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Die Politik will den Ausbau der Offshore-Windenergie durch bessere Förderbedingungen beschleunigen.

Nach der Atomkatastrophe von Japan, die eine intensive Diskussion um einen schnelleren Ausstieg aus der Atomenergie in Gang gesetzt hat[ds_preview], ist die Offshore-Windenergie zu einem der Lieblingskinder der Bundesregierung geworden. Anfang Mai haben gleich drei Kabinettsmitglieder öffentlich Flagge bekannt: Während Kanzlerin Angela Merkel mit »Baltic 1« medienwirksam den ersten kommerziellen Offshore-Windpark Deutschlands in Betrieb nahm, präsentierte Bauminister Peter Ramsauer einen Gesetz­entwurf, nach dem das Genehmigungs­verfahren von Windkraft­anlagen und stromführenden Kabeln ver­einfacht und beschleunigt werden soll. Umweltminister Norbert Röttgen folgte kurz darauf mit der Vorlage eines Entwurfes zum »Erfahrungsbericht 2011 zum Erneuerbare-Energien-Gesetz« (EEG), dessen Novellierung zum 1. Januar 2012 vorgesehen ist. Sollten die vorgeschlagenen Änderungen so verabschiedet werden, wären wesentliche Forderungen der Offshore-Windenergie-Branche erfüllt.

Mit dem Slogan »Windkraft 2.0« hat die Regierung ihre Bemühungen zur weiteren Förderung der Offshore-Wind­energie überschrieben. Um die voriges Jahr im Energiekonzept formulierten Ziele – unter anderem eine Steigerung des Anteils erneuerbarer Energien am Bruttostromverbrauch auf 35 % bis 2020 – zu erreichen, müsse vor allem dort gehandelt werden, wo der Ausbau noch nicht die erforderliche Dynamik entfaltet habe, heißt es im Bericht aus dem Umweltministerium. Dies sei insbesondere bei der Windenergie auf See der Fall: »Mit einem erwarteten Anteil von 35 bis 40 % an der inländischen Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien in 2050 stellt sie perspektivisch die wichtigste Säule der Stromversorgung dar. Ohne eine erfolgreiche Erschließung der Windenergie auf See werden die Ausbauziele nicht erreichbar sein.«

Helfen soll dabei unter anderem die von Bauminister Ramsauer vorgeschlagene Änderung des Seeaufgabenbengesetzes (SeeAufgG) und der Seeanlagenverordnung (SeeAnlV), die am 4. Mai das Kabinett passiert hat. Sie wird dazu führen, dass das Genehmigungsverfahren für Windparks auf hoher See künftig wieder beim Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) konzentriert wird. Seit der Novellierung des Bundesnaturschutzgesetzes vom 1. März 2010 hatte hier das Bundesamt für Naturschutz (BfN) faktisch ein Vetorecht inne: Der Bonner Behörde war damals eine eigene Zuständigkeit für den Arten- und Biotopschutz in der Ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ) zugeteilt worden. Im Ergebnis führte das dazu, dass seither keine einzige Genehmigung für einen Windpark in der AWZ mehr erteilt worden ist – und das nicht, weil das BfN tatsächlich Vetos eingelegt hätte, sondern weil in Bonn diesbezüglich überhaupt keine Entscheidungen getroffen wurden.

»Wir haben seit dem 1. März 2010 einen Verfahrens- und Genehmigungsstau«, berichtet Christian Dahlke, Leiter des Referats »Ordnung des Meeres« beim BSH. Am Anfang habe das noch nicht so sehr gestört, da bereits 26 Genehmigungen erteilt worden seien. Mittlerweile würden allerdings mindestens 30 weitere Verfahren in der Warteschleife hängen. Die Gesetzesänderung werde dafür sorgen, dass es wieder vorangehe. »Wir werden das BfN natürlich anhören und berechtigte Interessen berücksichtigen – die Entscheidungen können wir dann aber eigenständig treffen«, so Dahlke.

An den Plänen, bis 2020 Offshore-Windenergieanlagen mit einer Leistung von 10.000 Megawatt zu installieren, hält die Bundesregierung trotz der bisher eingetretenen Verzögerungen fest. Um den Ausbau zu beschleunigen, hat das Umweltministerium verschiedene Handlungsempfehlungen sowohl innerhalb als auch außerhalb des EEG aufgeführt. Wesentlicher Punkt der ersten Kategorie ist die Integration des so genannten Sprinterbonus in die zwölf Jahre fällige Anfangsvergütung von bisher 13 Cent pro Kilowattstunde. Weitere 2 Cent bekommen laut aktuell gültigem Gesetz jene Anlagenbetreiber, die ihre Offshore-Windparks vor 2016 in Betrieb nehmen. Diese Befristung soll nun wegfallen: Stattdessen soll die Anfangsvergütung auf standardmäßig 15 Cent pro Kilowattstunde erhöht werden. Weitere Forderungen der Branche sollen mit der Verschiebung des Degressionsbeginns auf 2018 und mit der Einführung einer Option, die Vergütung nach einem »Stauchungsmodell« zu erhalten, erfüllt werden. Demnach können die Betreiber eine Anfangsvergütung von 19 Cent pro Kilowattstunde wählen, die dann aber nur acht Jahre lang gezahlt wird.

Bei den Handlungsempfehlungen außerhalb des EEG steht die Umsetzung des lange erwarteten Sonderprogramms »Offshore Windenergie« der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) ganz oben auf der Liste. Bereits im Herbst 2010 hatte die Regierung in ihrem Energiekonzept angekündigt, die unter anderem durch Finanzierungsprobleme bedingten Startschwierigkeiten des Offshore-Ausbaus durch ein Förderprogramm in Höhe von 5 Mrd. € überwinden zu wollen. Im selben Papier findet sich das Vorhaben, die rechtlichen Voraussetzungen für eine gebündelte Netzanbindung der Windparks zu schaffen: Hier schlägt das Umweltministerium konkret das BSH für die Erarbeitung eines entsprechenden Masterplans vor.

Noch vor der Sommerpause möchte die Regierung ihre Energiewende verabschiedet haben. Aus der Windenergiebranche sind dazu unterschiedliche Stellungnahmen zu hören. So begrüßt Hermann Albers, Präsident des Bundesverbands Windenergie (BWE), zwar die geplante Vereinfachung der Genehmigungsverfahren für Offshore-Windparks – zugleich kritisiert er aber massiv die Teile des EEG-Erfahrungsberichts, die sich mit der Windenergie an Land befassen und hier eine Vergütungskürzung vorsehen. Mehr Zustimmung finden die Regierungspläne beim Offshore-Wind-Branchenverband Windenergie-Agentur (WAB). Ende März hatte die WAB ein Sieben-Punkte-Programm zum schnelleren Ausbau vorgestellt. »Wenn tatsächlich alles so umgesetzt wird, trifft es ziemlich gut das, was wir gefordert hatten«, sagt Geschäftsführer Ronny Meyer. Wichtig seien jetzt vor allem ein zügiger Start des KfW-Programms und ein beschleunigter Netzausbau. Was noch folgen müsse, seien Erleichterungen in den Bereichen Forschung, Entwicklung und Qualifizierung sowie finanzielle Unterstützung beim Ausbau der Hafeninfrastruktur sowie beim Bau von Spezialschiffen. »Investoren und Betreiber brauchen stabile Rahmenbedingungen«, betont Meyer.
Anne-Katrin Wehrmann