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Niedrige Frachtraten und Unpaarigkeiten fressen Erträge auf

Die finanziellen Polster der Dienstleister in der Fertigfahrzeuglogistik werden immer dünner. In einer Umfrage auf dem Carrier-Tag von Daimler[ds_preview] Ende 2010 gaben nur 3 % der anwesenden Transportdienstleister an, dass sie dieses Jahr Gewinne schreiben. Das berichtet der europäische Branchenverband European Car Transport Group of Interest (ECG). 60 % hätten erklärt, dass sie Verluste schreiben, der Rest rechne höchstens mit einer schwarzen Null.

Zwar hat sich das Transportaufkommen nach der Krise wieder erholt, doch befinden sich die Frachtraten weiter im Keller. Hinzu kommt die gestiegene Unpaarigkeit auf großen Rennstrecken wie im Seehafenhinterlandverkehr, die die Unternehmer kaum durch anderes Frachtgut ausgleichen können. Ergebnis: Ein hoher Anteil teurer Leerfahrten.

Während die großen Automobil-Verlader kurzfristig von geringeren Frachtkosten profitieren, könnten sie sich langfristig ins eigene Fleisch schneiden, warnt die ECG. Da die Dienstleister nicht mehr das Geld hätten, ihre Flotten zu erneuern, könnten bald erhebliche Engpässe drohen, wenn die Fertigfahrzeug-Verkehre – wie prognostiziert – weiter zunehmen. »Das Vertrauen der Dienstleister ist noch mal abgesackt, wie die Investitionsplanungen unserer Mitglieder zeigen« warnt ECG-Präsident Costantino Baldissara. In der Quartalsumfrage des Verbands sei der Anteil der Firmen, die ihre Kapazitäten in den kommenden sechs Monaten um mehr als 10% ausweiten wollen seit gegenüber Frühling 2010 von 19 % auf 6 % gesunken. Dabei hätten sich vier Hauptgründe herauskristallisiert: Mangelnde Planbarkeit des Transportvolumens, nicht auskömmliche Frachtraten, fehlende langfristige Dienstleis-

tungsverträge und negative Renditen. »Während die Hersteller ihre Finanzlage bei steigendem Absatz schnell verbessern, leiden ihre Dienstleister weiterhin unter niedrigen Raten und prekären Zukunftsaussichten, die für sie keine Investitionen rechtfertigen. Diese Situation kann nicht nachhaltig sein«, erklärt Baldissara. Bald schon könnten die Hersteller auf dem Schlauch stehen, weil keine neuen Kapazitäten nachkommen. »Um sich Ressourcen zu beschaffen, muss man schwarze Zahlen schreiben. Für schwarze Zahlen benötigt man die Unterstützung seiner Kunden.«

Detthold Aden, Vorstandschef der BLG Logistics Group, die eine eigene Flotte von Autotransportern betreibt, schloss sich der Warnung an. Allerdings führt er die Ertragsschwäche im Straßentransport wie auch bei einigen anderen Mehrwertleistungen eher auf die veränderte Struktur der Verkehrsströme zurück. So wurde das Verhältnis von Importen zu Exporten im Zuge der Krise komplett auf den Kopf gestellt. An den BLG-Hafenterminals in Bremerhaven kommt nur noch ein Importfahrzeug auf vier bis fünf Exportwagen. Folglich fehlt den Transportern, die mit Exportfahrzeugen aus den süddeutschen Autowerken in Bremerhaven ankommen, die Rückladung. Leerfahrten will aber kein Verlader bezahlen. Aden glaubt, dass die extreme Unpaarigkeit im Seehafenhinterlandverkehr anhalten wird. Denn große koreanische und japanische Autohersteller würden den europäischen Markt verstärkt aus lokaler Produktion in Zentraleuropa statt aus Übersee bedienen. Toyota, Hyundai und Kia sind längst mit eigenen Werken in Tschechien oder der Slowakei vertreten. »Folglich fehlen die Fahrzeuge an unseren Hafenterminals«, sagt Aden. Andererseits sind die Überseeexporte der deutschen Premiumhersteller BMW, Mercedes und Audi kräftig gestiegen.

Die Sichtweise der ECG wird aber nicht überall im Transport- und Logistikgewerbe geteilt. »Der Wettbewerb ist auch deshalb so ruinös, weil zu viele Anbieter die Krise überlebt haben«, raunt ein Logistikmanager aus Bremen, der selbst Fahrzeugtransporte disponiert.

Beim Landesverband Verkehrsgewerbe Bremen gibt man sich derweil verhalten optimistisch. Eigene Umfragen hätten ergeben, dass die Unternehmer in der Region die Marktlage etwas positiver einschätzen, sagt Mitarbeiter Kristof Ogonovski. 27 % der Mitglieder hätten berichtet, dass die Frachtraten auf der Straße dieses Jahr bereits gestiegen seien. Für 2011 gingen immerhin 45 % von höheren Preisen aus, so Ogonovski. Allerdings sei in der Umfrage nicht zwischen einzelnen Segmenten des Güterkraftverkehrs differenziert worden. So nähmen Autotransporter bei dem Bremer Verband nur eine untergeordnete Stellung ein. mph
M. Hollmann