Print Friendly, PDF & Email

Konventionelle Stückgüter, Schwergüter, Container und Fahrzeuge, die an Deck oder im Laderaum eines Seeschiffes befördert werden, müssen aufgrund der Bestimmungen[ds_preview] in SOLAS Kapitel VI derart verladen, gestaut und gesichert werden, dass ein Schaden oder eine Gefahr für das Schiff und für die Personen an Bord sowie ein Überbordgehen der Ladung verhindert wird. Bei der Beförderung von Ladung in Beförderungseinheiten (d. h. in Containern und Fahrzeugen) kann die Schiffs-besatzung aber nur die Sicherung dieser Beförderungseinheiten auf dem Schiff beaufsichtigen und beeinflussen, nicht jedoch die Sicherung der Ladung in den einzelnen Beförderungs-einheiten. Fehlende oder unzureichende Sicherung der Ladung in Containern und Fahrzeugen kann aber die Sicherheit des Schiffes gefährden oder zu einem Schaden am Schiff führen.

Verpflichtung zur Ladungssicherung

Nach SOLAS Kapitel VI Regel 5 Absatz 2 muss jegliche Ladung innerhalb einer Beförderungseinheit so gesichert sein, dass während der Reise ein Schaden oder eine Gefahr für das Schiff oder für die Menschen an Bord verhindert wird. Verantwortlich für die Sicherheit des Schiffes und die Einhaltung der Sicherheitsvorschriften ist der Kapitän. In Kapitel 2 Nr. 2.8 des CSS-Codes wird daher folgendes ausgeführt:

»Having evaluated the risk of cargo shifting (…) the master should insure, prior to loading of any cargo, cargo transport unit or vehicle, that (…) cargo in or on cargo transport units and vehicles is, to the extend as practicable, properly stowed and secured onto the unit or vehicle.«

Aus praktischen Erwägungen ist es nicht möglich, dass die Schiffsbesatzung oder ein Vertreter des Beförderers (Schifffahrtslinie oder Reederei) jeden Container oder jedes Fahrzeug hinsichtlich der Ladungssicherung kontrolliert, zum einen wegen des hohen Personalaufwands, zum anderen auch wegen des erheblichen Aufwands, der sich für alle Beteiligten ergibt, wenn zum Öffnen der Beförderungseinheiten Siegel gebrochen und ersetzt und die neuen Siegelnummern in die Ladungsdokumentation aufgenommen werden müssen. In der Praxis müssen sich Kapitäne und Beförderer daher darauf verlassen, dass die Ladung in den Containern und Fahrzeugen von den jeweiligen Versendern oder deren Beauftragten richtig gesichert wurde. Bestehen Zweifel an der Angemessenheit der Ladungssicherung, insbesondere bei sehr schwerer, sperriger oder aus anderen Gründen schwierig zu sichernder Ladung, liegt es in der Verantwortung des Beförderers, vom Versender einen Nachweis zu fordern, dass die Ladungssicherung fachgerecht ausgeführt worden ist, beispielsweise durch das Gutachten eines Ladungsbesichtigers.

Bei Straßenfahrzeugen ohne festen Aufbau (z. B. bei Planenfahrzeugen) gestaltet sich die Ladungssicherung besonders schwierig, da hier wegen des Fehlens fester Seitenwände die zwischenraumfreie Stauung der Ladung von Wand zu Wand nicht ausreicht und die Versandstücke auf der Ladefläche durch Niederzurren oder Direktzurren gesichert werden müssen. Der CSS-Code empfiehlt deshalb, bei der Beförderung von Straßenfahrzeugen mit Seeschiffen vom Versender eine »cargo stowage and securing declararation« zu verlangen (Abb. 1). Inwieweit diese Erklärung in der Praxis tatsächlich eingefordert wird, bleibt dem jeweiligen Beförderer überlassen; eine Verpflichtung, dieses Dokument zu verlangen, gibt es nicht. Allerdings verbleibt die Verantwortung für die Beachtung von SOLAS Kapitel VI Regel 5 bei Kapitän und Schifffahrtslinie. Die Beförderung von Containern und Fahrzeugen, in denen die Ladung nicht derart gesichert wurde, dass eine Gefahr für das Schiff und die Personen an Bord ausgeschlossen ist, ist nach SOLAS unzulässig.

Beförderungseinheiten mit gefährlichen Gütern

In geschlossenen Frachtcontainern ist die Ladung in der Regel leichter zu sichern als auf Straßenfahrzeugen ohne festen Aufbau, da es hier zumeist ausreicht, die Ladung form­schlüssig von Wand zu Wand zu stauen, verbleibende Zwischenräume durch Stauholz, Luftsäcke oder ähnliche Hilfsmittel auszufüllen und die Ladungsfront gegen ein Verrutschen (z. B. durch Staugitter) zu blockieren, falls sie nicht bis unmittelbar an die Tür heranreicht (siehe Abb. 2).

Wird die Ladung nicht fachgerecht in einen Container gepackt, beispielsweise indem unzulässige Freiräume zwischen den Versandstücken verbleiben, ist mit einer Beschädigung der Ladung während der Beförderung zu rechnen, die aber dann, wenn sich im Container keine gefährlichen Güter befinden, in den meisten Fällen auf die Ladung im jeweiligen Container beschränkt bleibt, und nicht zu Schäden am Schiff, an der Ladung in anderen Containern oder gar zu einer Gefahr für das Schiff oder die Menschen an Bord führt. Den Schaden an der Ladung hat in diesem Fall der Versender zu verantworten, dem Ladungsempfänger hat er den Schaden zu ersetzen.

Anders ist die Situation jedoch, wenn sich im Container gefährliche Güter befinden. Die Verpackungen für gefährliche Güter sind für normale Beförderungsbedingungen ausgelegt. Unfallsicher sind nur Verpackungen für bestimmte hochradioaktive Stoffe und für besonders ansteckungsgefährliche Stoffe. Die normalen Gefahrgutverpackungen können durch wieder­holtes heftiges Aufprallen gegen andere Ladungsteile oder gegen die Container­­­wände derart beschädigt werden, dass Gefahrgut austritt. Dadurch werden das Schiff und die Personen an Bord gefährdet. Das gleiche gilt, wenn andere nicht gesicherte Ladungsteile auf die Gefahrgutverpackungen aufprallen.

Der IMDG-Code schreibt daher in Kapitel 7.5 vor, dass die gesamte Ladung in Beförderungseinheiten (Cargo Transport Units – CTU), die gefährliche Güter enthalten, nach den Vorgaben der CTU-Packrichtlinien gesichert werden muss. Ferner verlangt der IMDG-Code in Kapitel 5.4, dass der für das Packen einer Beförderungseinheit Verantwortliche ein Packzertifikat auszustellen und zu unterschreiben hat. Die jeweiligen nationalen Vorschriften zur Umsetzung des IMDG-Codes, in Deutschland ist dies die Gefahrgutverordnung See, nehmen daher den Packer der Beförderungseinheit für die Durchführung der Ladungs­sicherung in die Pflicht und ermöglichen auch, Verstöße gegen diese Vorschriften zu sanktionieren und der verantwortlichen Person eine Geldbuße aufzuerlegen. Die Ahndung einer unzureichenden Ladungssicherung setzt nicht voraus, dass es tatsächlich zu einem Ladungsaustritt gekommen ist. Auch wenn bei präventiven Kontrollen von Beförderungs­einheiten, die in vielen Staaten aufgrund einer Empfehlung der IMO durchgeführt werden, eine unzureichende Ladungssicherung festgestellt wird, ordnet die Behörde die Nachbesserung an und verhängt gegebenenfalls gegen die verantwortliche Person eine Geldbuße.

Überarbeitung der CTU-Packrichtlinien

Die CTU-Packrichtlinien sind 1996 gemeinsam von der IMO (International Maritime Organization), der ILO (International Labour Organization) und der UN ECE (United Nations Economic Commission for Europe) erarbeitet und 1997 veröffentlicht worden.

Die CTU-Packrichtlinien bestehen aus sieben Kapiteln. Im ersten Kapitel sind verschiedene Begriffe erklärt. Ferner werden die Belastungen und Beschleunigungen beschrieben, denen eine Beförderungseinheit bei der Beförderung mit verschiedenen Verkehrsträgern ausgesetzt sein kann. Im zweiten Kapitel wird erläutert, wie eine Beförderungseinheit vor der Beladung zu überprüfen ist. Beförderungseinheiten mit offensichtlichen Mängeln dürfen nicht beladen werden. Im dritten Kapitel wird beschrieben, wie verschiedene Ladungen sicher in eine Beförderungseinheit geladen und dort für die Beförderung gesichert werden können. Die Beschreibungen sind mit Abbildungen erläutert. Das vierte Kapitel enthält ergänzende Bestimmungen, die beim Packen gefährlicher Güter zu beachten sind, unter anderem sind dies Angaben über die erforderliche Gefahrgutdokumentation und die an der Beförderungseinheit anzubringenden Kennzeichen. Das fünfte Kapitel gibt Sicherheits­hinweise für den Empfang und die Entladung von Beförderungseinheiten. Das sechste Kapitel enthält Bestimmungen für den sicheren Umschlag von Beförderungseinheiten. Im siebten Kapitel ist geregelt, dass die für das Packen von Beförderungseinheiten eingesetzten Mitarbeiter im Rahmen ihrer Verantwortlichkeit geschult bzw. unterwiesen werden müssen.

Seit der Veröffentlichung der Richtlinien im Jahr 1997 sind die Gefahrgutvorschriften umfassend weiterentwickelt worden. Das derzeitige Kapitel 4 der Packrichtlinien entspricht daher nicht mehr dem Stand des internationalen Gefahrgutrechts. Der DSC-Unterausschuss der IMO (Subcommittee for Dangerous Goods, Solid Cargoes and Containers) hat daher dieses Kapitel überarbeitet und die Neufassung des Kapitels 4 den Gremien der ILO und UNECE zur Annahme zugeleitet. Das zuständige Gremium der UNECE hat sich nun allerdings dafür ausgesprochen, nicht nur das Kapitel 4 anzupassen, sondern die Richtlinien in ihrer Gesamtheit einer Revision zu unterziehen.

In diesem Zusammenhang ist festzustellen, dass die CTU-Packrichtlinien zwar für die verschiedenen Verkehrsträger (für den Bereich des Seeverkehrs auch für die unter­schiedlichen Seegebiete) Beschleunigungsbeiwerte zur Errechnung der zu erwartenden Beschleunigungskräfte enthalten, jedoch keine weitergehenden Berechnungsverfahren liefern, um die erforderliche Anzahl und Dimensionierung der Zurrelemente oder Blockiereinrichtungen zu ermitteln. Hier bietet unter anderem der IMO Model Course »Safe Packing of Cargo Transport Units« weitere Informationen. Der Model Course ist aber nicht Teil der Richtlinien, und die im Model Course näher ausgeführten Berechnungsverfahren sind nicht verbindlich.

Ein weiteres Problem ergibt sich daraus, dass die Anwendung der Berechnungsverfahren des IMO Model Course teilweise zu anderen Ergebnissen führt, als die Berechnungs­methoden nach der Norm EN 12195-1. Die Gründe hierfür liegen zum einen in der grundsätzlichen Frage, ob zur Errechnung der Reibungskraft die Haftreibung (static friction) oder die Gleitreibung (dynamic friction) anzusetzen ist. Der IMO Model Course setzt beim Niederzurren die Haftreibung und beim Direktzurren die Gleitreibung an, während die genannte Norm immer mit der Gleitreibung rechnet. Ferner setzt der IMO Model Course beim Niederzurren immer den Faktor 2 an, mit dem die Vorspannkraft im Zurrmittel multipliziert wird. Hier wird davon ausgegangen, dass die Vorspannkraft an beiden Enden der Niederzurrung gleichermaßen wirkt. Die Norm EN 12195-1 rechnet aber, bei Verwendung nur einer Spannvorrichtung je Zurrmittel, mit einem Faktor von 1,5, da hier davon ausgegangen wird, dass die Niederzurrung an der Seite der Spannvorrichtung stärker wirkt als an der gegenüber­liegenden Seite (siehe Abb. 3).

Die Norm EN 12195-1 ist gegenwärtig in der Überarbeitung. Die Mehrzahl der in CEN (European Committee for Standardization) vertretenen nationalen Normungsinstitute hat sich für eine geänderte Fassung der Norm ausgesprochen, die sich weitgehend den Werten des IMO Model Course annähert. Das Normungsverfahren ist aber noch nicht abgeschlossen.

Im Zusammenhang mit der Überarbeitung der Norm EN 12195-1 ist nun auch der Vorschlag des Sekretariats von UNECE an die IMO zu sehen, die CTU-Packrichtlinien einer grundsätzlichen Revision zu unterziehen. UNECE hat vorgeschlagen, eine gemeinsame Expertengruppe der IMO / ILO /UNECE einzurichten, die bis 2013 die CTU Packrichtlinien überarbeiten soll. Das Maritime Safety Committee der IMO hat auf seiner 87. Sitzung im vergangenen Mai dem DSC Unterausschuss den Auftrag erteilt, einen Vorschlag zu erstellen, wie die Arbeiten zur Revision der CTU-Packrichtlinien organisiert werden soll. DSC wird hierüber auf der 15. Sitzung im September 2010 beraten.


Uwe Kraft