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Der Wiederaufschwung im globalen Handel treibt die Umsätze der Überseespeditionen auf alte Höchstwerte. Die Gewinne hinken wegen des Margendrucks noch hinterher.

Es scheint so, als sei die Krise längst überwunden. Jedenfalls in punkto Transportleistung. Das erneute Wirtschaftswachstum und die Wiederauffüllung der[ds_preview] Läger in Industrie und Handel nach dem heftigsten Konjunktureinbruch seit den 30er Jahren ließen das See- und Luftfrachtgeschäft im ersten Halbjahr massiv ansteigen. Nach Schätzungen von AXS Alphaliner kletterte der weltweite Containerumschlag in den ersten sechs Monaten bereits um 18 %. Für das Gesamtjahr wird einem Anstieg um 11,6 % auf 545 Mio. TEU gerechnet, womit das Spitzenergebnis von 535 Mio. TEU aus dem Jahr 2008 übertroffen würde. Da ist es kein Wunder, dass die großen börsennotierten Speditionskonzerne dieses Jahr wieder mit rasant steigenden Geschäftsvolumina aufwarten. So meldet die Frachtsparte der Deutschen Post DHL (Global Forwarding) für das erste Halbjahr in der Seefrachtsparte einen Volumenanstieg von 12,6 % auf 1,37 Mio. TEU, was sogar den Höchstwert aus dem ersten Halbjahr 2008 vor Ausbruch der Krise um 3 % übertreffe. Da der Gesamtmarkt in der Seefracht im selben Zeitraum nur um 11 % gewachsen sei, habe DHL Marktanteile dazu gewonnen, wie es heißt. »Besonders erfreulich hat sich unser Geschäft im Mittleren Osten, in Afrika, in Nordasien und in Südamerika entwickelt«, schreibt der Konzern in seinem Zwischenbericht. Auch im industriellen Projektgeschäft habe man die Vorjahreswerte deutlich übertroffen.

Noch höhere Steigerungen in der Seefrachtsparte gab Kühne + Nagel bekannt, dessen TEU-Menge eigenen Angaben zufolge um 20 % zulegte und damit zur gewohnten Wachstumsdynamik vor Ausbruch der Weltwirtschaftskrise zurückgefunden habe. Auf allen Routen seien Marktanteile erobert worden, vor allem im Exportgeschäft nach Süd- und Nordamerika. Bei dem Schweizer Wettbewerber Panalpina lag der Mengenzuwachs im Seefrachtgeschäft im ersten Halbjahr sogar bei 21 %, allerdings ausgehend von einem deutlich geringeren Niveau. Für Panalpina wichtige Industrien wie die Automobil-, Hi-tech und Telekommunikationsbranchen hätten sich dieses Jahr so rasant erholt, wie sie im Vorjahr eingebrochen waren. »Ebenfalls überdurchschnittlich entwickelten sich die Industriegruppen Chemicals, Consumer and Retail sowie Fashion«, teilte das Unternehmen mit.

Getrübt wird die Bilanz der Spediteure jedoch durch die rasant steigenden Frachtraten und Zuschläge der Carrier, die die Logistiker nur mit Mühe an die Endkunden weiterreichen können. Gleichzeitig nimmt der Vertriebs- und Personalaufwand wegen der stark steigenden Mengen erheblich zu. Folge: Die Gewinnmargen pro Frachteinheit geraten unter Druck – ein typisches Phänomen im wirtschaftlichen Aufschwung, wenn Frachtraum knapper wird. So stagnierte das Betriebergebnis (EBITDA) der Seefrachtsparte bei Kühne + Nagel trotz des stark gestiegenen Umsatzes von 4,3 Mrd. CHF bei 204 Mio. CHF. Die EBITDA-Marge pro TEU verringerte sich folglich von 5,5 % auf 4,7 %.

Die Deutsche Post DHL weist keine separate Marge für das Seefrachtgeschäft aus. Der Konzern teilte aber mit, dass sich die gestiegenen Marktpreise für Transportleistungen »auch im zweiten Quartal negativ auf die Margen des Unternehmensbereichs« ausgewirkt hätten. Allerdings sei es zunehmend gelungen, die im Zuge des Nachfrageanstiegs gestiegenen Preise für die knapper werdenden Kapazitäten an die Kunden weiterzugeben. Panalpina sieht die Trendwende bei den Seefrachtmargen bereits geschafft, legt dabei aber einen anderen Maßstab zu Grunde. Statt dem Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) bricht der Konzern den noch nicht mit den Personalkosten verrechneten Rohertrag (Gross Profit) auf das einzelne TEU herunter. Die entsprechende Marge ist laut einer Analystenpräsentation erstmals seit dem 3. Quartal wieder auf über 80 Indexpunkte gestiegen, womit sie allerdings immer noch weit unter dem langfristigen Durchschnitt des 3. Quartals 2007 (100 Indexpunkte) liegt.

Was die Ertragsperspektiven in der Seefrachtspedition im weiteren Jahresverlauf angeht, klaffen die Einschätzungen der Experten auseinander. In einem Kommentar zu den Ergebnissen der US-Spedition Expeditors gehen die Marktforscher von Wolfe Trahan für das dritte Quartal von weiterem Druck aus. »Die frühen Peak Season Surcharges in Folge knapper Schiffskapazitäten und des Mangels an Containern scheinen sich zu halten, wodurch die Transportraten im Einkauf steigen«, heißt es dort. Die Analysten der Danske Bank rechnen für das 3. Quartal hingegen mit einer Abschwächung der Ratendynamik im Seeverkehr und folglich mit verbesserten Erträgen pro Container.