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Nach einem durchwachsenen Vorjahr stehen die Zeichen im internationalen Fruchthandel nun wieder auf Wachstum. Die Prognosen zahlreicher Exportländer und Marketingverbände sind durchaus positiv, während die Frachtraten auf einigen Routen früher als üblich angezogen haben.

Die Wirtschafts- und Finanzmarktkrise hat auch im Handel mit verderblicher Ware tiefe Spuren hinterlassen. So brachen die Bananenimporte der Mittelmeer[ds_preview]- und Schwarzmeer-Anrainerstaaten (nur Nicht-EU-Staaten) nach Angaben der an der Osloer Börse notierten Kühlschiffsreederei Star Reefers im Vorjahr auf 30–35 Mio. Kartons ein. Vor der Krise seien es pro Jahr 65 Mio. Kisten gewesen, wovon die Reeferschifffahrt besonders profitiert habe, weil die Transportdistanzen von den traditionellen Exportländern in diese Region relativ lang seien. Ganze Rundreisen seien 60 % länger als im Handel mit den nordeuropäischen Staaten, heißt es.

Vor allem Kreditengpässe und ungünstige Wechselkurse hätten die Nachfrage in den Schwarz- und Mittelmeerstaaten schrumpfen lassen, während das Angebot durch Ernteeinbußen in Folge niedriger Temperaturen und hohen Niederschlags in Zentralamerika vermindert worden sei, so Star Reefers. Inzwischen sei die Talsohle wohl überwunden, auch wenn Produktion und globale Nachfrage immer noch gedämpft seien und die Aussichten auf eine rasante Erholung eher gering seien, berichtet die Reederei in ihrem jüngsten Quartalsbericht. In anderen Segmenten des Fruchthandels haben sich die Markterwartungen schon deutlich verbessert, wie auf der Leitmesse Fruit Logistica Anfang Februar in Berlin deutlich wurde. Dort stellte die World Apple and Pear Association ihre Vorhersage für 2011 vor, wonach die Ausfuhren von Äpfeln und Birnen dieses Jahr weltweit um je 5 % auf 1,76 Mio. t bzw. 827.000 t steigen sollen. Diese Fruchtart stellt ein wichtiges Frachtgut für die Reefer- und Containerschifffahrt dar.

Auch Spediteure, die auf verderbliche Ware spezialisiert sind, zeigten sich in Berlin optimistisch. »Anfang 2010 war es schwierig, aber dann hat sich die Lage deutlich verbessert. Die Volumen sind jetzt wieder auf dem alten Niveau«, sagte Rene van Loon, Deutschland-Geschäftsführer von Damco in Hamburg. Derzeit nähmen vor allem die Anfragen von Kunden aus Zentral- und Osteuropa für Fruchtimporte über die deutschen Seehäfen zu. Dabei wird die Ladung im Reefer-Container schon im Hafen entladen und per Lkw auf der Straße Richtung Osten befördert – für die Kunden eine deutliche Zeitersparnis gegenüber Transhipment und Feedering zu den Ostseehäfen. »Wenn Sie die Laufzeiten verkürzen können, ist das für den Kunden viel mehr wert«, so Loon. Hohes Wachstums­potenzial sieht Damco – eine Tochtergesellschaft des ­Maersk-Konzerns – im Bananenexport aus Ecuador heraus. So hat die Firma gerade erst eine Anlage für das Cross-Docking – also den Umschlag von Bananen ohne Zwischenlagerung – in der Freihandelszone des Hafens Guayaquil eröffnet. Dort wird die Frucht direkt in Container gestaut und umgehend verladen. Ein immer wichtigerer Markt für die Container-Carrier, deren Aufkommen an Bananen-Containern in Ecuador sich binnen fünf Jahren auf über 110.000 Vierzigfußcontainer mehr als verdoppelt haben soll.

Für Damco ist die Exportabfertigung in dem Land das erste Glied einer langen Lieferkette bis zum Lebensmitteleinzelhandel in den Konsumentenländern. Mit dem »Damco Fresh Produce Direct«-Programm ermöglicht die Firma den Exporteuren eine eigene Lieferlogistik für vorpalletierte Ware bis zu den Verteilzentren der Kunden. Der Prozess kann unter dem Stichwort »Beschaffungslogistik« aber auch von der Abnehmerseite aus gesteuert werden.

Wichtigstes Merkmal dieser Lösung ist, dass kein Importeur bzw. Händler mehr zwischengeschaltet ist, sondern Exporteur und Einzelhandel direkt miteinander verhandeln. Einziges Bindeglied ist dann noch die Spedition, die die logistischen Funktionen übernimmt, die früher eigenverantwortlich durch Importhändler abgedeckt wurden. Damit eröffnet sich für Logistikdienstleister ein neuer Markt. »Wir erleben derzeit eine Neuorientierung im Zusammenhang mit den Direct-Sourcing-Programmen des Lebensmittelhandels«, sagt Klaus Hrazdira, Chief Executive Officer von Hellmann Perishable Logistics. Die Firma fertigt seinen Angaben zufolge pro Jahr rund 60.000 teu Reefer-Ladung ab. Für große US-amerikanische und britische Supermarktketten organisiere Hellmann heute bereits die Abholung, Qualitätskontrolle und Verladung der Ware von den Plantagen bis zu den Distributionszentren in den USA und Großbritannien. Teil dieses Trends ist auch die allgemein stärkere Fokussierung auf Handelsmarken. Große Frucht-Zwischenhändler haben nach Einschätzung von Experten zunehmend Probleme, sich mit ihren teureren Herstellermarken durchzusetzen.

»Wir rechnen mit einem durchaus positiven Jahr mit starken Zuwächsen in den USA«, erklärte Hrazdira. Darüber hinaus will Hellmann seine Stellung in neuen aufstrebenden Beschaffungs- und Endmärkten ausbauen und dieses Jahr neue Länderorganisationen in Kanada, dem afrikanischen Kontinent sowie den Vereinigten Arabischen Emiraten gründen.

Auch andere Seefrachtspeditionen, die bislang primär im Trockenladungsbereich aktiv sind, haben Frucht/verderbliche Ware als wichtiges Wachstumssegment ausgemacht. So stellte DB Schenker auf der Fruit Logistica sein neu gegründetes Reefer Competence Centre vor, das die bislang isolierten Verkehrsströme innerhalb des Konzerns zusammenführen soll. Auch DHL Freight treibt die Entwicklung seiner im Vorjahr unter der Dachmarke »FoodServices« gebündelten Leistungen weiter voran. »In den ersten sechs Wochen haben sich die Mengen bei uns gegenüber 2010 verdoppelt«, sagte Rudolf Derkum, Executive für Container- und Überseelogistik.

Frachtraten ziehen an

Für die Reedereien beginnt das Jahr ebenfalls hoffnungsvoll. So steigen die Frachtraten für verderbliche Ware mit Beginn der Hochsaison im Fruchtgeschäft auf vielen globalen Schifffahrtsrouten deutlich an, wie Befrachtungsmakler in Berlin berichteten. Die Preise für Bananenverschiffungen von Ecuador nach Südeuropa haben sich nach übereinstimmenden Angaben von Maklern seit Jahresanfang auf 7,20 USD pro Box nahezu verdoppelt. Unterstützend wirkt sich dabei aus, dass das Angebot an konventionellem Schiffsraum durch aufgelegte Tonnage begrenzt wird. Zahlreiche Breakbulk-Schiffe waren in Folge der schwachen Vor-

jahressaison stillgelegt worden. Eine Reihe von älteren Einheiten dürfte auch dann nicht reaktiviert werden, wenn die Raten weiter anziehen, weil die Betriebskosten aufgrund der gestiegenen Brennstoffpreise zu hoch seien, heißt es. »Die Aussichten für die bevorstehende Hochsaison (Februar-April) sind so gut wie seit Jahren nicht mehr«, sagte ein Sprecher der führenden Kühlschiffsreederei Seatrade. Im Containerverkehr zeigt die Preiskurve auf vielen Routen ebenfalls wieder nach oben. Trotz erheblicher wetterbedingter Ernteausfälle in Südafrika sollen die Preise auf der Route vom Kap nach Nordeuropa fester als im Vorjahr sein. Offiziell liege die Basisfracht pro Vierzigfußcontainer wie im Vorjahr bei 4.000 USD. Doch seien die für Großkunden üblichen Raten-Rabatte bislang kleiner als im Vorjahr, berichteten südafrikanische Spediteure.

Die Verfügbarkeit von Reefer-Containern ist nach wie vor knapp, weil die Reedereien während der Krise Ersatzinvestitionen in Equipment gestrichen hatten. Nach Einschätzung der südafrikanischen Exporteure wird die Kapazität auf ihrer wichtigsten Route aber auch künstlich begrenzt. »Wir zahlen fast doppelt so viel Fracht wie argentinische Exporteure, obwohl sich die Transportdistanzen kaum unterscheiden«, so Stuart Symington vom Fruchtexportverband Fresh Produce Exporters’ Forum. Die Fruchtverlader vermuten dahinter wettbewerbswidrige Praktiken, sagte Symington.