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Fast 300 Mrd. € will Brasilien in diesem Jahrzehnt für die Offshore-Förderung von Öl aufbringen

Gleich zweimal wiederholte Brasiliens zum Jahreswechsel aus dem Amt geschiedener Präsident Lula die symbolische Geste seines legendären Vorgängers Getúlio Vargas[ds_preview]: Als er 2006 die Produktionsplattform P-50 des Petrobras-Konzerns einweihen half und zwei Jahre später bei der ersten probeweisen Förderung von Tiefsee-Öl in der Bucht von Santos wie Vargas in den 1950er Jahren beide Hände genüsslich in das Schwarze Gold tauchte.

Mit gutem Grund: Die Schatzsuche in der Tiefsee soll Brasilien künftig zur fünftgrößten Wirtschaftsmacht der Erde befördern und dem seit vielen Jahren daniederliegenden Schiffbau des Landes wieder einen Platz unter den Top Ten der Weltrangliste verschaffen. Offshore-Öl wurde bisher in der Bucht von Campos und bei Santos sowie vor der Nordostküste des Landes in Tiefen zwischen 2.000 und 7.000 m entdeckt, und es ist nicht auszuschließen, dass noch andere Teile der 8.000 km langen Schelfzone des Landes diese Energiequelle sprudeln lassen. Außerdem sind erst 5 % derjenigen Gebiete, wo es vermutlich Öl gibt, bei Auktionen an einheimische und ausländische Konzerne versteigert worden, sodass weitere Funde zu erwarten stehen.

Nach vorsichtigen Schätzungen unabhängiger Fachleute könnte sich die Ölförderung des südamerikanischen Landes allein aus den nachgewiesenen Fundstellen bis 2019 auf 4,5 Mio. Barrel (rund 0,6 Mio t) pro Tag mehr als verdoppeln, seine Erdgasförderung sogar fast verdreifachen. Die nachgewiesenen Reserven würden nach Ansicht der gleichen Experten von derzeit ca. 15 auf 30 bis 35 Mrd. Barrel klettern.

Dieses Volumen bedeutet zwar erst nur rund ein Zehntel der Reserven Saudi-Arabiens, ein Viertel der Vorkommen im Iran und knapp ein Drittel der entsprechenden Werte für den Irak und Kuwait. Dennoch wäre der wirtschaftliche Impuls der Offshore-Förderung für Brasilien enorm. In die nationalen Entwicklungspläne sind für 2010/20 Investitionen für Ausrüstungsgüter und Dienstleistungen zur Offshore-Exploration von fast 300 Mrd. € eingeschrieben. Dadurch könnte der Anteil der Branche am Inlandsprodukt (ein regelmäßiges Wirtschaftswachstum von 4–5 % jährlich vorausgesetzt) von derzeit 12 auf 20 % steigen – vor einem Jahrzehnt waren es erst 2,5 %. Augusto Mendonça, Vorsitzender des Fachverbandes Abecno, vermutet, der Umsatz aller brasilianischen Firmen, die Schiffe, Bohrinseln und sonstiges Gerät für die Offshore-Förderung von Öl und Gas liefern, werde dann die Verkäufe der Hersteller von elektrischen Haushaltsgeräten übertreffen und ihre Beschäftigung mit etwa 100.000 Personen beinahe an den Automobilsektor heranreichen.

Allein die staatliche Entwicklungsbank Brasiliens (BNDES) hat für die nächsten Jahre Kredit- und Zuschussanträge von 85 Projekten für die Öl- und Gasexploration im Südatlantik vorliegen oder schon bewilligt. Auf der Internet-Seite »Portal de Oportunidades« des staatlichen Förderprogramms PROMINP haben sich bisher rund 5.000 Unternehmen registrieren lassen, um seine Vorteile in Anspruch nehmen zu können. Nach Auskunft von Programmleiter José Renato Ferreira Almeida bietet ein Zehntel von ihnen über das Portal auch schon regelmäßig Produkte und Dienstleistungen an und sucht dort nach Partnern und Zulieferern.