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Beim Marine Money Kongress in Hamburg diskutierte die Branche über alternative Kapitalquellen. Möglichkeiten, an Geld zu kommen, gibt es viele. Doch wie die Welt der Schiffsfinanzierung letztlich aussehen wird, ist noch völlig unklar.

Einigkeit herrschte bei den Teilnehmern des 10. German Ship Finance Forums von Marine Money in Hamburg Ende Februar zumindest in[ds_preview] einem Punkt: Reeder, Banker und Analysten betonten unisono, dass die Finanzierungsmodelle der Vorkrisenzeit künftig eine wesentlich bescheidenere Rolle spielen werden. »Das KG-Modell wird deutlich kleiner ausfallen«, hielt Reeder Claus-Peter Offen stellvertretend für die gesamte Branche fest. »Und Banken werden nie wieder mit 100 % ins Risiko gehen.« Dafür werden die schärferen Eigenkapitalvorschriften durch Basel III sorgen. Auf jährlich rund 2 Mrd. $ beziffern Experten die Finanzierungslücke allein für die Containerschifffahrt.

Daher, so der Hamburger Reeder, müssten sich deutsche Schiffseigner jetzt intensiver mit alternativen Finanzierungswegen beschäftigen. Für einige läuft schon die Zeit. Gerade beginnt die zweite Restrukturierungsrunde: »Dieses und auch noch nächstes Jahr werden die Banken damit beschäftigt sein, ihre Bilanzen aufzuräumen«, sagte Nils Matthias Koffka, Partner bei der Kanzlei Freshfields Bruckhaus Deringer. »Der Druck auf die Schiffseigner wächst.«

Doch bei der Suche nach Umschuldungsmöglichkeiten und frischem Geld fehlen Erfahrungen mit alternativen Quellen. »Hier besteht großer Nachholbedarf. Das bisherige Finanzierungsmodell der Deutschen hat einfach zu lange zu gut funktioniert«, sagte Offen, der einräumte, dass Themen wie High Yield Bonds (Hochzinsanleihen) oder Wandelanleihen auch für ihn selbst recht neu seien.

Fest steht, dass die Finanzierungswelt in Zukunft deutlich bunter sein wird: Schiffs-KGs wird es weiterhin geben – in kleinerem Umfang, und vorausgesetzt, dass sie mit dem nötigen Eigenkapital solide finanziert sind. Banken werden, wenn sie ihre Portfolios neu sortiert haben, wieder vorsichtig Neugeschäft machen. Daneben werden sich Private-Equity- und Hedge-Fonds verstärkt in der Schifffahrt engagieren, ebenso unternehmerische Investoren wie unlängst die Yildirim Group bei der französischen Großreederei CMA CGM (siehe Seite 53). Zudem ist anzunehmen, dass asiatische Banken eine größere Rolle spielen sowie auch der klassische Kapitalmarkt, der neben Börsenplatzierungen unterschiedlichste An­leihe­arten offeriert.

Geld ist genügend vorhanden

Möglichkeiten gibt es also viele. Fehlendes Geld ist sicher nicht das Problem. Von derzeit rund 150 Mrd. $ wird der weltweite Schiffsfinanzierungsmarkt nach Schätzungen bis 2015 auf 190 Mrd. $ wachsen. Doch um an frisches Kapital zu kommen, müsse sich die maritime Wirtschaft zunächst grundlegend ändern, sagte John Coustas, Chef der griechischen Containerreederei Danaos.

So müssten beispielsweise private Schiffseigner für mehr Transparenz sorgen, um für Investoren interessant zu werden. Wichtig sei auch eine größere Eigenkapitalquote. »Dafür sind höhere Charterraten nötig«, so Coustas. Auch die hohe Volatilität im Schiffsmarkt sei für externe Investoren abschreckend. Insgesamt hält er eine Konsolidierung der Branche für dringend nötig. »Größe wird immer wichtiger, um Skaleneffekte gegenüber der Konkurrenz auszunutzen.« Das wiederum würde neue Kapitalgeber anlocken.

Noch ist hierzulande relativ wenig passiert. »Nur einige griechische und amerikanische Investoren haben bislang in deutsche Schiffe und Reedereien investiert«, sagte Stefan Rindfleisch, Partner der Hamburger Kanzlei Ehlermann Rindfleisch Gadow. Ein Beispiel ist aktuell der US-Finanzinvestor Oaktree Capital, der 2010 mit mehr als 150 Mio. € bei der angeschlagenen Bremer Schwergutreederei Beluga Shipping einstieg, inzwischen 49,5 % hält und versucht, das Unternehmen am Leben zu erhalten.

Auch der Private-Equity-Fonds Northern Shipping, der sich als einer der führenden Anbieter von alternativem Kapital bezeichnet, wird zunehmend aktiv. 350 Mio. $ Kapital habe man bereits gesammelt, sagte Senior Investment Manager Sybrien Hoekstra auf dem Hamburger Kongress. Zwei 1.100-TEU-Containerfrachter der Reederei Bockstiegel aus Emden und ein 2.700-TEU-Schiff von Hartmann aus Leer hat Northern Shipping schon gekauft. Insgesamt 15 deutsche Schiffe zwischen 1.000 und 4.000 TEU will der Fonds mit seiner hierfür gegründeten Tochter Soundview Maritime erwerben. Vom deutschen KG-Markt selbst erwartet Hoekstra hinsichtlich frischen Kapitals keine große Konkurrenz.

Private Equity – ein schmaler Grat

Die Zusammenarbeit mit der als »Heuschrecken« verrufenen Private-Equity-Branche kann ein Weg sein – der Königsweg ist es sicherlich nicht. Die privaten Kapitalgeber erwarten in der Regel eine geldgewichtete Rendite (IRR) von 15 bis 20 % pro Jahr. Schließlich ist die Schifffahrt für sie nur eine Investmentalternative, die mit anderen – Immobilien, Flugzeugen, Industrieunternehmen – im Wettbewerb steht. Der klassische Finanzmarkt begnügt sich dagegen mit knapp 10 % Rendite.

Mit den hohen Gewinnerwartungen an das Investment gehen eine klare Exit-Strategie und ein vergleichsweise kurzer Anlagehorizont einher, erläuterte Dirk Lammerskötter, Head of Shipping bei HSH Corporate Finance, die Contras von Private-Equity-Transaktionen. Zudem bringen die Kapitalgeber sich nicht selten aktiv ins Management ein – oder drängen sogar auf dessen Ablösung. Sie drücken stark auf die Kosten und erwarten eine extrem hohe Transparenz, vor allem beim Reporting, ergänzte Thomas Mazur, Director Reorganisation Services bei Deloitte & Touche. Natürlich bieten sie auch einiges: Prall gefüllte Taschen, viel Expertise, effiziente Strukturen, die ein Unternehmen schlanker und wettbewerbsfähiger machen können.

Mazur rät, bei der Suche nach Private-Equity-Gebern in jedem Fall mit mehreren Anbietern zu sprechen und sich nicht unter Zeitdruck setzen zu lassen. Sonst bestehe die Gefahr, über den Tisch gezogen zu werden. »Wichtig ist auch, alle Karten auf den Tisch legen, damit während der Due Diligence keine Überraschungen auftauchen«, so Mazur. Mindestens drei Monate dauere so ein Findungsprozess bis zum Abschluss meist.

Obwohl die Private-Equity-Fonds selbst durch ihre Anleger unter Druck stehen, ihr Kapital einzusetzen, herrscht in der maritimen Wirtschaft hierzulande noch vergleichsweise Ruhe. »Die Erwartungen an Privatkapitalgeber haben sich im vergangenen Jahr nicht erfüllt«, sagte Freshfields-Partner Koffka. Neben den klassischen Fonds könnte künftig durch Familieninvestoren (Family Offices) womöglich etwas mehr Musik in den deutschen Markt kommen.

Amerikaner stehen bereit

Auf der anderen Seite des Atlantiks ist schon mehr los. Ende Februar kauften die beiden Private-Equity-Fonds Warburg Pincus und Vestar Capital Partners für rund eine Milliarde Dollar die Mehrheit an der Containerleasing-Firma Triton Container International. Der US-Finanzinvestor Carlyle will an der Seite der kanadischen Sea­span Corporation gar 5 Mrd. $ in die Schifffahrt stecken. Loli Wu, Managing Director Investment Banking bei der Bank of America Merrill Lynch, sagte auf dem Kongress mit Blick auf den Deal, dass es »in den USA durchaus Appetit auf Containerschiff- und Containerbox-Unternehmen gibt«. Sein Institut hatte Triton bei dem Verkauf beraten. Im November hatte die Bank of America bereits die griechische Containerreederei Costamare an die New Yorker Börse begleitet. Hamish Norton, Head of the Maritime Shipping Investment Banking bei Jeffries, bestätigte das grundsätzliche Interesse amerikanischer Geldgeber an Schifffahrtsunternehmen – auch solche aus Deutschland.

Ob das Private-Equity-Geschäft im hiesigen Schiffsmarkt stärker anzieht und ob mit dem erwarteten Börsengang Hapag-Lloyds ein Trend beginnt, bleibt abzuwarten. Dass sich die Deutschen künftig mehr um globales Kapital kümmern werden, scheint aber ausgemacht. Für Kapitalgesellschaften kommen dafür unter anderem Wandelanleihen oder Genussscheine in Frage, für privat geführte Unternehmen etwa Hochzinsanleihen – gerade als Überbrückungsinvestitionen sind sie ein gutes Mittel. International gab es im Anleihenbereich zuletzt viele Beispiele, darunter Dryships, Ultrapetrol, Seaspan oder Stena Line.

Bleibt die viel diskutierte Frage: Welche Rolle werden künftig die Chinesen in der Schiffsfinanzierung spielen? Noch sind ihre Banken kaum sichtbar in Europa. Wenn, dann treten sie meist in Verbindung mit Werftpartnern im Export auf. Interessant macht sie für Kunden, dass sie lange Kreditlaufzeiten bieten und eine hohe Fremdkapitalquote akzeptieren, nachteilig ist der meist aufwendige Prüf- und Zustimmungsprozess im Vorfeld der Kreditvergabe.

China: Geldquelle oder neuer Konkurrent?

»Bislang haben die chinesischen Institute die Finanzierungslücke nicht gefüllt – das wird kurzfristig auch nicht passieren«, glaubt Guido Musso, Director Export Credit and Global Specialised Finance bei ­HSBC. Er sieht Chancen vor allem bei der Zusammenarbeit zwischen westlichen und chinesischen Banken, wie es etwa die HSH Nordbank mit der staatseigenen China Development Bank (CDB) beabsichtigt. Das ist auch im Sinne der Chinesen, die sich besser mit westlichen Bankpartnern an der Seite fühlen. Zum einen, um das Risiko zu reduzieren, zum anderen, weil sie großes Interesse an dem Wissen hiesiger Schiffsfinanzierer haben. Es wäre nicht das erste Mal, dass sie sich infolge eines Know-how-Transfers einen neuen Wirtschaftszweig erschließen.

Unterschätzen sollte man die Chinesen jedenfalls nicht – allein schon aufgrund ihrer schieren Größe. So sind die Industrial Bank of China (ICBC) und die China Construction Bank nach ihrer Marktkapitalisierung die größten Banken der Welt. Auch die Bank of China ist unter den weltweiten Top Ten vertreten.

Wenn die Chinesen so schnell lernen wie in anderen Branchen und nur einen Bruchteil ihrer riesigen Devisenreserven in die Hand nehmen, könnten sie bald in Europa ein entscheidender Akteur bei Schiffsfinanzierungen sein – zunächst vor allem bei Komplettfinanzierungen für Frachter von heimischen Werften. In Griechenland führten hochrangige chinesische Regierungsvertreter unlängst bereits Gespräche mit Reedern, ein von China finanziertes Neubauprogramm im Wert von 5 bis 10 Mrd. $ aufzulegen – wahrlich kein Pappenstiel.


nis