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Eine Kommanditgesellschaft (KG) hatte im Jahr 2002 einen Bauvertrag für den Neubau eines Seehandelsschiffes (MS »A«) abgeschlossen. Die Ablieferung sollte[ds_preview] in 2003 erfolgen. An dieser KG waren zu 99 % eine weitere KG und in Höhe von 1 % ein Bereederer beteiligt. Die Übernahme des Schiffes von der Werft durch die KG erfolgte am 6. Oktober 2003 und es wurde nach zuvor mit Gewinn erfolgter Veräußerung am 26. September 2003 nach Überführung am 7./8. Oktober 2003 am 9. Oktober 2003 an den Käufer übergeben.

Diese Überführungsfahrt stellt den einzigen Einsatz des Seeschiffes durch die KG dar. Zuvor waren die im Kaufvertrag vorgesehenen Erstausrüstungsgegenstände mittels Container zur Werft befördert worden. Der dann leere Container nahm an der Überführungsfahrt teil. Der bei der Veräußerung erzielte Gewinn wurde 2005 von der KG in den Erwerb eines weiteren Seehandelsschiffes (»MM«) investiert. Im Jahr des Abschlusses des Bauvertrages im Jahr 2002 hatte die KG zur Tonnagegewinnermittlung optiert. Nun vertrat sie u.a. die Ansicht, dass der bei der Veräußerung erzielte Gewinn von der Tonnagegewinnermittlung erfasst sei. Dem folgte das Schleswig-Holsteinische Finanzgericht mit seinem Urteil vom 12.10.2010 nicht.

Der erzielte Gewinn entfällt nach Ansicht des Schleswig-Holsteinischen Finanzgerichts nicht auf den Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Verkehr, da die Überführungsfahrt lediglich der Erfüllung des Kaufvertrags diente.

»Die Klägerin hat die MS ›A‹ im Streitjahr (Anm.: 2003) nicht gemäß § 5a Abs. 2 Satz 1 EStG überwiegend zur Beförderung von Personen oder Gütern im internationalen Verkehr eingesetzt. Im Streitfall kommt für einen solchen Einsatz der MS ›A‹ nur der Zeitraum von der Übernahme des Schiffes von der Werft am 6. Oktober 2003 bis zu dessen Übergabe an die E-Ltd in Y (Anm.: Käufer) am 9. Oktober 2003 in Betracht. Es kann dahinstehen, ob die MS ›A‹ in diesem Zeitraum einen ausländischen Hafen angesteuert hat (vgl. hierzu Voß in Herrmann/Heuer / Raupach, a.a.O., § 5a Rz. 43). Denn die Fahrt der MS ›A‹ von Z nach Y diente ihrem Hauptzweck nach nicht der Beförderung von Personen oder Gütern, sondern der Erfüllung der Verpflichtungen der Klägerin aus dem Kaufvertrag mit der E-Ltd (vgl. Finanzgericht – FG – Hamburg, Urteil vom 2. Februar 2010 2 K 147/08, Entscheidungen der Finanzgerichte – EFG – 2010, 1116).«

Der Umstand, dass die Überführungsfahrt die Erstausrüstung und einen leeren Container umfasste, stellt nach Ansicht des Finanzgerichts gegenüber der Veräußerung des Schiffes keinen eigenständigen Zweck dar. Hierbei spielt es keine Rolle, an wen der Kaufpreis für die Erstausrüstung gezahlt werden musste bzw. wer den Rücktransport des leeren Containers veranlasste.

»Dem steht nicht entgegen, dass mit der MS ›A‹ auf der Überfahrt sowohl die Erstausrüstung als auch der leere Container transportiert wurde, mit dem die Erstausrüstung vom Inland zur ausländischen Werft befördert worden war. Denn der Transport der Erstausrüstung und des leeren Containers stellte gegenüber dem Hauptzweck der Veräußerung des Schiffes keinen eigenständigen Zweck dar. Dies folgt daraus, dass nach dem Kaufvertrag unbenutzte Ausrüstungsgegenstände im Verkauf der MS ›A‹ enthalten waren. Im Kaufvertrag wird in diesem Zusammenhang ausdrücklich auch die Erstausrüstung genannt; ein eigenständiger Beförderungszweck lässt sich auch nicht daraus ableiten, dass die E-Ltd für die Erstausrüstung 350.000 EUR nicht an die Klägerin, sondern an die D-KG zahlte. Der Transport des leeren Containers stand ebenfalls im Zusammenhang mit der Veräußerung der MS ›A‹, da der Container für die Lieferung der Erstausrüstung vom Inland zur ausländischen Werft genutzt wurde. Dem Rücktransport des Containers ins Inland im Auftrag der M-GmbH kommt damit im Hinblick auf die Veräußerung der MS ›A‹ nur untergeordnete Bedeutung zu.«

Die Veräußerung des Seeschiffes ist nach Ansicht des Finanzgerichts im zu entscheidenden Fall auch kein Hilfsgeschäft.

»Die Veräußerung der MS ›A‹ ist nicht als begünstigtes Hilfsgeschäft i.S.d. § 5a Abs. 2 Satz 2 EStG anzusehen. Entgegen der Auffassung der Klägerin besteht kein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Veräußerung und dem Erwerb und Betrieb der ›MM‹ im internationalen Handelsverkehr ab 2005 … Denn ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Veräußerung des Seeschiffes und dem Einsatz bzw. der Vercharterung eines weiteren Seeschiffes setzt jedenfalls voraus, dass die Veräußerung direkt durch die künftigen Beförderungsleistungen veranlasst ist (Hofmeister in Blümich, a.a.O., § 5a Rz. 46). Die Veräußerung des Schiffes ist damit ein begünstigtes Hilfsgeschäft, wenn sie im Rahmen eines fortbestehenden Schifffahrtsbetriebs erfolgt (FG Hamburg, Urteil vom 4. April 1989 VII 64/86, EFG 1989, 512). Die Klägerin hat zwar mit der Veräußerung der MS ›A‹ ihren Gewerbebetrieb nicht vollständig eingestellt. Die MS ›A‹ war jedoch zum Zeitpunkt der Veräußerung das einzige Seeschiff der Klägerin (vgl. FG Hamburg in EFG 1989, 512). Die überwiegende Verwendung des Veräußerungserlöses für die Anschaffung der ›MM‹ begründet keinen unmittelbaren Zusammenhang der Veräußerung der MS ›A‹ mit dem späteren Einsatz oder der Vercharterung dieses Schiffes ab 2005 … Eine direkte Veranlassung durch den späteren Einsatz bzw. die Vercharterung der ›MM‹ scheidet im Streitfall dadurch aus, dass der Veräußerungserlös zur Finanzierung der Anschaffung dieses Schiffes diente; die Veräußerung stand damit allenfalls in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Hilfsgeschäft (Anm.: Finanzierung der MS ›MM‹), nicht aber mit dem Einsatz bzw. der Vercharterung der ›MM‹ selbst.«

Anmerkung: Zwar steht noch die Entscheidung des Bundesfinanzhofs aus, jedoch dürfte sich zukünftig die Frage stellen, wie viel selbständige Beförderungsleisung erforderlich ist, um die Vorzüge der Tonnagegewinnermittlung noch in Anspruch nehmen zu können. Inwieweit kommt der Bundesfinanzhof den Interessen der Anleger an einem günstigen Zeitpunkt für die Veräußerung eines Seeschiffes entgegen? Unabhängig von dieser Fragestellung wirft der Sachverhalt, der der Entscheidung des Finanzgerichts zugrunde lag, noch eine Vielzahl weiterer Rechtsfragen auf, die allesamt noch einer höchstrichterlichen Klärung bedürfen. Insofern darf man gespannt sein, wie sich der Rechtsstreit weiter entwickeln wird.

Klaus Voß