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Rechtliche Zulässigkeit des Einsatzes

Unter dem Eindruck des in den letzten Monaten verstärkt in das öffentliche Interesse gerückten Themas »Piraterie im Golf von Aden« wird regelmäßig auch der Einsatz privater Sicherheitsdienste an Bord von Seeschiffen diskutiert. Dabei wird die Ansicht vertreten, der Einsatz privater Sicherheitsdienste an Bord sei nur möglich, wenn das Schiffe nicht unter deutscher Flagge fahre ( Johns, Kalaschnikows und Granatwerfer, THB vom 14.06.2010, S. 2.). Für Schiffe unter deutscher Flagge sei vielmehr der Einsatz von Bundeswehr oder Bundespolizei notwendig.

Diese Auffassung ist auf der Grundlage deutschen Rechts nicht nachvollziehbar. Zwar verfügt grundsätzlich der Staat über das sogenannte Gewaltmonopol, das[ds_preview] besagt, dass es allein staatlichen Stellen obliegt, zur Aufrechterhaltung und Wiederherstellung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung Gewalt einzusetzen (Isensee, in: Isensee/Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, Band V, § 115, Rn. 109.). Daraus folgt allerdings kein allgemeines Sicherheitsmonopol des Staates. Dies ist nicht nur aus der faktischen Existenz des privaten Bewachungsgewerbes bis hin zur staatlichen Beleihung privater Sicherheitsdienste im Anwendungsbereich des Luftsicherheitsgesetzes erkennbar, sondern wird insbesondere auch aus der Übertragung von Sicherheitsaufgaben auf Privatunternehmen beispielsweise auf der Grundlage des NRW-Hafensicherheitsgesetzes deutlich.

Gewerberechtliche Voraussetzungen

Die deutsche Gewerbeordnung kennt die Erbringung von Sicherheitsdienstleistungen zum gewerbsmäßigen Schutz von fremdem Leben und Eigentum unter dem Begriff Bewachung. Bewachung im Sinne der Gewerbeordnung setzt dabei eine sogenannte aktive Obhutstätigkeit voraus (Höfling, in: Friauf, Kommentar zur Gewerbeordnung, Stand Juli 2009, § 34a, Rn. 24.). Das heißt unter Bewachung sind diejenigen Tätigkeiten zu verstehen, die ein zielgerichtetes Handeln, ein bewusstes Beaufsichtigen oder gezieltes Beobachten bei zumindest wiederkehrenden Kontrollen zum Gegenstand haben (Höfling, in: Friauf, ebd. m.w.N.). Dabei ist festzuhalten, dass die Erbringung von Sicherheitsdienstleistungen auf der Grundlage des § 34 a GewO erlaubnispflichtig ist. Die Erlaubnis zur Ausübung eines Bewachungsgewerbes ist nur dann zu erteilen, wenn der Antragsteller seine persönliche Zuverlässigkeit, die nötigen finanziellen Mittel zur Gewerbeausübung einschließlich einer Haftpflichtversicherung und seine Sachkunde nachgewiesen hat. Entgegen der unter vielen Sicherheitsdienstleistern weit verbreiteten Ansicht folgt diese Sachkunde nicht zwangsläufig aus einer mehrjährigen militärischen Einsatzerfahrung, sondern ergibt sich aus einem enumerativen Katalog von berufsqualifizierenden Abschlüssen, Unterrichtungsverfahren oder Sachkundeprüfung.

Auch in den häufigen Fällen, in denen der eingesetzte Sicherheitsdienstleister nicht über eine deutsche Niederlassung verfügt, unterliegt dessen Tätigkeit auf einem Schiff unter deutscher Flagge den Bestimmungen der deutschen Gewerbeordnung. Soweit dieser in einem Mitgliedsstaat der Europäischen Union ansässig ist, kann er grundsätzlich von seiner Dienstleistungsfreiheit Gebrauch machen, ist jedoch trotzdem gemäß § 5 f BewachV zur Anzeige an die zuständige Behörde verpflichtet. Diese wird sodann überprüfen, ob zwischen den Qualifikationen des Anzeigenden, also des europäischen Sicherheitsdienstleisters, und den Anforderungen der deutschen Gewerbeordnung ein wesentlicher Unterschied besteht. Regelmäßig wird dies insbesondere im Bereich der rechtlichen Befugnisse und der waffenrechtlichen Bestimmungen der Fall sein, sodass auf der Grundlage des § 5 e Abs. 2, 3 BewachV eine ergänzende Unterrichtung oder spezifische Sachkundeprüfung der Regelfall sein dürften.

Ziel dieser relativ hohen Anforderungen an die fachliche Qualifikation und wirtschaftliche Absicherung der Bewachungsunternehmen ist der Schutz der Auftraggeber vor unseriösen Sicherheitsunternehmen, die in Unkenntnis der rechtlichen Rahmenbedingungen und ohne die nötigen finanziellen Ressourcen in der Lage sind, erhebliche Schäden zu verursachen, für die letztendlich der Auftraggeber aufkommen müsste.

Befugnisse der Sicherheitsdienste

Die Befugnisse der privaten Sicherheitsdienste ergeben sich auch auf der Grundlage des § 34 a Abs. 5 GewO ausschließlich aus den sogenannten Jedermannsrechten. Diese umfassen die straf- und zivilrechtlichen Rechtfertigungsgründe der Notwehr und des Notstandes in seinen verschiedenen Ausprägungen, die Selbsthilfe des Besitzers bzw. des Besitzdieners und gegebenenfalls weitere vom Auftraggeber übertragene Rechte. Daneben bestünde grundsätzlich auch die Möglichkeit der Übertragung hoheitlicher Befugnisse im Wege der Beleihung der Sicherheitsmitarbeiter, wobei eine solche soweit ersichtlich gegenwärtig nicht in Betracht kommt.

Hinsichtlich der strafrechtlichen Rechtfertigung ergibt sich die Anwendbarkeit des deutschen Strafrechts aus § 4 StGB. Danach gilt das deutsche Strafrecht unabhängig vom Recht des Tatortes für alle die Taten, die auf einem Schiff begangen werden, das berechtigt ist, die Bundesflagge zu führen. Dies umfasst demzufolge alle die Gewaltanwendungen, die seitens des eingesetzten privaten Sicherheitsdienstes gegenüber tatsächlichen und potenziellen Angreifern wie Piraten erfolgen (vgl. Satzger, in: Satzger: StGB, 1. Auflage, § 4, Rn. 1.). In der Konsequenz beurteilt sich also auch die Frage der Rechtmäßigkeit der Gewaltanwendung nach deutschem Recht auf der Grundlage der Rechtfertigungsgründe des Strafgesetzbuches.

In zivilrechtlicher Hinsicht ergibt sich die Zuordnung zur deutschen Rechtsordnung aus der Flaggenführung (Herber, Seehandelsrecht: systematische Darstellung, S. 89f.). Die Beurteilung einer Haftung für die Gewaltanwendung sowie deren Rechtfertigung auf der Grundlage zivilrechtlicher Rechtfertigungsgründe erfolgt ebenfalls auf der Grundlage deutschen Rechts, in diesem Fall auf der Grundlage des bürgerlichen Gesetzbuches.

Waffenrechtliche Besonderheiten

Eine Berechtigung zum Besitz von Waffen ergibt sich nicht zwangsläufig aus der gewerberechtlichen Erlaubnis zur Erbringung von Sicherheitsdienstleistungen. Jedoch ist das waffenrechtliche Genehmigungsverfahren für Bewachungsunternehmen im Sinne des § 34 a GewO dahingehend erleichtert, als der Nachweis des Bedürfnisses für eine Schusswaffe nach § 28 WaffG auf eine Glaubhaftmachung von Bewachungsaufträgen unter Einsatz von Schusswaffen verkürzt ist.

Eine waffenrechtliche Erlaubnis wird darüber hinaus regelmäßig nur in Form einer Waffenbesitzkarte erforderlich sein. Eine darüber hinausgehende Erlaubnis zum Führen einer Schusswaffe in Form eines Waffenscheines wird regelmäßig deshalb nicht erforderlich sein, weil unter Führen einer Schusswaffe die Ausübung der tatsächlichen Gewalt über diese außerhalb der Wohnung, der Geschäftsräume oder des befriedeten Besitztums des Berechtigten zu verstehen ist (BGH, NStZ-RR 1999, S. 7.). Die Ausübung der tatsächlichen Gewalt an Bord eines Schiffes mit Zustimmung des Kapitäns stellt in der Folge jedenfalls einen Fall von befriedetem Besitztum dar und ist somit nicht als Führen im Sinne des Waffenrechts zu qualifizieren.

Die darüber hinaus häufig unter Sicherheitsdienstleistern geführte Diskussion, dass keine waffenrechtliche Erlaubnis für die Ausübung der tatsächlichen Gewalt über Schusswaffen an Bord von Schiffen erforderlich wäre, verkennt jedenfalls die Tatsache, dass diese Waffen an und von Bord des Schiffes gebracht werden müssen und zumindest in diesen Fällen eine Waffenbesitzkarte als waffenrechtliche Erlaubnis des Flaggenstaates das originäre Mittel zum Nachweis des legitimen Waffenbesitzes darstellt.

Die Annahme, dass das Verbringen der Schusswaffen in zerlegtem Zustand die Waffeneigenschaft entfallen lassen würde und folglich keine waffenrechtliche Erlaubnis mehr erforderlich wäre, ist ebenso falsch. Die wesentlichen Teile einer Schusswaffe stehen in ihrer rechtlichen Beurteilung einer Schusswaffe gleich (BayObLGSt, 1997, S. 59.). Dies ist jedenfalls dann anzunehmen, wenn die Waffe ohne weiteres wieder in einen funktionstüchtigen Zustand versetzt werden kann (BayObLGSt, ebd.), was in diesen Fällen anzunehmen ist.

Fazit

Zusammenfassend ist damit festzustellen, dass keine rechtlichen Gründe dem Einsatz privater Sicherheitsdienste an Bord von deutschen Seeschiffen entgegenstehen. Bei der Erbringung von Sicherheitsdienstleistungen handelt es sich um eine erlaubnispflichtige Bewachungstätigkeit im Sinne der Gewerbeordnung, unabhängig von der Frage, ob diese Dienstleistung durch ein deutsches oder ausländisches Unternehmen erbracht wird. Die Befugnisse der Sicherheitsmitarbeiter ergeben sich aus den sogenannten Jedermannsrechten. Für den Besitz von Schusswaffen durch die Mitarbeiter des privaten Sicherheitsdienstes ist eine waffenrechtliche Erlaubnis regelmäßig in Form einer Waffenbesitzkarte erforderlich.

Verfasser:

Ingo Klaus Wamser,

Rechtsanwalt und Fachanwalt für

Strafrecht, Passau,

ingo.wamser@wamser.org

Ingo Klaus Wamser