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Das Erdbeben und die atomare Katastrophe in Japan könnten den Aufschwung der Containermärkte bremsen – wie auch die gesamte Weltwirtschaft. Noch sind die Konsequenzen nicht klar. Auch am Containerschiffs-Chartermarkt macht sich Unbehagen breit.

Die Lage ist noch unübersichtlich. Aber bei dem Ausmaß der Schäden, die allein durch das Erdbeben entstanden sind, liegt auf[ds_preview] der Hand, dass Japans Ex- und Importverkehre getroffen werden. Sollte im Kernkraft-Komplex Fukushima der atomare Supergau eintreten – was bei Redaktionsschluss der Hansa unklar ist – könnten wichtige Containerhäfen wie Tokio und Yokohama, die noch außerhalb der Gefahrenzone liegen, ebenfalls in Mitleidenschaft gezogen werden. »Im gesamten Japan-Trade herrscht jetzt Ruhe, und wir rechnen dort auf Wochen oder Monate kaum mehr mit großen Anfragen«, so ein Befrachtungsmakler in Singapur gegenüber der Hansa. Große Linien wie Maersk, NOL und NYK betonten, dass die Verkehre bislang noch weitgehend uneingeschränkt verlaufen. Erste Tramp-Reeder sollen aus Sorge um das Wohl der Mannschaften aber schon Schiffe aus dem Verkehr abgezogen haben. Ein Makler in Hongkong weiß von zwei Charterpartien für Feederschiffe, die gekündigt worden sind. »Mehr und mehr Reeder erklären, dass sie bestimmte Häfen vermeiden werden, wenn sich die Lage verschlechtert«, so ein anderer Makler.

Verunsicherung herrscht vor allem in Bezug auf die Haftungslage. Die Reeder seien besorgt und unsicher, inwieweit mögliche Sach- und Personenschäden in Folge der atomaren Katastrophe weiter gedeckt seien, heißt es. »Alle beobachten, was nun passiert. Die Lage kann sich von Stunde zu Stunde ändern«, sagte ein dritter Makler. Im Segment der kleineren Schiffe um 1.000 TEU könnte sich eine Verlangsamung des Shortsea-Verkehrs zwischen Japan und China nachteilig auf den Chartermarkt auswirken. Bei größeren Schiffen seien bislang aber noch keine negativen Auswirkungen auf Nachfrage und Raten zu beobachten, heißt es übereinstimmend bei mehreren Maklerhäusern.

3.500-teu folgt Panamax-Klasse aufwärts

Laut dem ConTex sind die Zeitcharterraten der Containerschiffe in der Zeit vom 15.02. bis zum 15.03. um knapp 9 % gestiegen. Angesichts der sinkenden Verfügbarkeit in mehreren Größenklassen und einem möglichen Engpass an Tonnage zum Auftakt der Hochsaison im April/Mai sicherten sich die Befrachter verstärkt Schiffe im Voraus. Für das Segment der kleineren Panamaxe (4.250 TEU) zeigt der ConTex einen deutlichen Ratensprung von 25.454 auf über 27.860 US$ pro Tag auf Zweijahresbasis an. Allerdings wurden in den vergangenen Wochen kaum noch neue Abschlüsse gemeldet. »Die Nachfrage ist immer noch da, aber es gibt keine Schiffe«, unterstrich ein Hamburger Makler. Im nächst kleineren Sektor um 3.500 TEU war dafür noch Aktivität bei steigenden Tagesraten zu verzeichnen. Den Benchmark für weitere Abschlüsse dürfte die Zwölfmonatsperiode der »HS Brueckner« (3.534 TEU) zu 20.750 US$ pro Tag für 12 Monate bei der United Arab Shipping Company (UASC) bilden. NYK nahm Maklerangaben zufolge die 2007 gebaute »Northern Debonair« (3.534 TEU) ab März zu 20.500 US$ pro Tag ebenfalls für 12 Monate aus dem Markt.

Der koreanische Befrachter KMTC sicherte sich unterdessen die 1995 gebaute »Caribbean Sea« (3.655 TEU) zu einer Tagesrate von nur 19.100 US$ für dieselbe Periode. Die niedrigere Rate dürfte neben dem Alter auch den höheren Bunkerverbrauch des Schiffs widerspiegeln (133 t gegenüber 122 t HFO bei neueren Einheiten). Nach Meinung einiger Experten ist der Markt etwas wählerischer geworden. Moderne Schiffe mit besonderen Spezifikationen treiben das Ratenniveau weiter nach oben, während ältere Einheiten – womöglich noch in Spot-Position – stärker zu kämpfen haben. Hinzu kommen regionale Marktunterschiede. In Südostasien zum Beispiel soll die Tonnageverfügbarkeit in den Klassen zwischen 2.000 und 3.000 TEU wieder angestiegen sein. Durch den erhöhten Wettbewerb bleiben die erzielbaren Tagesraten offenbar unter den Erwartungen. Die 1997 gebaute »Mare Ionium« (2.925 TEU) kam dort bei Wan Hai Line nur auf 14.400 US$ pro Tag. Erschwert werde die Lage durch zusätzliche Relets der Linienreeder (u. a. CMA CGM), die durch die Aufstockung von Diensten auf größere Schiffstypen offenbar manche Einheiten zwischen 2.000 und 3.000 TEU zur Verfügung stellen können.

Langsam aber sicher nach oben geht es für die mittleren Größenklassen zwischen 1.300 und 1.800 TEU. Wenchong-Typen (1.740 TEU, mit Ladegeschirr) kommen inzwischen auf 11.000 US$ pro Tag und mehr, wie die Abschlüsse der »Louisa Schulte« bei Hamburg Süd und der »Cape Nelson« bei KMTC zeigen. Das 1.600-teu-Schiff »Frida Schulte« erzielte in einer Verlängerung bei APL 11.250 US$, wie berichtet wird. Besonders gefragt sind auch Einheiten mit hohem Reefer-Intake wie die 2010 gebaute »Tammo« (1.345 TEU, 449 Stromanschlüsse), die bemerkenswerte 12.400 US$ pro Tag in einer Sechsmonatscharter bei Marianna Express Lines erhält.

Etwas beruhigt hat sich die Lage im Bereich von 1.000 bis 1.200 TEU. Die Raten ziehen grundsätzlich noch an, allerdings mit erheblichen regionalen Differenzen. Im Mittelmeer werden gängige CV-1100-Typen zu 9.000 US$ geschlossen, in Fernost zu 9.350 US$ und in der Karibik angeblich schon zu Raten im fünfstelligen Bereich.

Sorgen über Frachtraten und Bunkerkosten

Von der Ungewissheit über die weiteren Entwicklungen in Japan einmal abgesehen gehen viele Makler bei der derzeitigen Nachfrage von einem weiteren Anstieg der Zeitcharterraten in den kommenden Wochen aus – allerdings mit gedrosseltem Tempo. Grund zur Sorge gibt die erneute Schwäche der Container-Frachtraten, die in den Verkehren ex Schanghai inzwischen auf dem niedrigsten Stand seit 16 Monaten liegen. Auf der Route von Fernost nach Nordeuropa sollen zum Teil sogar Spotraten unter 1.000 US$ pro TEU angeboten werden, was Experten zweifeln lässt, ob die Carrier wirklich aus der Krise gelernt haben. Die operativen Ergebnisse der Linien kommen auch durch den erneuten Höhenflug der Bunkerpreise zunehmend unter Druck. Zum 1. April werden nun allgemeine Ratenerhöhungen angestrebt, wobei die Linien offenbar auch auf Unterstützung durch einen möglichen Mangel an Container-Equipment hoffen. Wegen des Arbeitskräftemangels in den chinesischen Containerfabriken rechnen Experten mit einer erneuten Unterversorgung. Der Containerfinanzierer Buss Capital rechnet mit einer Ausweitung des Containerbestands um 8 bis 9 %, während die Nachfrage um mindestens 9 % zulegen soll. Zudem seien die Boxenvorräte durch den Produktionsrückgang im Jahr 2009 generell angespannt.

Andererseits treiben die Carrier erneut stark den Ausbau der Liniendienste und Stellplatzkapazitäten voran und nehmen ihren geplanten Ratenerhöhungen damit selbst die Schärfe. Die CKYH-Allianz eröffnet nun ihren sechsten Fernost-Nordeuropa-Service mit 10.000-teu-Schiffen, während Maersk und MSC Marktbeobachtern zufolge ihre effektive Kapazität auf der Route durch weniger auffällige Maßnahmen (weniger Wayport-Anläufe, zusätzliches Transhipment) erhöhen.
mph