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Da der Bedarf der Carrier nach der Hochsaison weitgehend gesättigt ist, rutschen die Charterraten am Spotmarkt weiter ab. Für Hoffnung bei den Tramp-Reedern sorgen Anfragen nach großen Charterschiffen für 2011. Allerdings könnte die Euro-Krise viele Kalkulationen über den Haufen werfen.

Laut dem ConTex sind die erzielbaren Tagesraten seit Ende Oktober im Durchschnitt noch einmal moderat um 3 % gesunken, jedoch mit[ds_preview] deutlichen Abweichun­gen in den einzelnen Größenklassen. Besonders gebeutelt waren zuletzt Einheiten mit Kapazitäten zwischen 2.000 und 3.000 teu, nachdem die Konkurrenz um Beschäftigung angesichts zahlreicher Rücklieferungen von Schiffen deutlich zugenommen hatte. Ein halbes Dutzend 2500-teu-

Frachter mit Ladegeschirr kämen in den nächsten zwei Wochen auf den Markt zurück, berichtete ein Hamburger Makler kurz vor Redaktionsschluss der Hansa. Zu einer anderen Jahreszeit wäre das wohl kein Problem, doch angesichts rückläufiger Auslastungsquoten nach Abschluss des Weihnachtsgeschäfts nehmen die Linienreeder ihre Kapazitäten einstweilen zurück. »Auch für Dezember rechnen wir kaum mit mehr prompten Anfragen«, sagte ein britischer Makler. Bei den dürftigen Aussichten hätten die Reeder ihre Ratenvorstellungen rasch nach unten korrigiert, um bei den wenigen aktiven Befrachtern im 2.500-teu-Segment einen Fuß in die Tür zu bekommen. De facto sind die Marktraten in den vergangenen zwei Monaten um über ein Viertel gesunken, so dass die Schiffe aktuell noch mit 9.000 bis 9.500 US$ pro Tag auf Basis von Sechs- bis Zwölfmonatsperioden bewertet werden. Die Durchschnittsrate laut ConTex, die sich auf eine Zweijahresperiode bezieht, liegt deutlich höher bei rund 12.200 US$. Nur kommen im aktuellen Umfeld solche längerfristigen Abschlüsse bis auf wenige Ausnahmen gar nicht zustande. Die Reeder selbst ziehen aktuell kurzfristige Perioden vor, damit sie flexibel genug sind, um von etwaigen Ratensteigerungen im neuen Jahr zu profitieren. Sie wollen die Sauregurkenzeit bis nach Chinesisch Neujahr überbrücken, um dann bei der erhofften Nachfragebelebung im Frühjahr noch festere Abschlüsse tätigen zu können.

Panamax-Typen:

kaum Spot-Nachfrage nach

Aktuell sind auch die größeren Chartermarktschiffe von 3.000–4.400 teu im Abwärtsstrudel gefangen. »Mehrere Schiffe sind derzeit spot verfügbar in Asien, aber es finden sich keine Interessenten«, berichtet ein Makler. Wie schnell die Raten rutschen, wenn ein Frachter erst mal angezählt ist, zeigt der Abschluss der »Stadt Koeln« (3.388 teu) bei Emirates Shipping zu 12.800 US$ pro Tag für neun Monate. Noch vor kurzem hatte der belgische Eigner Delphis für ein 3.100-teu-Schiff mit Anlieferung kommenden April 16.750 US$ pro Tag für zwei Jahre vereinbart. Auch der Abschluss der »HS Beethoven« (4.367 teu) zu 18.750 US$ pro Tag für neun bis elf Monate durch Hapag-Lloyd bedeutet eine weitere Abschwächung gegenüber »last done«.

Deutlich aktiver und zum Teil fester ist der Markt in den Feederschiffssegmenten unter 2.000 teu und oberhalb von 5.500 teu. In den mittleren Größen von 1.300– 1.800 teu herrscht offenbar ganz ordentliche Aktivität, obwohl die Raten bis auf wenige Spezialfälle (zum Beispiel in den Reefer-Trades) immer noch leicht sinken. Stabil und je nach Region fester tendieren die Tagesraten der Handy-Typen von 1.000 bis 1.200 teu sowie die der kleinsten Feeder unter 1.000 teu. »Die Reeder halten die Disziplin. Man erwartet einen erneuten Aufschwung im kommenden Jahr, und das Werftenauftragsbuch für kleine Schiffe ist leer«, fasste ein Londoner Makler die Gemengelage zusammen. In der Karibik, wo die Verfügbarkeit an kleinen modernen Einheiten besonders gering ist, legen die Befrachter inzwischen Raten von über 8.000 US$ pro Tag für 1.100-teu-Schiffe raus. Der US-Operateur Crowley soll die »Otterhound« (1.118 teu, mit Geschirr) zu einer Tagesrate von 8.450 US$ pro Tag für zwölf Monate eingebucht haben, heißt es. Die »El Toro« (selbe Eckdaten) hat derweil bei CMA CGM auch in der Karibik 8.200 US$ bei einer Periode von neun Monaten erhalten. Zum Teil müssen die nackten Zahlen aber ein wenig relativiert werden, weil die Reeder für die Charterbeschäftigung mitunter kostspielige Positionierungen vornehmen müssen.

Im Postpanamax-Segment nahmen Evergreen und MSC je ein 8.000-teu-Schiff der malaysischen Linie MISC zu festen Tagessätzen von 37.500 US$ ab kommendem Jahr in Charter. MSC sicherte sich nach Maklerangaben zudem 5.500-teu-Tonnage, die von China Shipping untervermietet wurde, zu rund 30.000 US$ pro Tag. Trotz des weiterhin hohen Zustroms an Superpostpanamax-Schiffen mustern die Carrier heute schon viele große Chartermarktschiffe für 2011. »Die Linien konzentrieren sich bereits auf Positionen im ersten und zweiten Quartal«, so ein deutscher Makler. Ein anderer meinte, dass jedes verfügbare Postpanamax-Schiff im kommenden Jahr heute schon durchschnittlich drei Bewerber anlockt. Eine Reihe von Carriern mache sich bereits intensiv Gedanken über Fahrplan-Erweiterungen im nächsten Jahr, wofür sie zusätzliche Mietschiffe benötigen.

ISL: Erhöhte saisonale Volatilität

bis 2012

Bevor die Nachfrage nach Schiffsraum wieder richtig Tritt fasst, werden sich die dunklen Wolken wohl noch einmal verdichten. Das Institut für Seeverkehrswirtschaft und Logistik (ISL) prophezeit eine Zunahme der Aufliefertonnage auf 600.000 teu bis Januar, sieht allerdings für die Hochsaison 2011 erstmals wieder die ­Chance auf Vollbeschäftigung für die Containerschiffsflotte. Für Winter 2011/12 wird erneut mit rund 500.000 teu stillgelegter Tonnage gerechnet, bevor sich Angebot und Nachfrage dann ganzjährig auf einem ausgeglichenen Niveau einpendeln sollen, so das ISL. Vor diesem Hintergrund kalkulieren Reeder und Emissionshäuser für 2011 bereits mit Raten über dem diesjährigen Spitzenniveau, was natürlich gerade für kleinere, jüngere Einheiten noch gar nicht kostendeckend war. Bei Hansa Treuhand rechnet man ab zweiten Quartal mit Tagesraten von 9.000 US$ für 1.000-teu-Schiffe und von 10.000 US$ für die 1.740-teu-Frachter des Wenchong-Typs.

Vorausgesetzt natürlich, dass sich das wirtschaftliche Umfeld nicht wieder eintrübt. Dieses Risiko darf angesichts der erneuten Zuspitzung der Euro-Schuldenkrise freilich nicht unterschätzt werden. Gerade das starke Wachstum auf der langen Route von Fernost nach Europa hatte den Frachten- und auch den Chartermärkten dieses Jahr Rückenwind verliehen. Wenn diese Säule wegbräche, wären erneute Turbulenzen an den Märkten die logische Folge. Einen Warnschuss hat bereits die Danske Bank mit ihrem jüngsten European Freight Forwarding Index abgefeuert. Das Marktbarometer, das durch Befragung von mehr als 170 Speditionen zustande kam, zeigt für den Seefrachtbereich einen drastischen Rückgang von 69 auf 55 Indexpunkte an. Der Leitindikator für die Geschäftserwartung im Januar sank sogar auf 51 Punkte und liegt damit nur noch knapp oberhalb des Grenzwerts, der Wachstum signalisiert. Auch die Seefrachtraten ex Fernost nach Nordeuropa und dem Mittelmeer sinken seit Monaten in einer Tour. »Es ist schwer ein klares Bild zu bekommen«, erklärten die Danske-Analysten in ihrem Bericht. Die Unsicherheit im Frachtgeschäft sei spürbar gestiegen, »wir meinen, dass das vor allem an der Euro-Schuldenkrise liegt«, so die Dänen.