Die Schifffahrt ist umweltbewusst

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Der Umweltschutz rückt 2011 wieder verstärkt in den Fokus. In der gegenwärtig sehr intensiven Diskussion unterschiedlicher Interessenvertreter beim Zurückdrehen der[ds_preview] Reduzierung der Schwefelemissionen in Nord- und Ostsee gerät auch die Politik zunehmend unter Druck. Hintergrund sind die 2008 von der International Maritime Organization (IMO) festgelegten neuen Grenzwerte für den Schwefelgehalt im Treibstoff und die Stickoxide im Abgas.

Der Schutz der Meere ist neben der Sicherheit der Seefahrt eines der Hauptanliegen der IMO. Niedergeschrieben sind die Umweltregeln in der MARPOL-Konvention (International Convention for the Prevention of Pollution from Ships) und ergänzenden Kapiteln. Um die Schadstoffemissionen geht es im Annex VI. Nicht das Treibhausgas CO2 steht hier im Vordergrund – denn hier gilt das Schiff bereits als das umweltfreundlichste Transportmittel – sondern die Emissionen von Schwefel- und Stickoxiden (SOx, NOx) sowie von Feinstaubpartikeln. Mit Ausnahme von SO2 weist die Schifffahrt bei allen anderen Emissionsarten (CO2, NOx, Partikel) deutliche Vorteile auf. Der Schwefelanteil im Schweröl sowie die Feinstaubbelastung durch Partikel ist ein ernstes Thema für die Seeschifffahrt. Erst 2005 wurde ein weltweiter Höchstwert für den Schwefelanteil im Schweröl von 4,5 % festgelegt. Dieser Wert sinkt ab dem 1. Jan. 2012 auf 3,5 % und 2020 auf 0,5 %. In allen EU-Häfen gilt seit Mitte 2010 die Regelung: Sobald ein Schiff für zwei oder mehr Stunden am Pier festgemacht hat, darf der benutzte Brennstoff maximal 0,1 % Schwefel enthalten – bis zum Ablegen. Zusätzlich wurden für die Emissionssondergebiete Ostsee und Nordsee, die »Sulphur Emission Control Area« (SECA), strengere Grenzwerte für Schwefel beschlossen. Neben den genannten Sondergebieten haben die USA und Kanada im März 2009 gemeinsam beantragt, die Küstengewässer beider Länder ebenfalls als »Emission Control Area« ECAs auszuweisen. Die beantragten Schutzgewässer umfassen die pazifische, atlantische und Golf-Küste sowie acht Hauptinseln von Hawaii und erstrecken sich auf ein Küstengebiet von 300 km von der Küstenlinie aus. Im März 2010 wurde von der IMO über die Ausweisung der ECAs positiv entschieden. Darüber hinaus wird über weitere ECAs rund um Alaska, südliches Nordamerika, Australien, Südkorea und für das Schwarzen Meer diskutiert.

Besonders kritisch ist die Regelung, die in allen SECAs den Schwefelgrenzwert auf 0,1 % ab 2015 senken soll, zurzeit gilt noch der Grenzwert von 1,0 %. Schiffsbetreiber, die in SECAs operieren, können diese Vorgabe durch den Wechsel von HFO auf Schiffsdiesel (MDO) einhalten oder auch durch Nutzung von Abgasreinigung bei der weiteren Nutzung von Schwerölen. Die ersten für die Schifffahrt modifizierten Anlagen von deutschen Herstellern – sogenannte »Scrubber« – wurden schon Anfang 2010 vom GL zertifiziert. Nasse oder trockene Verfahren werden angeboten. Bei beiden Verfahren stellt sich die Frage, was mit dem herausgefilterten Schwefel an Bord passiert. Das Waschwasser der Scrubber muss in Tanks gesammelt und im Hafen zur Entsorgung an Land gepumpt werden, geradezu ideal für die Fährschifffahrt, aber mit Kosten verbunden. Alle diese Regulierungen sind für die in den SECA-Gebieten tätigen Fähr- und Ro/Ro-Linienreeder sowie Feederreeder natürlich mit enormen Kostenerhöhungen verbunden, und eine solche Erhöhung der Betriebskosten müssten die Reedereien dann an ihre Kunden weitergeben.

Die Anzahl der SECAs wird weltweit zunehmen, und die Schifffahrt wirkt weltweit. Weltweiten Regulierungen ist der Vorrang vor europaspezifischen Lösungen zu geben. Ein europäischer Alleingang führt zu Wettbewerbsnachteilen. Vielmehr sollte die Unterstützung der EU für neue IMO-Standards durch entschlossenes Handeln bekräftigt werden, indem diese Standards in die EU-Gesetzgebung einbezogen werden. Das würde zusätzlich die Autorität der Hafenbehörden bei der Überwachung der neuen Gesetze unterstreichen.


Ralf Hinrichs