. Erfahrungen zeigen, dass sich auch das Verteilungsverfahren in bestimmten Jurisdiktionen über lange Zeit, teilweise sogar Jahre, hinziehen kann. In anderen Jurisdiktionen kann das Verteilungsverfahren hingegen innerhalb weniger Monate abgeschlossen sein. Im Rahmen des Verteilungsverfahrens melden die Gläubiger ihre Ansprüche bei Gericht auf den Versteigerungserlös an. Hier spielt es nun eine Rolle, welche Forderungen in der Vollstreckungsjurisdiktion als Forderungen angesehen werden, die durch ein Schiffsgläubigerrecht besichert sind. Versuche zu einer internationalen Vereinheitlichung von Schiffsgläubigerrechten hatten bisher wenig Erfolg. Gläubiger mit einem Schiffsgläubigerrecht sind privilegiert, da ihre Ansprüche den hypothekarisch gesicherten Ansprüchen der Bank vorgehen.

In Deutschland werden nach § 754 HGB beispielsweise folgende Schiffsgläubigerrechte anerkannt:

• Heuerforderungen der Schiffsbesatzung;

• öffentliche Schiffs-, Schifffahrts- und Hafenabgaben sowie Lotsgelder;

• Schadensersatzforderungen wegen der Tötung und Verletzung von Menschen oder wegen des Verlustes oder der Beschädigung von Sachen aus der Verwendung des Schiffes;

• Bergungs- und Hilfskosten sowie Beiträge zur großen Haverei; und

• Sozialversicherungsforderungen. In verschiedenen Jurisdiktionen kann es neben den Schiffsgläubigerrechten des deutschen Rechtes auch noch weitere privilegierte Schiffsgläubigerrechte geben, die der Schiffshypothek vorgehen. So sind in Südafrika Ansprüche wegen der Reparatur des Schiffes und Lieferungen an das Schiff, die während der letzten zwölf Monate vor Vollstreckungsbeginn entstanden sind, der hypothekarisch gesicherten Forderung vorrangig. Ähnliches gilt in den USA. Die entscheidenden Schiffsgläubigerrechte besichern aber üblicherweise die Heuerforderungen der Crew. Diese werden im Rahmen des Arrestverfahrens in der Regel von der Bank ausgezahlt; die Bank lässt sich im Gegenzug die Ansprüche der Crew abtreten.

Umregistrierung

Der Käufer des Schiffes schließt den Erwerb dadurch ab, dass er das Schiff in seinem Namen im von ihm gewählten Schiffsregister eintragen lässt. Möchte der Käufer das Schiff in einem anderen Register als in dem bisherigen Schiffsregister eintragen, muss er für die Löschung aus dem bisherigen Register und Eintragung im neuen Register Sorge tragen. Dazu sind bei dem jeweiligen Register üblicherweise die »bill of sale« mit Legalisation bzw. Apostille und Gerichtsbeschlüsse einzureichen, erforderlichenfalls mit entsprechenden ausländischen Rechtsgutachten (legal opinions). Wichtig ist es, die Löschung des Schiffes aus dem bisherigen Register, in dem der bisherige Schiffseigentümer noch als Eigentümer registriert ist, zu bewirken. Die Erfahrung zeigt, dass sich dies in einigen Jurisdiktionen als schwierig erweisen kann.

Verfasser:

RA Dr. Clemens Hillmer,

LL.M. (Cape Town) aus Hamburg

Partner der Schiffsfinanzierungskanzlei Watson, Farley & Williams LLP

www.wfw.com

Clemens Hillmer