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Nach dem Einbruch im Herbst haben sich die Tagesraten der Containerschiffe kurz vor Weihnachten wieder gefangen. Bei Reedern und Maklern wächst nun die Hoffnung, dass der saisonale Dämpfer bis zum Frühjahr schnell aufgeholt werden kann.

Die Befrachter holten im Dezember die Rute raus, um die Charterraten am Containerschiffsmarkt weiter nach unten zu prügeln. In einigen[ds_preview] Größenklassen – vor allem zwischen 2.000 und 4.000 teu – reichte ihre Schlagkraft auch aus, um die mühsam errungenen Steigerungen mehrerer Monate auszuradieren. Allerdings mit einer Einschränkung: Die Reeder haben die Perioden­laufzeiten für die schwächeren Raten überwiegend auf drei bis sechs Monate begrenzen können, um zum zweiten Quartal mit hoffentlich mehr Rückenwind neu auf den Markt zu kommen. Es mehren sich bereits Anzeichen, dass die Talfahrt ein frühes Ende gefunden hat. In der 50. Kalenderwoche drehte das ConTex-Marktbarometer jedenfalls wieder ins Plus und stieg von 547 auf 550 Zähler an. Auch der häufig als Referenz herangezogene Howe Robinson Containership Index verzeichnete seinen ersten Anstieg seit Anfang Oktober.

Eine Befestigung hatte es vor allem in der Klasse um 2.700 / 2.800 teu (ohne Ladegeschirr) gegeben, die zuvor auch überproportionale Einbußen hatte hinnehmen müssen. Bei längerfristigen Abschlüssen wurden zuletzt wieder deutlich über 12.000 US$ pro Tag erzielt.

Hoffnungsanzeichen gab es auch bei den noch schlimmer gebeutelten 2.500-teu-Typen mit Ladegeschirr, deren Tagessätze für kürzere Beschäftigungen auf gut 9.000 US$ eingebrochen waren. Gerüchten zufolge sollen mehrere Einheiten dieser Größe bei einem großen Carrier zu knapp 12.000 US$ pro Tag verlängert worden sein.

26.000 US$ für 4.300-teu-Schiff?

Für Jubelstimmung ist es jedoch zu früh, dafür sind die jüngsten Ratenverbesserungen noch zu frisch und die Aussichten für das neue Jahr zu schwammig. Grundsätzlich haben die Reeder nach der überraschend schnellen Erholung, seit Anfang 2010, für 2011 ebenfalls hohe Erwartungen. Eine Blitzumfrage der HANSA unter mehreren Reedereien und Maklern ergab, dass die Eignerseite zum Teil schon ab dem zweitem Quartal mit höheren Spitzenraten als 2010 kalkuliert. Kleinere Panamaxe mit Behälterkapazitäten von 4.200 / 4.300 teu zum Beispiel könnten dann 23.000 bis 26.000 US$ pro Tag erzielen, wird geschätzt. Bei den Feeder-Typen um 1.100 teu und 1.700 teu, die von der saisonalen Baisse gar nicht oder höchstens leicht betroffen waren, prognostizieren Experten schon für das erste Quartal weiter steigende Raten. Eine Signalwirkung schreiben Makler in diesem Zusammenhang dem Abschluss des 1.700-teu-Schiffs »Mediterranean Sea« zu, das bei Nile Dutch Africa Line für zehn Monate zu stattlichen 9.400 US$ pro Tag verlängert worden ist. »Es ist das einzige Schiff in dieser Größe mit Geschirr, das im Januar am Kontinent frei wird«, konstatiert ein Hamburger Befrachtungsmakler. Angeführt durch Einheiten mit hohen Spezifikationen (14 t homogenous Intake, Fuel Efficiency, Eisklasse etc.) und bestimmte Regionen mit geringem Tonnageangebot gewinnt die Ratenbefestigung im Segment von 1.000–1.300 teu weiter an Breite. Dae-Sun-1000-Typen, die als verbrauchsarm gelten und besonders für den chinesisch-japanischen Shortsea-Trade geeignet sind, erzielen inzwischen über 9.000 US$ pro Tag. So verlängerte der chinesische Carrier Winland die »Stadt Ratzeburg« (1.043 teu) für sechs Monate zu einer Rate von 9.100 US$.

Verkehr soll um 10 % wachsen

Grundsätzlich sind die Verkehrsprognosen für 2011, die von den einschlägigen BIP-Wachstumsprognosen von Institutionen wie dem IWF abgeleitet werden, positiv. Auch wenn Analysten angesichts der Staatsschuldenkrise und den Risiken an den Finanzmärkten deutliche Vorbehalte anmelden. Der Londoner Broker Clarksons rechnet auch für 2011 mit einem schnelleren Verkehrs- als Flottenwachstum. Die weltweiten Containerverschiffungen werden demzufolge dieses Jahr um knapp 10 % zunehmen, während für die Flottenkapazität eine Zunahme von 6 % prognostiziert wird. Damit würde der Verkehr im zweiten Jahr in Folge 4 % schneller wachsen als die Kapazität. Günstig für die Reeder sollte sich der Umstand auswirken, dass die für den Chartermarkt relevanten Größenklassen bis 7.000 teu durchweg unterproportionale Wachstumsraten aufweisen, wenn man die Clarksons-Verkehrsprognose für 2011 zugrunde legt. So werden für Schiffstypen mit Behälterkapazitäten zwischen 200 und 6.999 teu je nach Segment Veränderungen von -1.6 % bis höchstens +4.7 % avisiert.

Dem steht nach Maklerangaben aber eine Verdoppelung der Kapazität im New Panamax/Ultra Large-Segment über 11.000 teu gegenüber. Die spannende Frage wird sein, inwieweit die daraus resultierende Verdrängung (»Cascading«) kleinerer Einheiten die Angebotssituation in den Charterschiffs-Segmenten negativ beeinflussen wird?

Dieser Bereich bietet unendlich viel Raum für Spekulation, da die Linienreeder ihre Karten nicht vorher auf den Tisch legen werden. Entscheidend wird wohl sein, inwieweit andere regionale Dienste abseits der Hauptachsen Fernost / Nordeuropa und Fernost / US-Westküste die Zwischengrößen von 6.000–9.000 teu aufnehmen können. Immerhin sind die Nord-Süd-Verkehre, die dafür teilweise in Frage kommen, vergangenes Jahr bereits deutlich überdurchschnittlich gewachsen – laut Clark­sons um 15 % gegenüber global 12 %. Auch den Verkehren mit den Ostseeanrainern wird erhebliches Aufholpotenzial nachgesagt. Sollten die direkten Überseeverkehre aus Asien in die Ostsee wie von der Mehrzahl der Teilnehmer in einer Unicredit-Umfrage erwartet weiter zunehmen, könnte das eine stattliche Anzahl von Panamax und Postpanamax-Schiffen binden, die auf den Hauptrouten freigesetzt werden. Denn für solche direkten Loops würden wohl je mindestens zehn Schiffe gebraucht.

Dennoch warnen einige Makler, dass die Neubauablieferungen von Schiffen mit mehr als 11.000 teu Kapazität die hohen Erwartungen der Tramp-Reeder dieses Jahr zunichte machen könnten. »Der Markt wird um Februar / März wieder auf die Probe gestellt«, so ein britisches Haus. »Dann besteht die Gefahr, dass steigende Charterverfügbarkeit und zunehmende Neubauablieferungen genau zusammentreffen.« Es bleibt also spannend.


mph