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Die Abbaubank der HSH Nordbank ist besser als ihr Ruf.

Es war schon eine Aufsehen erregende Geschichte, als vor einigen[ds_preview] Monaten die HSH Nordbank mit der so genannten Abbaubank in die Öffentlichkeit trat und mit ihrer Informationspolitik zu diesem Thema mehr Schaden als Nutzen angerichtete. Das Thema wurde in der Presse aufgebauscht als eine Bad-Bank für die Schifffahrt und viele Reedereien aus dem Unterelbebereich, genau wie aus Hamburg, denen mitgeteilt wurde, dass ihr Kreditengagement für verschiedene Schiffe nicht mehr in der Kernbank, sondern zukünftig in der Abbaubank weiter bearbeitet würde, erachteten dies als einen extremen Makel, der als belastend von der Reederschaft empfunden wird.

Als Beirat in einer größeren Anzahl von Schiffsbeteiligungen wurde ich natürlich mehrfach mit dem Problem Abbaubank konfrontiert. Das Hauptproblem, wenn man Fragen zur zukünftigen Vorgehensweise bei den betroffenen Schiffsgesellschaften stellte, ließ sich subsummieren mit dem Begriff: »Nichts Genaues weiß man nicht!« Aus diesem Grunde habe ich angefangen Fragen zu stellen, um die Regularien der Abbaubank kritisch in Augenschein zu nehmen. Genau die Penetranz, für die Sie mich als kritischen Zeitgeist kennen, mit der ich seit einigen Jahren an dieser Stelle schreibe, hat dazu geführt, dass »im Handumdrehen« ein Gespräch mit dem Chefredakteur der HANSA, Ralf Hinrichs, und mir sowie dem Pressesprecher für den Bereich Schifffahrt, Christian Buchholz, und dem für Schiffsfinanzierungen zuständigen Bereichsleiter der Abbaubank, Benjamin Kirchhoff, stattfand. Dieses Gespräch war sehr offen, informativ und sicherlich für die Tatsachenfindung wichtig!

Scheinbar ist es nicht nur für die Beteiligten in der Schifffahrt sehr problematisch, mit der Krise und ihren Auswirkungen kommunikativ umzugehen, auch die HSH Nordbank hat hier erhebliche Defizite zu verzeichnen. Die Folge dieser schlechten Informationspolitik: totale Verunsicherung in der Reederschaft, soweit sie von der Abbaubank betroffen ist. Aus diesem Grunde möchte ich, obwohl ich ein vehementer Kritiker der Banken und ihren extrem negativen Beitrag zur Auslösung der Krise bin, in Sachen Abbaubank für die HSH eine Lanze brechen. Aber dazu muss ich wohl etwas weiter ausholen.

Am 22. Oktober 2009 hat die Europäische Kommission ein Kommissionsdokument mit dem Betreff »Staatliche Beihilfe – Deutschland HSH Nordbank« an den damaligen Außenminister Steinmeier gerichtet, in dem die staatliche Unterstützung der HSH Nordbank nach Auffassung der Kommission als eine Rettungsbeihilfe betrachtet wird. Die Kommission hatte Zweifel daran, ob diese Beihilfe gemäß Artikel 87 Absatz 3 EG-Vertrag als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar angesehen werden kann.

Deshalb hat die Kommission ein Verfahren nach Artikel 88 Absatz 2 des EG-Vertrages eröffnet, um zu prüfen, ob die Hilfsmaßnahmen rechtens sind. Sollte dies nicht der Fall sein und die Kommission kommt zu dem Ergebnis, dass der Bank eine rechtswidrige Beihilfe gewährt wurde und dass der endgültige Umstrukturierungsplan keine angemessenen Maßnahmen vorsieht, wird sie die rechtswidrige Beihilfe von der Bank zurückfordern.

Diese Aussage lässt keine Zweifel daran aufkommen, dass es der Kommission sehr ernst ist und dass der zur Beurteilung durch die Kommission zugrunde liegende Umstrukturierungsplan, den die HSH Nordbank zu diesem Zweck erstellt hat, peinlich genau überwacht werden wird. Der Umstrukturierungsplan beschreibt die Maßnahmen, die die HSH durchzuführen plant, um ihre langfristige Rentabilität wiederherzustellen. Er sieht vor, dass die HSH eine Verringerung der Bilanzsumme um insgesamt 45 bis 65 % durchführen muss, die in erster Linie durch Auslagerung von rund 40 bis 60 % aller Vermögenswerte der HSH auf eine interne Abbaubank sowie die Konzen­tration auf Kerntätigkeiten und Kernregionen erreicht werden soll. Zwischen 90 und 125 Mrd. € sollen in die zu errichtende Abbaubank ausgelagert werden. Gegenstand der auf die Abbaubank auszulagernden Vermögenswerte sind risikobehaftete und verlustträchtige Tätigkeiten bzw. nichtstrategische Tätigkeiten. Darunter fallen auch Teile der Schiffsfinanzierung, Teile der Bereiche Infrastruktur, Rail und Logistik. Die für die Auslagerung vorgesehenen Vermögenswerte sind nicht notwendigerweise wertgemindert. Die Abbaubank wird keine neuen Geschäfte tätigen.

Die beiden letzten Absätze sind das eingedampfte Ergebnis aus 18 Seiten Eurokratendeutsch. Die restriktive Schlussfolgerung der Kommission zwingt die HSH zum Portfolioabbau über alle Unternehmensbereiche. Der Bereich Schifffahrt ist dabei einer, der im Vergleich zu anderen unterdurchschnittlich vom Portfolioabbau betroffen ist. So ist lediglich rund ein Viertel aller Schiffsfinanzierungen in der Abbaubank gelandet, obwohl die HSH sich annähernd halbiert. Von diesen rund 8 Mrd. € des Schiffsportfolios, das in der Abbaubank weitergeführt wird, entfällt etwa die Hälfte auf inländische Unternehmen.

Der größte Schwachpunkt im Zusammenhang mit der Abbaubank ist sicherlich die Kommunikation seitens der HSH, die ein wenig an Marie Antoinette erinnerte, als sie auf dem Weg zum Schafott war und zu ihrer Zofe gesagt haben soll: »Wie verhalte ich mich denn jetzt? Ich mache das zum ersten Mal.«

Es ist die erklärte Absicht der HSH, alle Portfolien, Engagements und Kredite entsprechend ihrer vertraglichen Bedingungen weiterlaufen zu lassen. Damit gibt die HSH das klare Statement ab, dass sie zu ihren eingegangenen Verpflichtungen steht. Aber was bedeutet das in der Praxis für diejenigen Kunden, die zukünftig von der Abbaubank betreut werden?

In Sachen Schifffahrt sind hier in erster Linie Einschiffsgesellschaften zu nennen, die üblicherweise eine Finanzierung haben, die mit der Anschaffung des Schiffes zusammen hängt. Solche Finanzierungen werden offenbar unter dem Begriff der nichtstrategischen Tätigkeit subsummiert, was aber von der Reederschaft nicht in dem Sinne verstanden wird, wie die HSH es meint. Nach Auffassung der HSH wird mit einer Einschiffsgesellschaft nach der Finanzierung des Schiffskaufes kein weiteres Neugeschäft zustande kommen, weil der ursprüngliche Schiffskredit im Vordergrund stand. Folglich ist dieser Kreditnehmer für das zukünftige Kerngeschäft nicht mehr interessant. Die Folge ist die Ausgliederung in die Abbaubank und die weitere Betreuung dort, bis der Kredit getilgt ist.

Sicherlich wird es zukünftig in der Zusammenarbeit etwas restriktiver zugehen, weil Währungsspekulationen künftig ausgeschlossen sein werden, was aber auf der anderen Seite wiederum sinnvoll ist, weil dadurch Risiken vermieden werden. Zinsswaps werden, wenn sie nachhaltig sinnvoll erscheinen und der Gesellschaft helfen werden, kein Thema sein. Auch Ausschüttungen an die Anleger werden möglich sein, soweit dies nicht aus dem Kontokorrent geschieht und eine entsprechende Liquidität in der Gesellschaft vorhanden ist. In der Regel wird dies daran festgemacht, dass der Kapitaldienst der Gesellschaft für sechs Monate sichergestellt ist.

Viele andere Gerüchte, die draußen im Markt im Zusammenhang mit der Abbaubank umhergeistern, sind nach Aussagen der beiden Gesprächspartner völlig aus der Luft gegriffen. Die HSH will ihre Altverpflichtungen auf jeden Fall erfüllen und steht dem Kunden als Partner auch gern zur Verfügung, wenn es darum geht, andere Bankverbindungen aufzubauen. Eine klare Verneinung äußerte die HSH zu der Frage, ob Schiffskredite fällig gestellt werden, wenn der Marktwert der Schiffe die Beleihungsgrenze erreicht, denn auch dies ist eine Befürchtung, die im Markt kursiert. Hier versichert die HSH jedoch glaubhaft, dass diese Befürchtung völlig unbegründet ist, weil einer Erholung der Schiffswerte grundsätzlich eine Erholung der Schiffserträge vorangeht, was auch dazu führt, dass die Schiffsgesellschaft wieder leistungsfähiger wird. Außerdem trügen solche Maßnahmen nur zu einer erheblichen Unruhe im Markt bei und das liege nicht im Interesse der HSH.

Ein klares Bekenntnis der HSH ist die Anlehnung von Stützungskrediten und Neuengagements in Gesellschaften, die in der Abbaubank sind, weil dies ein klares K.O.-Kriterium im Zusammenhang mit dem EU-Beihilfeverfahren ist. Das Gespräch mit der HSH hat Ralf Hinrichs genauso wie mich davon überzeugt, dass der HSH die Kundenbeziehungen sehr am Herzen liegen und sie ihre Kunden auch weiter begleiten wird. Die Sachzwänge, die zur Bildung der Abbaubank geführt haben, sind leider nicht zu beschönigen, aber die Abbaubank wird nicht zu dem Enfant Terrible werden, zu dem sie derzeit hochstilisiert wird. Vielleicht sollte die HSH hier noch etwas an ihrer Informationspolitik arbeiten, damit solche Bedenken zerstreut werden können. Ich habe durch dieses Gespräch vieles besser verstanden und hoffe, dass ich Ihnen dies vermitteln konnte.

Gleichwohl bitte ich die HSH nochmals, über das Sanierungskonzept für in Not geratene Schiffe nachzudenken. Dieses Konzept hatten Clemens Vedder und ich der HSH vorgetragen, aber scheinbar ist es immer noch nicht abschließend gewürdigt worden. Dieses Konzept würde der Schifffahrt die Möglichkeit eröffnen, die Zeit zu gewinnen, die sie bis zu ihrer Erholung in den kommenden anderthalb Jahren noch benötigt und es würde die Problematik von Stützungskrediten vollkommen ausschalten. www.mira-anlagen.de