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Finanzexperten mahnen Neuordnung der Branche an

In Folge der Finanz- und Wirtschaftskrise rückt nach Einschätzung von Experten eine Konsolidierung unter kleineren deutschen Reedereien immer näher. Um[ds_preview] weiterhin Zugang zu Fremdkapital zu erhalten, müssten sich Firmen, die nur wenige Schiffe kontrollieren, verstärkt zusammentun. »Hier wird sich eine kritische Größe herausbilden, die für die Banken die Grenze bildet«, sagte der frühere Vorstand der Deutschen Schiffsbank, Dr. Henning Winter, auf dem Schifffahrts-Symposium des Emissionshauses Hansa Treuhand in Hamburg. Größere, diversifizierte Reedereien, die als »etablierte Teilnehmer des internationalen maritimen Netzwerks mit einem guten Track Record« gelten, würden von den Banken als deutlich risikoärmer eingestuft, erklärte Winter. Größe und internationale Vernetzung seien entscheidende Vorteile bei der Beschäftigungssicherung für die Schiffe. Folglich müssten die Institute entsprechende Darlehen mit verhältnismäßig weniger Eigenkapital unterlegen, als dies bei Krediten an kleinere Reedereien oder Einschiffsgesellschaften der Fall sei. Dadurch hätten sie auch mehr Luft für Neugeschäft.

Mit einer deutlichen Konsolidierung rechnet Winter spätestens um 2012/13, »wenn die Neubauinvestitionen im Containermarkt wieder zunehmen.« Um ihren Marktanteil zu halten, seien die kleineren deutschen Reeder gezwungen, bei der Flottenerneuerung mitzuziehen. Die dann zu erwartenden Schwierigkeiten bei der Kredit- und Eigenkapitalbeschaffung könnten den Ball ins Rollen bringen. »Man muss über Konsolidierungsschritte nachdenken, die man bislang nicht vornehmen wollte«, pflichtete Ralf Bedranowsky, Leiter der Schiffsfinanzierung bei der Deutschen Bank (Deutsche Shipping), bei. Reedereien mit einer geringen Anzahl von Schiffen könnten sich aber weiter behaupten, wenn sie »Transparenz und überzeugende Konzepte« vorweisen, stellte er klar. Zentral dabei sei das Befrachtungs-Know-how. Eher schlecht stünden die Karten für Reeder, die keinen eigenen Zugang zur Ladung haben. »Gefährdet sind die reinen Tonnage-Anbieter«, erklärte Bedranowsky.

Die Angst vor einer Kreditklemme für kleinere deutsche Reeder wurde durch die Restrukturierung der HSH Nordbank mit angefacht. Das einst weltgrößte Institut für Schiffsfinanzierungen hat Schiffsdarlehen im Volumen von 8 Mrd. € in ihrer Abbaubank gebündelt, was gerade bei kleineren Reedereien im Alten Land und an der Ems auf Unverständnis stieß. Mit den betroffenen Unternehmen soll in Zukunft kein Neugeschäft mehr getätigt werden. Allerdings weist die HSH den Vorwurf zurück, dass kleinere Reedereien davon überproportional betroffen seien. Die in der Abbaubank gebündelten Kunden spiegelten die Struktur des Gesamtportefeuilles wider, sagte Vorstandsmitglied Torsten Temp bei einem Pressegespräch Ende August.

Generell müssten die Schiffseigentumsstrukturen in Deutschland überdacht werden, empfahl Dr. Uwe-Carsten Wiebers, Leiter der Schiffsfinanzierung bei der KfW IPEX-Bank, auf der ISL Maritime Conference Ende September in Bremen. Für die als Kapitalanlage konzipierten KG-Einschiffsgesellschaften, die im Zuge der Finanz- und Wirtschaftskrise in die Klemme geraten sind, böten sich ebenfalls Zusammenschlüsse an. Durch Bündelung in größeren Gesellschaften (»Corporates«) könnten Verluste untereinander ausgeglichen werden. »Sie haben dann einen Diversifikationseffekt«, sagte Wiebers. Aufgrund der geringeren Risiken würden Finanzierungen für solche zusammengefassten Flotten aus Bankensicht attraktiver. Das Konzept ließe sich im Rahmen bestehender Reedereistrukturen umsetzen, indem man nur die Fondsschiffe bündelt, die von derselben Reederei technisch und kommerziell betreut werden. »So könnten Sie aus einer kleinen mittelständischen Reederei aus dem Stand heraus einen Corporate schaffen mit einer soliden Bilanz«, sagte Wiebers. Die an den Schiffen beteiligten Privatanleger (Kommanditisten) würden im Gegenzug Anteile an der Dachgesellschaft erhalten. Allerdings hätten die Emissionshäuser, die für die Konzipierung und Betreuung der Schiffsfonds verantwortlich sind, das Konzept der KfW IPEX abgelehnt, weil sie Interessensgegensätze unter den Investoren befürchteten. Um international wettbewerbsfähig zu bleiben, müssten die Reedereien und ihre Kapitalsammelstellen aber umdenken und übergreifende Modelle entwickeln. »Die Liste der non-performing Loans (Kredite mit Leistungsstörung) wird von den deutschen KG-Fonds angeführt«, wies Wiebers auf die Schwächen des deutschen Modells hin, und fügte hinzu: »Wir sehen dies heute eher als Krise des deutschen Standorts als eine Krise der gesamten Schifffahrt.«