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Nach dem Einbruch infolge der globalen Wirtschaftskrise erholt sich der Containerverkehr so rasant, dass Experten vor erneuten Abfertigungsengpässen in Asien[ds_preview] warnen. Die Londoner Beratungsfirma Drewry Shipping Consultants rechnet in ihrem jüngsten Jahresbericht zum globalen Umschlaggeschäft (Annual Review of Global Container Terminal Operators) damit, dass die Hafeninfrastruktur in einigen Regionen um 2015 wieder überlastet sein werde. Vor allem in Ostasien und dem Mittleren Osten drohten chaotische Zustände, wenn die Häfen beim Terminalausbau nicht eine Schippe obendrauf legen.

Laut der Drewry-Prognose könnte die Kapazitätsauslastung der Umschlagplätze in diesen Regionen in den nächsten fünf Jahren auf bedrohliche 95 % zulegen. Der Umfang der offiziell bestätigten Terminalausbaupläne sei generell unzureichend, heißt es. Allerdings seien die Experten für ihre Vorhersage in stärkerem Maße als früher auf Mutmaßungen angewiesen, da die großen Terminalbetreiber sich mit konkreten Aussagen zu dem Status einzelner Projekte zurückhalten würden. Viele Vorhaben seien vorerst auf Eis gelegt worden; »dabei stellt sich die Frage, ob die Kapazitätspläne schnell genug reaktiviert werden können«, warnte Drewry-Berater Neil Davidson. Hindernisse drohten zum Beispiel bei der Finanzierung der Projekte, da Investoren und Kreditgeber infolge der Finanzkrise auch bei neuen Hafenprojekten vorsichtiger geworden sind. Allerdings deuteten einige größere Terminalverkäufe in den vergangenen Wochen darauf hin, dass sich wieder Interesse an privaten Hafen-Investments regt. So konnte die spanische Baugesellschaft Dragados Anfang August ihr Terminalgeschäft, zu dem bedeutende Umschlaganlagen in Valencia und Bilbao gehören, für 720 Mio. € an industrielle Investoren veräußern. Kurz zuvor hatte die russische Reederei Fesco nach eigenen Angaben ihre 50-Prozent-Beteiligung an der National Container Company, die Umschlaganlagen in der Ostsee und im schwarzen Meer betreibt, für 900 Mio. Euro an nicht genannte Investoren verkauft.

Drewry geht bis 2015 von einem weltweiten Anstieg des Containerumschlags um 245 Mio. TEU oder knapp 50 % auf 718 Mio. teu aus. Hingegen dürfte die weltweite Umschlagkapazität im selben Zeitraum nur um rund 20 % bzw. 143 Mio. teu zunehmen. Demzufolge würde die Auslastung der Containerterminals im weltweiten Durchschnitt auf gut 80 % steigen. Auch der Londoner Schiffsmakler Clarksons geht davon aus, dass der erneute Aufschwung im Containerverkehr über dieses Jahr hinaus tragen wird. Die Wachstumsprognose für 2010 und 2011 ist auf +11 % angehoben worden, wobei sich die Experten auf Vollcontainertransporte und nicht auf den Hafenumschlag inklusive Umladung und Leercontainer beziehen.

Lage in Nordwesteuropa entspannt

Für die Häfen in Nordwesteuropa, die im Krisenjahr 2009 überproportionale Umschlageinbußen verzeichneten, sind die Aussichten allerdings gedämpfter. Nach einem Rückgang von durchschnittlich 15 % bei der Containerabfertigung im Vorjahr, müssen die Hafenplätze weiterhin um eine vernünftige Auslastung ihrer Anlagen bangen. Einige Terminals in Deutschland und auch Großbritannien versuchen sich mit dem Umschlag von Windkraftanlagen vorübergehend ein zweites Standbein aufzubauen. Eine kürzlich veröffentlichte Studie der niederländischen Beratungsfirma Dynamar sagt den Nordrange-Häfen zwischen Le Havre und Hamburg nur leichte Verbesserung der Auslastung auf 61 % bis 2020 voraus. Allerdings basiert die Rechnung auf einem deutlich geringeren Verkehrswachstum von nur 5,5 % pro Jahr, während Drewry von durchschnittlich 7,2 % ausgeht.

Den großen Terminalbetreibern bescheinigt Drewry rasche Erfolge bei der Krisenbewältigung. Obwohl es der erste Markteinbruch überhaupt für die erfolgsverwöhnte Branche war, hätten die Firmen das Ruder schnell herumgerissen, sich von Kapazitätsausbau auf Kostensenkung umorientiert. So sei es ihnen gelungen, die operativen Gewinnmargen auch 2009 weitgehend stabil zu halten. »Die globalen Terminalbetreiber haben die Krise ganz ohne Zweifel gut gemeistert«, konstatiert Davidson. Vergleichsweise stabil ist auch das Marktgefüge: Wie in den Vorjahren wird die Rangliste der größten Terminalkonzerne von PSA (Singapur) und Hutchison Ports Holding (Hongkong) angeführt. Auf den dritten Platz hat sich inzwischen Dubai Ports World vorgeschoben, während die Maersk-Tochtergesellschaft APM Terminals auf den vierten Platz zurückfiel. Der deutsche Betreiber Eurogate verliert laut Drewry seit einigen Jahren Marktanteile im globalen Vergleich und kommt nur noch auf Platz 9.