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Wir schreiben das Jahr 2003. Es kommt zu einer Änderung des Einkommensteuergesetzes, das sog. Haushaltsbegleitgesetz 2004.

Natürlich befinden wir uns nicht am Anfang des Jahres, sondern bereits im Dezember. Wir befinden uns im Vermittlungsausschuss des Deutschen[ds_preview] Bundestages. Dem Vermittlungsausschuss kommt bekanntlich die Aufgabe zu, im Falle unterschiedlicher Auffassungen zwischen Bundestag und Bundesrat im Rahmen eines Gesetzgebungsverfahrens einen Einigungsvorschlag zu erarbeiten, über den der Bundestag erneut zu beschließen hat. Der Bundestag hat hierüber erneut zu beschließen. Ja, Sie hören richtig. Kurz vor der Veröffentlichung des Gesetzes werden auf der Basis des in die Geschichte eingegangenen Koch-Steinbrück-Papiers zahlreiche steuerliche Vergünstigungen gekürzt oder gestrichen. Aber kein Abgeordneter des Deutschen Bundestages hat erneut über diese Änderungen abstimmen können. Es steht also die Verfassungswidrigkeit dieser Änderung im Raum. Das Bundesverfassungsgericht hat den Gesetzgeber aufgefordert, diesen Mangel bis zum 30.06.2011 zu beheben.

Betroffen hiervon ist auch eine Änderung der Tonnagesteuerregelung, genauer die Änderung des § 5a Absatz 3 des Einkommensteuergesetzes.

Der »Gesetzgeber« wollte die durch die vorherige Fassung des Gesetzes eröffneten Gestaltungsmöglichkeiten – das sogenannte Kombimodell – zur steuerlichen Berücksichtigung von Anlaufverlusten aus dem Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Verkehr beseitigen. Infolge der Änderung gehen die vor dem Wirtschaftsjahr der Indienststellung des Handelsschiffes aufgelaufenen Verluste bei rechtzeitigem Antrag auf Anwendung der Tonnagebesteuerung unwiederbringlich verloren. Auf der anderen Seite werden zudem auch Gewinne, die vor Indienststellung des Schiffes aus dem Betrieb des Schiffes im internationalen Verkehr erwirtschaftet worden sind, nicht besteuert.

Der Gesetzgeber reagiert im Jahr 2010 durch ein Gesetz zur »bestätigenden Regelung des Haushaltsbegleitgesetztes 2004«. Die im verfassungswidrigen Haushaltsbegleitgesetz 2004 verabschiedeten Regelungen wurden inhaltsgleich bestätigt. Diesmal, so scheint es, durch ein ordnungsgemäßes Gesetzgebungsverfahren.