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Die letzten Monate des Jahres sind für Charterschiffseigner in der Regel schwierig. 2010 stellt da keine Ausnahme dar. Seit Anfang Oktober fallen die Tagesraten der Containerschiffe wieder ab.

Es war nur eine kurze Phase der Orientierungslosigkeit. Als die Befrachtungsaktivität Anfang Oktober angesichts der Feiertags­woche in China zurückging[ds_preview], rätselten einige noch, welchen Kurs der Markt wohl in den kommenden Wochen einschlagen werde, wenn alle Akteure wieder voll bei der Sache sind. Inzwischen ist klar, dass die Nachfrage nach Containerschiffen nicht mehr ausreicht, um die erzielbaren Tagesraten auf stabilem Niveau zu halten. Die meisten Indices für den Zeitchartermarkt rutschen jetzt von Woche zu Woche tiefer, allerdings nicht ruckartig sondern eher langsam und stetig, weshalb die Mehrheit der Reeder die Entwicklung vergleichsweise gelassen zu nehmen scheint. Immerhin hatten sich die Raten seit Jahresanfang in vielen Segmenten viel schneller erholt, als es Experten vorausgesagt hatten. Im Ergebnis würden viele Einschiffsgesellschaften ihre Liquiditätsplanungen für dieses Jahr bereits übertreffen, wie es heißt. Der ConTex der Vereinigung Hamburger Schiffsmakler und Schiffsagenten, der die Marktentwicklung in sechs Größenklassen von 1.100 bis 4.250 TEU verfolgt, ging in den vergangenen vier Wochen um rund 5 % zurück. Bei diesem Tempo könnte sich das Ratenniveau durchaus wie von einigen Schiffsmaklern prophezeit bis Jahresende um 15 % verringern. Die Verfügbarkeit von Tonnage befindet sich in den meisten Segmenten und Regionen im Anstieg, weil die Carrier ihre Dienstkapazitäten nach der Hochsaison im globalen Containerverkehr (Juli-Oktober) wieder drosseln. Maersk reduziert sein Stellplatzangebot im Asien-Europa-Verkehr ab November nach eigenen Angaben um rund 10%. Dazu wird der AE-9-Dienst, der mit neun Schiffen bis 7.250 TEU vor allem die südostasiatischen Häfen abdeckt, vorübergehend stillgelegt. Weitere Einschnitte seien unmittelbar nach Chinesisch Neujahr zu erwarten, teilte der Branchenprimus seinen Kunden mit. Auch die Grand Alliance um Hapag-Lloyd schaltet einen Gang zurück und stellt einen von vier Asien-Europa-Diensten vorübergehend von wöchentlichen auf vierzehntägige Abfahrten um. Von den übrigen Allianzen und Großreedern werden in den nächsten Wochen ähnliche Einschnitte erwartet.

Aufliegertonnage nimmt etwas zu

Allein die spot-liegenden oder deaktivierten Schiffe nahmen laut Alphaliner im Oktober in Behälterkapazität gemessen binnen zwei Wochen von 243.000 auf 289.000 TEU zu. Wobei prompte Tonnage, die sich kurz vor der Rücklieferung befindet und längst aktiv vermarktet wird, gar nicht mitgerechnet wird. Inzwischen haben die ersten Linien wieder Großcontainerschiffe von über 7.000 TEU aus dem Verkehr gezogen, weil nach dem Ende der Hochsaison die nötige Ladung fehlt. Andere nutzen die überflüssige Tonnage, um bestehende Dienste zu verstärken, wobei die Durchschnittsgeschwindigkeiten und damit auch der Bunkerverbrauch weiter abgesenkt werden. Wieder andere bieten ihre Schiffe als Relets zur Weitervermietung am Markt an, was den Wettbewerb noch einmal gehörig anheizt und die Raten unter Druck setzt. So soll die malaysische Linie MISC einen Panamax-Frachter der chinesischen Reederei Cosco zu nur 18.500 US$ pro Tag für sechs Monate geschlossen haben. »Noch vor zwei Monaten hätte ein ähnliches Schiff mindestens 23.000 US$ erzielt«, sagte ein Makler, der noch mehrere Panamaxe beobachtet, denen kurz vor Beendigung ihrer jetzigen Charter die Anschlussbeschäftigung fehlt. »Einige Linien suchen krampfhaft nach Interessenten für größere Schiffe, die sie selbst dieses Jahr im steigenden Markt eingechartert hatten«, berichtet ein anderer Makler. Andererseits warten mögliche Interessenten bei dem aktuellen Trend erst einmal ab, wieweit die Raten noch fallen, bis sie in ernsthafte Verhandlungen treten. Reguläre Charteraktivität ist in den Panamax- und Postpanamax-Klassen, die die Markterholung dieses Jahr anführten, jedenfalls aktuell kaum auszumachen. Einige halten eine Korrektur gerade bei den großen Typen für unvermeidlich, weil der Abstand zu den Raten der kleineren Einheiten immer noch deutlich überproportional sei. »Die Slot-Kosten der verschiedenen Größenklassen kommen nun wieder in ein vernünftigeres Verhältnis«, sagt ein britischer Makler.

Ein scharfer Gegenwind bläst den Reedern auch in den Größenklassen von 1.700 bis 2.500 TEU entgegen. »Es gibt kaum noch Möglichkeiten für solche Schiffe, es sei denn zu deutlich verringerten Tagessätzen«, heißt es aus dem Markt. Mehrere Einheiten, die zum Teil bereits auflagen und als »angezählt« galten, fanden nach Maklerangaben nur zu deutlich unter 8.000 US$ pro Tag einen Abnehmer, wohingegen der ConTex das Durchschnittsniveau bei den 1700-TEU-Typen mit Ladegeschirr bei über 8.400 US$ pro Tag verortet. Da die Reeder fest an einen saisonalen Aufschwung im Frühjahr glauben, bemühen sie sich, die Perioden in solchen Fällen auf sechs Monate zu beschränken. Einige Charterer bleiben aber standhaft und setzen bereits Perioden von zehn Monaten durch, womit sie sich das derzeit günstigere Ratenniveau bis in die nächste Hochsaison hinein sichern. Diese mittleren Schiffsgrößen leiden derzeit besonders unter der Nachfrageflaute in Asien, wo abgesehen von Optionen kaum neue Bedarfe im Markt zirkuliert werden.

Stabile Raten für Feederschiffe

Einige Teilsegmente widersetzen sich jedoch beharrlich dem schwächeren Trend und verzeichnen weiterhin steigende Raten. Das gilt einerseits für Schiffe mit herausstechenden Merkmalen wie einer hohen Eisklasse, die zur Winterzeit für den Ostseeverkehr gebraucht wird, oder einer überdurchschnittlichen Anzahl von Kühlcontaineranschlüssen. Hohe Reeferkapazitäten sind gerade im Vorfeld der traditionellen Hochsaison im Fruchthandel ab Februar stark gefragt. Außerdem wird in bestimmten Regionen wie der Karibik, wo das Tonnageangebot besonders dünn ist, ein erheblicher Aufschlag auf die Durchschnittsrate gezahlt. Der CV-1100-Typ Frisia Inn (1.118 TEU, Ladegeschirr) soll zum Beispiel eine Rate von 7.850 US$ pro Tag bei Tropical Shipping erzielt haben, was ganz nah an das Niveau der größeren 1.700-TEU-Typen in Asien herankommt. Auch die für den China-Japan-Verkehr besonders geeigneten Dae-Sun-Typen (1.040 TEU) konnten sehr feste Abschlüsse um 8.400 US$ unter Dach und Fach bringen. Insgesamt präsentieren sich Feederschiffe mit Behälterkapazitäten von 1.000 bis 1.300 TEU aktuell sehr fest im Vergleich zu den größeren Schwestern. Vielleicht ist das nur der Auftakt einer spektakulären Aufholjagd. Dafür sprächen jedenfalls die Entwicklungen auf der Angebotsseite. Denn im Gegensatz zu den Großcontainerschiffen, deren Flotte jedes Jahr zweistellig wächst, weist die Flotte der Feederschiffe in der Größenklasse 900 bis 1.300 TEU dieses Jahr einen kleinen Rückgang auf. 2011 dürfte die verfügbare Kapazität nach Maklerschätzungen nur um zwei bis drei Prozent zunehmen – das könnte für den einen oder anderen Feeder- oder Shortsea-Carrier eng werden.
mph