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Seeschifffahrt ist ein internationales Geschäft. Aus deutscher Sicht sind hieran häufig Personengesellschaften beteiligt. Probleme können immer dann entstehen, wenn z[ds_preview]. B. eine Personengesellschaft im Ausland tätig wird, dort ihren Sitz und ihre Geschäftsleitung hat und an ihr in Deutschland (Inland) wohnende Personen beteiligt sind. Es gibt unzählige dieser grenzüberschreitenden Sachverhalte. Aber noch nie war die steuerrechtliche Beurteilung derart umstritten. Finanzverwaltung und Rechtssprechung liefern sich hier einen erbitterten Kampf. Verschärft wurde dieser Streit noch dadurch, dass sich das Bundesfinanzministerium im April dieses Jahres für die gesamte Finanzverwaltung bindend auf 34 Seiten umfangreich äußerte. Dies hat auch Auswirkungen auf die Seeschifffahrt, was nachfolgend an einem abgeänderten Beispiel dieses Erlasses des Bundesfinanzministeriums verdeutlicht werden soll.

Thema ist die Doppelbesteuerung. Das nachfolgende Beispiel illustriert einen Sachverhalt, in dem eine in Deutschland steuerpflichtige Person in einem anderen Staat mit den gleichen Einkünften steuerpflichtig wird. Dies ist möglich, da die in Deutschland steuerpflichtige Person nach dem deutschen Steuerrecht hier mit ihrem weltweit erzielten Einkünften steuerpflichtig ist. Die Funktion der Doppelbesteuerungsabkommen besteht nunmehr darin, diese Doppelbesteuerung zu vermeiden oder zumindest zu mindern, indem sie die Besteuerungsrechte von Einkünften unter den beteiligten Staaten aufteilt. So liegt es nahe, das Besteuerungsrecht für gewerbliche Einkünfte dem Staat zuzuweisen, in dem das Unternehmen tätig ist.

Analoges Beispiel: Der im Inland (Deutschland) ansässige A ist an einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft im Staat B beteiligt. Die Gesellschaft ist im Besitz eines eigenen Schiffs, welches bareboat-verchartert wurde. Daneben erzielt sie in erheblichem Umfang Zinsen. Staat B betrachtet die Tätigkeit der Personengesellschaft als gewerblich und nimmt sowohl für die Einkünfte aus der Bareboat-Vercharterung als auch für die Zinsen das Besteuerungsrecht für sich aus Artikel 7 OECD-Musterabkommen (gewerbliche Einkünfte) in Anspruch, weil eine Betriebsstätte in Staat B unterhalten wird. Aus deutscher Sicht erzielt A Einkünfte aus beweglichem Vermögen, die Staat B nach den Bestimmungen des OECD-Musterabkommens nicht besteuern darf und die nach dem Methodenartikel der deutschen Besteuerung unterliegen. Dies gilt auch für die Zinsen, die nach Artikel 11 Absatz 1 OECD-MA nur vom Ansässigkeitsstaat des A, mithin Deutschland, besteuert werden dürfen (das DBA mit Staat B enthält keine Regelung, die ein Quellenbesteuerungsrecht in Höhe von 10 % für die Zinsen – wie in Artikel 11 Absatz 2 OECD-Musterabkommen – vorsieht). In Bezug auf die Einkünfte aus der Bareboat-Vercharterung wie auch in Bezug auf die Zinsen kommt es somit zu einer Doppelbesteuerung, weil beide Staaten nach Ansicht der Finanzverwaltung wegen der unterschiedlichen Behandlung von vermögensverwaltenden Personengesellschaften unterschiedliche Abkommensbestimmungen anwenden. Deutschland als Ansässigkeitsstaat des A hat, ggf. im Rahmen eines Verständigungsverfahrens, die Doppelbesteuerung zu vermeiden, und zwar nach der Methode, die der Methodenartikel für Unternehmensgewinne vorsieht. Dies wird regelmäßig die Freistellungsmethode sein, soweit sie nach dem anzuwendenden DBA im Einzelfall nicht ausgeschlossen ist. Anders ausgedrückt soll Deutschland die im Staat erzielten Einkünfte steuerrechtlich nicht erfassen. Dies soll aber dann nicht der Fall sein, wenn es sich wiederum um hier nicht zu erörternde unliebsame Einkünfte handelt.

Im Ergebnis nimmt also die Finanzverwaltung an, dass Deutschland bei der steuerrechtlichen Beurteilung und Einordnung der Einkünfte aus der Bareboat-Vercharterung bzw. der Zinsen an die Rechtsauffassung des Staates B gebunden ist. Die mittlerweil wohl überwiegende andere Sichtweise der Dinge geht zutreffend davon aus, dass es diese Bindungswirkung nicht gibt. Dies hätte ausdrücklich zwischen den Staaten vereinbart werden müssen. Warum sollte sich ein Staat auch hinsichtlich seiner Besteuerung von der Besteuerung und den dort geäußerten Rechtsansichten eines anderen Staates abhängig machen? Zumal diese Besteuerung und die dazu geäußerten Rechtsansichten einer dauernden Veränderung unterworfen sind.

Zusammenfassung

Natürlich äußert sich das Bundesfinanzministerium nicht zur steuerrechtlichen Fragen der Seeschifffahrt. Jedoch dürfte meines Erachtens deutlich geworden sein, dass sich durch kleine Veränderungen der vom Bundesfinanzministerium verwendeten Beispiele Tendenzen ergeben, wie seeschifffahrtsspezifische steuerrechtliche internationale Sachverhalte von der Finanzverwaltung möglicherweise beurteilt werden und welche Probleme anstehen. Natürlich ist der dargestellte Sachverhalt in seiner steuerrechtlichen Problematik verkürzt erörtert.

Klaus Voß